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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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nichts und schiebt das Unvermeidliche bloß auf.«
    Magnus richtet sich auf, zieht sein Zigarettenetui aus der Tasche und versucht, es zu öffnen, aber seine Finger zittern zu sehr. Kawerin streckt den Arm über den Tisch, öffnet das Etui und bietet ihm eine Zigarette an. Magnus schluckt seine rasende Wut hinunter, nimmt sich eine Zigarette und lässt sie sich von Kawerin anzünden, bevor er sich vorsichtig zurücklehnt und den Russen anstarrt.
    »Wenn Blicke töten könnten«, sagt Kawerin mit leiser Stimme, »dann hättest du jetzt gesiegt. Aber das können Blicke nicht. Ich dagegen kann durchaus töten, und Torokul ebenfalls. Lass uns das hier also zu Ende bringen. Ich will wissen, wo das Gold ist.«
    »Und was habe ich davon?«
    »Du kannst danach abreisen und unsere gemeinsame Freundin mitnehmen. Ich habe sie ohnehin satt. Sie ist längst nicht mehr so lebhaft im Bett. Ich bevorzuge Frauen frisch und jung und unbenutzt. Sie werden schnell vorhersehbar, wenn es um Sex geht, findest du nicht?«
    Magnus zieht so heftig an seiner Zigarette, dass sie heiß wird und bitter schmeckt.
    »Warum hast du das gemacht, Irina?«, fragt er, fasst nach ihrer noch immer geballten Faust und legt sie vorsichtig neben die andere in ihren Schoß. »Warum, Irina?«
    »Wegen Papa natürlich. Und wegen Nikolai. Warum sonst? Außerdem habe ich dir doch gesagt, dass du nicht nach Russland kommen solltest. Das habe ich dir doch gesagt. Es war vor allem wegen Papa. Ich wollte Papa helfen.«
    »Indem du mit dem da gevögelt hast?«
    »Es ist ganz einfach, Meyer«, mischt Kawerin sich ein. »Wenn sie es aus dir herausholt oder du es mir von dir aus erzählst, dann werden der Oberst und sein Sohn morgen nicht direkt nach der Urteilsverkündung hingerichtet. Im Moment läuft das Urteil auf fünfundzwanzig Jahre Arbeitslager in Kolyma hinaus, natürlich unter strenger Aufsicht, aber man lässt ihnen zumindest ihr schäbiges Leben. Aber wenn ich den Richter heute Abend anrufe und ihm dazu rate, Strenge walten zu lassen, wird man sie zum Tode verurteilen, abführen und auf der Stelle hinrichten. Das weiß Irina. Und jetzt weißt du es auch. Es liegt bei euch.«
    »Und das sollen wir dir glauben?«
    »Ihr habt keine andere Wahl.«
    »Und was, wenn ich nicht weiß, wo das Gold sich befindet?«
    »Meyer. Ich habe wirklich keine Lust, dir zu drohen. Mein Plan sah eigentlich vor, dass unser gemeinsamer kleiner Liebling dich zum Sprechen bringt, aber ihr mentaler Zustand ist, gelinde gesagt, nicht der stabilste.«
    »Nein. Was hast du mit ihr gemacht?«
    Kawerin beugt sich nach vorn. Magnus weiß, dass er es genießt zu erzählen, dass er es genießt, ihn und Irina wehrlos vor sich sitzen zu sehen.
    »Ich habe ihr nichts angetan. Außer sie zu befriedigen, nicht wahr? Aber ich habe sie in die Lubjanka mitgenommen, damit sie sehen kann, wie wir mit Volksfeinden und Verrätern umgehen. In der ersten Nacht hat sie die Behandlung ihres Bruders miterlebt. In der zweiten Nacht war es der Vater, der für das Unterhaltungsprogramm gesorgt hat. In den Kellern der Lubjanka verfügen sie über äußerst raffinierte Methoden, und sie durfte sich ein umfassendes Bild davon machen.«
    »Du bist eine Bestie.«
    »Nein, Meyer«, erwidert Kawerin mit tiefer Stimme.»Ich bin ein Mensch. Ich bin keine Bestie. Und so nennst du mich nicht noch einmal. Verstanden? Ich will die Wahrheit wissen, aber ich würde dir gern die härteren Überredungskünste ersparen. Und Irina erspart sich und ihrer Familie unnötiges Leid. Sie hat versprochen, bedingungslos mit uns zusammenzuarbeiten, und daraufhin haben wir die Verhöre sofort eingestellt. Die beiden mussten ihre Verbrechen gestehen und ihr Geständnis vor Gericht öffentlich wiederholen, sonst hätte man Irina dieselbe Behandlung angedeihen lassen wie ihnen. Eine ganz einfache Geschichte. Die Entscheidung fiel ihnen nicht schwer. Sie waren zwei harte und stolze Männer, aber sie knickten ein. Am Ende knicken sie alle ein. Denk daran, Meyer. Alle! Es gibt keine Ausnahmen.«
    »Du bist ein Schwein.«
    Kawerin nickt dem großen Kirgisen zu, und obwohl Torokul noch nicht einmal voll ausholt, schwankt Magnus, als der Schlag ihn an der Wange trifft. Aus seiner Nase tropft Blut. Niemand sagt etwas. Magnus richtet sich auf. Irina beugt sich zu ihm herüber und wischt das Blut vorsichtig mit dem Ärmel ihrer Bluse weg.
    »Lernt ihr in Dänemark eigentlich nie aus euren Fehlern?«, sagt Kawerin mit müder Stimme. »Begreift ihr gar

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