Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)
in Deutschland hin und wieder Streit zwischen den Geber- und den Nehmerländern, wie die Verfassungsklage Bayerns und Hessens zeigt. Der Finanzausgleich an sich wird aber von niemandem ernsthaft infrage gestellt
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3 Der Euro lässt sich beispielsweise auch nicht vergleichen mit der sogenannten Lateinischen Münzunion zwischen Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz und Griechenland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diese fand unter vollkommen anderen Bedingungen und in einer gänzlich anderen Ausprägung statt. Vergleichbar ist allenfalls, dass auch diese Union zerbrach – wenn auch erst nach rund 40 Jahren
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4 Zusammen mit dem deutschen Vertreter im EZB-Direktorium verfügt Deutschland zwar über zwei Stimmen, aber schon diese beiden können unterschiedlicher Meinung sein. So vertritt der seit 2012 im EZB-Direktorium sitzende Jörg Asmussen (SPD) unverkennbar eine weitaus weniger strikte Haltung als der Bundesbankpräsident
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DAS
DEUTSCHLAND-
PROFITIERT-VOM-
EURO-
MÄRCHEN
„ES GIBT ZWEI ARTEN, SICH ZU TÄUSCHEN. DIE EINE IST, UNWAHRES ZU GLAUBEN. DIE ANDERE, NICHT ZU GLAUBEN, WAS WAHR IST.“
–
Søren Kierkegaard, dänischer Philosoph
„Deutschland profitiert am meisten vom Euro“ – das ist eine der am häufigsten zu hörenden Phrasen, wenn es darum geht, Rettungsmilliarden zu rechtfertigen. Sie sollten sich davon aber nicht täuschen lassen, liebe Leserinnen und Leser, sondern sich ein eigenes Urteil bilden – aber bitte erst, nachdem Sie diesen Abschnitt gelesen haben.
Tatsache ist nämlich, dass die Währungsunion auf jedes beteiligte Land – und damit auch auf Deutschland – sowohl positive als auch negative Einflüsse ausübt. Im Zeitablauf können sich beide sogar abwechseln. Was zuerst positiv wirkte, kann ins Negative kippen und umgekehrt. Die Deutschland-profitiert-am-meisten-Floskel hätte aber nur dann einen Wahrheitsgehalt, wenn unter dem Strich ein deutlich positives Ergebnis herauskäme. Dies werden wir jetzt prüfen.
Als wichtigstes wirtschaftliches Argument wird ins Feld geführt, Deutschland sei ein Exportland und profitiere deshalb davon, seine Waren in den gesamten Euroraum nun ohne Wechselkursrisiko verkaufen zu können. Früher dagegen hätten die deutschen Exporteure unter ständigen Aufwertungen der D-Mark gelitten, denn diese Aufwertungen hätten dazu geführt, dass deutsche Erzeugnisse in den europäischen Nachbarländern teurer geworden seien. Damit seien deutsche Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt gewesen.
Dies ist ein Trugschluss. Tatsache ist: Die D-Mark wurde damals vor allem deshalb aufgewertet, weil die Teuerungsraten in den anderen Ländern höher waren als bei uns. Das heißt, dass die Preise im Ausland schneller stiegen als hierzulande. Mit anderen Worten: Die in diesen Ländern produzierten Waren wurden im Vergleich zu den deutschen Erzeugnissen teurer und damit im Wettbewerb benachteiligt. Dies hätte sogar einen Wettbewerbs vorteil für die deutschen Unternehmen zur Folge gehabt, wenn der Wechselkurs stabil geblieben wäre. Vor allem dieser Vorteil wurde dann durch die D-Mark-Aufwertung wieder eingeebnet. Die starke Mark brachte also nicht von vornherein einen Nachteil für die deutschen Exporteure, wie gerne behauptet wird.
Nur soweit die Aufwertungen über das Maß dieses Einebnens hinausgingen, konnte damals von einer tatsächlichen Beeinträchtigung für die deutschen Exporteure gesprochen werden. Aber selbst mit einem solchen Rest-Nachteil – wenn es ihn überhaupt gab – kamen sie blendend zurecht, wie ihre Erfolgsbilanz beweist: Deutschland errang seit den 60er-Jahren ohne Unterbrechung den Titel des Vizeweltmeisters unter den Exportnationen (hinter den USA) und belegte in den 80er-Jahren sogar mehrmals Platz 1 – trotz der starken D-Mark. Hier hat der Euro also keinen zusätzlichen Nutzen gebracht.
Manche Ökonomen behaupten auch, die deutsche Exportwirtschaft profitiere besonders davon, dass der Euro im Vergleich zu anderen Währungen, etwa zum Dollar oder zum Yen, schwächer sei, als es die D-Mark wäre. Allein deswegen lohne es sich, ihn mit Milliarden zu retten. Während der erste Teil des Arguments stimmt – der Euro ist vermutlich wirklich schwächer als die D-Mark (auch wenn sich das nicht belegen lässt, weil es die D-Mark nicht mehr gibt) –, ist der zweite Teil fraglich: Ist diese Schwäche tatsächlich im langfristigen Interesse Deutschlands und der deutschen Exportwirtschaft? Und lohnen sich deshalb die
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