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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Er hat gesagt, dass dieser Ort angenehme Erinnerungen in ihm weckt.«
    »Und wie lange haben Sie ihn schon nicht mehr gesehen?«, fragte Gahalowood.
    »Bestimmt schon ein paar Wochen. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem er verschwunden ist. Er hat mir noch einen Hundertdollarschein zugesteckt, damit ich bei Anrufen für ihn so tat, als würde ich sie zu Zimmer 8 durchstellen, und das Telefon dann lang klingeln ließ. Er wirkte ziemlich gehetzt. Das war kurz nach diesem Streit …«
    »Streit?«, fragte Gahalowood erstaunt. »Was für ein Streit?«
    »Na ja, Ihr Freund hat sich mit jemandem gestritten. Mit einem kleinen alten Mann, der mit dem Auto hierhergekommen ist und ihm eine Szene gemacht hat. Es ging ganz schön heftig zu, mit Geschrei und allem. Ich wollte gerade einschreiten, da ist der Alte wieder in seinen Wagen gestiegen und weggefahren. In diesem Moment hat Ihr Freund beschlossen, ebenfalls zu verschwinden. Ich hätte ihn aber sowieso rausgeschmissen, weil ich es nicht mag, wenn es Stress gibt. Dann beschweren sich nämlich die Gäste, und ich krieg eins aufs Dach.«
    »Worum ging es bei dem Streit?«
    »Um einen Brief, glaube ich. ›Sie waren es!‹, hat der Alte Ihren Freund angebrüllt.«
    »Ein Brief? Was für ein Brief?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Der Alte ist wieder abgefahren, und Ihr Freund hat sich mir nichts, dir nichts davongemacht.«
    »Würden Sie ihn wiedererkennen?«
    »Den Alten? Nein, ich glaube nicht. Aber fragen Sie doch Ihre Kollegen. Dieser merkwürdige Kauz ist nämlich wiedergekommen. Wahrscheinlich hatte er es auf Ihren Freund abgesehen. Ich kenne mich mit so was aus, ich schaue mir nämlich im Fernsehen jede Menge Krimis an. Ihr Freund hatte zwar schon das Weite gesucht, aber ich habe gespürt, dass da was faul war. Also habe ich die Bullen gerufen. Kurz darauf waren zwei Autobahnpatrouillen hier und haben den Alten gefilzt. Aber sie haben ihn gehen lassen, weil alles seine Ordnung hatte.«
    Gahalowood rief augenblicklich in der Zentrale an und verlangte die Personalien des Mannes, der unlängst im Sea Side Motel von der Autobahnpolizei überprüft worden war. »Ich bekomme einen Rückruf, sobald sie die Daten haben«, erklärte er mir, nachdem er aufgelegt hatte.
    Ich verstand überhaupt nichts mehr. Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare und sagte: »Das ist doch absurd!«
    Plötzlich sah mich der Rezeptionist seltsam an und fragte: »Sind Sie Mr Marcus?«
    »Ja, warum?«
    »Weil Ihr Freund für Sie einen Umschlag hiergelassen hat. Er hat gesagt, dass ihn ein junger Typ abholen kommt, der unter Garantie ›Das ist doch absurd!‹ sagen wird. Er hat mir aufgetragen, Ihnen das hier zu geben.«
    Er reichte mir einen kleinen Umschlag aus Packpapier, in dem sich ein Schlüssel befand.
    »Ein Schlüssel?«, fragte Gahalowood. »Sonst nichts?«
    »Nein, nichts.«
    »Was ist das für ein Schlüssel?«
    Eingehend betrachtete ich seine Form, und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. »Der Garderobenschrank im Fitnessclub von Montburry!«
    Zwanzig Minuten später standen wir in der Umkleide des Fitnessclubs. Im Garderobenschrank Nr. 201 lag ein Packen gebundener Seiten sowie ein handgeschriebener Brief.
    Lieber Marcus,
wenn Sie diese Zeilen lesen, ist wegen Ihres Buchs bestimmt gerade die Hölle los, und Sie suchen nach Antworten.
    Das hier dürfte Sie interessieren. Dieses Buch ist die Wahrheit.
    Harry
    Bei dem Papierstoß handelte es sich um ein nicht sehr umfangreiches maschinengeschriebenes Manuskript mit dem Titel:
    DIE MÖWEN VON AURORA
von Harry L. Quebert
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte mich Gahalowood.
    »Keine Ahnung. Sieht wie ein unveröffentlichter Text von Harry aus.«
    »Das Papier ist schon älter«, stellte Gahalowood mit einem prüfenden Blick auf die Seiten fest.
    Ich blätterte kurz in dem Text. »Nola hat oft von den Möwen gesprochen«, sagte ich. »Harry hat gesagt, dass sie Möwen liebte. Bestimmt gibt es da einen Zusammenhang.«
    »Aber warum spricht er von ›Wahrheit‹? Beschreibt er in diesem Text womöglich die Ereignisse von 1975?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Wir beschlossen, die Lektüre auf später zu verschieben und nach Aurora zu fahren. Mein Eintreffen blieb dort nicht unbemerkt. Ein paar Passanten zeigten mir unverhohlen ihre Verachtung und pöbelten mich an. Vor dem Clark’s beschimpfte mich Jenny in aller Öffentlichkeit. Sie war wütend darüber, wie ich ihre Mutter geschildert

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