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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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länger nutzen. Das wäre zu riskant, weil die Westmächte kurz davor waren, ihre verfluchte Nicht-Interventionspolitik umzusetzen, und damit gab es für uns keinen Grund mehr, Valutareserven in Paris anzulegen. Die Briten und die Franzosen würden ohnehin keine Waffen an die Republik verkaufen. Und hier kommt dein Freund Joe Mercer ins Spiel. Er verfügt über gute Verbindungen in den USA und in Argentinien, das ebenfalls ein großzügiges Land ist, wenn es um Bankgeheimnisse und große Bankschließfächer geht. Er war bereit, uns zu helfen. Selbstverständlich gegen ein gewisses Entgelt.«
    »Woher kanntest du Joe?«
    »Kanntest? Interessant, dass du die Vergangenheitsform verwendest. Denn wo steckt er bloß, unser guter Joe? Ich habe intensiv nach ihm gesucht, bevor ich nach Moskau aufbrechen musste. Er ist wie vom Erdboden verschwunden. Merkwürdig, oder? Wir hatten schließlich eine Abmachung. Joe Mercer ist ein Verbrecher, der für Geld alles tun würde.«
    »Dann war das in Valencia also alles nur gespielt?«
    »Nicht ganz. Ich habe dort auf Joe gewartet, aber er hat mir ein Zeichen gegeben, dass wir so tun sollten, als würden wir einander nicht kennen. Später habe ich dann begriffen, dass es deinetwegen war, weil er dich brauchte. Stimmt doch, dass er dich gut gebrauchen konnte, oder?«
    »Vielleicht.«
    »Joe hat die Ware jedoch nicht geliefert. Denn wo ist das Gold?«
    »Joe wusste es nicht«, sagte Magnus. »Um das herauszufinden, brauchte er mich. Ich sollte dolmetschen. Er wusste, dass ich ›a made man‹ bin, wie man in den USA sagt. Man kann sich auf mich verlassen. Ich kann meinen Mund halten und ich kann Spanisch. Das konnte Joe nicht. Oder konnte er es vielleicht doch?«
    »Nein. Das konnte Joe nicht. Und ja. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe alle aus dem Weg räumen lassen, die mit unserem Teil des Goldes zu tun hatten. Es ist zu gefährlich für mich, Menschen um mich zu haben, die zu Feinden werden könnten. Ich diene einem rachsüchtigen Boss. In Spanien war es leicht. Die Leute sterben dort wie die Fliegen. Leider kam der Einzige, der das Versteck des Goldes noch kannte, bei einem Luftangriff ums Leben, daher habe ich Joe angeheuert, um das Gold ausfindig zu machen. Ich konnte mich nicht selbst darum kümmern. Dein Landsmann Pandrup machte einen reichlich misstrauischen Eindruck auf mich. Er ist ein fürchterlicher Idealist. Und ich hatte viel zu tun, als der Krieg für dieRepublik immer schlechter verlief. Ich habe nicht gewagt, dich in Spanien unter Druck zu setzen. Ich musste dich also irgendwie nach Moskau locken. Hier kann ich tun und lassen, was ich will. Und unsere liebe Irina hat mir geholfen. Ich wusste, dass du wie ein Rüde, der hinter einer läufigen Hündin her ist, mit hängender Zunge angerannt kommen würdest.«
    »Du hast ihren Vater und ihren Bruder benutzt.«
    »Dafür hat Jeschow gesorgt. Er hat meinen Plan verstanden. Außerdem war Oberst Schapatowo dabei, zu selbstbewusst zu werden. Er musste wieder Demut lernen. Jeschow hat eine Vorgabe, wie viele Menschen pro Nacht abgeholt werden müssen. Nichts ist so wirksam, um Aufruhrbestrebungen zu unterdrücken, wie die nackte Angst, und da spielen ein paar Menschen mehr oder weniger wahrlich keine Rolle.«
    In diesem Moment schüttet Irina Kawerin vollkommen unerwartet den Inhalt ihres Glases ins Gesicht. Dieser reagiert schnell und verpasst ihr eine heftige Ohrfeige. Magnus springt von seinem Sessel auf, da trifft ihn ein lähmender Schlag an der Schulter und schleudert ihn zu Boden. Er hat sich halb wieder aufgerichtet, als eine Faust seine Flanke trifft und ihm die Luft nimmt. Eine Rippe muss gebrochen sein und schmerzt fürchterlich. Magnus sackt zusammen, während er nach Luft ringt.
    Irina schluchzt. Sie hat die Arme um den Körper geschlungen, ihre Wange ist feuerrot. Kawerin sagt etwas auf Russisch. Sie schüttelt den Kopf und beißt so fest in ihre Fingerknöchel, dass sie zu bluten beginnen.
    Torokul hebt Magnus ohne Anstrengung vom Boden auf und schleudert ihn in den Sessel zurück, wo er versucht, normal zu atmen, während er sich die schmerzende Rippe hält. Kawerin fischt in Magnus’ Jackentasche nach dessen Zigarettenetui, öffnet es, nimmt sich eine Zigarette, schließt das Etui wieder und steckt es nonchalantzurück, bevor er sich die Zigarette anzündet, tief ausatmet und sich in seinem Sessel zurücklehnt.
    »Ich wünschte, du würdest endlich aufhören, dich so theatralisch zu benehmen. Es führt zu

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