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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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imperialistischen Spion – ins Spiel, und dann sind sowohl sie als auch die Familie für immer erledigt.«
    »Das sind sie doch in jedem Fall. Man wird Irina sicher ebenfalls anklagen.«
    »Vorerst hat man sie nach Hause bestellt, damit sie aussagt. Sie soll einen antisowjetischen Brief von ihrem großen Bruder erhalten haben. Man will einen öffentlichen Prozess daraus machen. Ihr Vater ist ein wichtiger Mann. Man will ein Exempel statuieren. Dass alle, unabhängig von ihrem Stand und Rang, dem Gesetz unterworfen sind.«
    »Ihr Urteil ist doch schon gefällt. Das weißt du doch. Es ist eine Farce.«
    »Die Revolution kann es sich nicht leisten, Verrätern und Volksfeinden gegenüber Gnade walten zu lassen.«
    »Jetzt hör endlich mit diesem Scheiß auf, Pandrup.«
    »Bitte mach dich jetzt auf den Weg. Sobald Stepanowitsch aus Valencia zurück ist, wird er mit drei Agenten vom SIM herkommen und dich festnehmen.«
    »Wie ist es dir gelungen, ihn zu überreden, dass du mir den Brief aushändigen darfst?«
    »Obwohl er Russe ist, habe ich den höheren Rang von uns beiden.«
    »Welchen Rang hast du denn?«
    »Das ist ein Staatsgeheimnis.«
    »Gott bewahre.«
    Pandrup lächelt ganz leicht und sagt: »Du kannst dich bei Svend Poulsen bedanken, wenn du nach Hause kommst. Ich habe ihm nämlich versprochen, auf dich aufzupassen.«
    »Ich dachte, Svend wäre ein Abtrünniger.«
    »Svend ist mein Freund.«
    »Meinetwegen, aber ich frage dich trotzdem noch einmal:Warum hilfst du mir? Was ist mit Mads? Weißt du, wo er steckt? Wo ich ihn finden kann?«
    Magnus bemüht sich, nach außen hin ruhig zu bleiben, aber sein Inneres ist in Aufruhr, und ihm ist, als würde das Zimmer jeden Moment anfangen, Purzelbäume zu schlagen.
    Pandrup nimmt eine von seinen eigenen Zigaretten. Es ist eine merkwürdig dicke Zigarette, die in einem Pappröhrchen steckt, und Magnus weiß, dass das die Sorte ist, die die Russen bevorzugen. Sie ist mit bitterem schwarzem Tabak gefüllt, der in seiner Nase beißt, als Pandrup sie anzündet und sagt: »Ich habe Irina versprochen, dir zu helfen. Ich habe Irina sehr gemocht. Sie hat mich überredet, dich zu warnen, weil sie mir geschworen hat, dass du kein Spion bist. Sie schwört es bei Kamerad Stalins Namen, hat sie gesagt. Ich glaube ihr. Ich tue dir also diesen Gefallen, weil ich ein Mann bin, der seine Versprechen hält.«
    »Wo ist Mads?«
    »Ich weiß es nicht, Magnus. Das ist die Wahrheit, aber ich helfe dir auch, weil ich es deinem Bruder schuldig bin. Er war ein Mensch, den ich sehr geschätzt und respektiert habe … Er war zwar kein Parteimitglied, aber …«
    Es dauert einen Moment, bis Magnus begreift, was Pandrup gerade gesagt hat. »Wie meinst du das? Was zum Teufel meinst du damit? ›Den ich sehr geschätzt habe.‹ Ist Mads tot?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was zum Teufel meinst du dann, Mann? Rede endlich Klartext mit mir!«
    Pandrup steht da, als verhandle er mit sich selbst, was er sagen soll und was nicht. Er nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette und sagt dann leise, aber mit mehr Gefühl in der Stimme: »Magnus. Ich weiß es nicht. Ich würde es dir erzählen, wenn ich es wüsste. Das schwöreich dir. Ich darf dir das alles gar nicht sagen, aber ich tue es trotzdem, weil ich es deinem Bruder schuldig bin. Dein Bruder hat dich vergöttert. Wusstest du das? Er hat es dir vielleicht nicht gesagt, aber er hat dich geliebt und hat nicht verstanden, warum du ihn verlassen und im Stich gelassen hast.«
    »Was zum Teufel ist mit Mads passiert, Gerhardt? Kannst du es mir nicht einfach sagen?« Magnus kann die Verzweiflung und die Niedergeschlagenheit in seiner eigenen Stimme hören und nimmt Pandrups weitere Worte wie durch einen Vorhang aus Watte wahr, gedämpft, aber immer noch viel zu deutlich.
    »Mads war bei einer unserer Spezialeinheiten. Ein paar Tage vor der Offensive gegen Teruel wurde er in Aragonien mit seiner Truppe hinter die feindlichen Linien geschickt. Das hat, wie du weißt, bereits Mitte Dezember stattgefunden. Es war eine wichtige Aufgabe. Dabei ist irgendetwas schiefgelaufen, auch wenn sie ihren Auftrag allem Anschein nach ausgeführt haben. Oder zumindest teilweise.«
    »Was war das für ein Auftrag?«
    »Das spielt hier eigentlich keine Rolle, aber es war ein Sprengeinsatz.«
    »Was soll das heißen, es spielt keine Rolle? Es hat ihn das Leben gekostet!«
    Pandrup fährt fort, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen: »Wir haben nichts mehr von der Gruppe gehört.

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