Die Wahrheit über Geld - Wie kommt unser Geld in die Welt und wie wird aus einem Kleinkredit ein großer Finanzcrash (German Edition)
unbestritten. Damit passen sie sich jedoch lediglich den Erfordernissen an, die vom Reifegrad des Geldsystems vorgegeben werden. Sie fügen sich der Erkenntnis, dass der Zusammenbruch nur mit niedrigen Zinsen hinausgezögert werden kann. Würden sie in dieser Situation nämlich die Zinsen stark anheben, riskierten sie einen Einbruch wie zu Beginn der Weltwirtschaftskrise in den 30er-Jahren.
Zum Hinauszögern trägt aber noch ein weiterer Umstand bei: Niedrige Zinsen sind nämlich auch in der Lage, das Wachstum der Geldvermögen zu verlangsamen. Damit dämpfen sie den von dieser Seite ausgehenden Druck, denn zum einen schmälern mickrige Zinsen für Geldbesitzer den Anreiz, Geld zu horten statt es auszugeben. Zum anderen dämpfen sie auch den Wachstumsdruck, der vom bloßen Zinseszinseffekt herrührt. Wir haben bereits im Kapitel „Das achte Weltwunder“ (und in Anhang 5 ) darauf hingewiesen, welch immensen Einfluss die Zinshöhe auf diesen Effekt hat: So wäre aus einem Josefscent nach 2010 Jahren bei einem Prozent Zins nur ein Gegenwert von rund 144 kg Gold geworden, bei fünf Prozent Zins wären es dagegen schon 193 Milliarden Erdkugeln aus Gold.
Da im fortgeschrittenen Stadium unseres Geldwesens niedrige Zinsen also unerlässlich sind, rechnen wir damit, dass uns diese noch sehr, sehr lange erhalten bleiben – vermutlich sogar, bis sich ein Kollaps bereits am Horizont abzeichnet. 5 In einigen Bereichen dürften die Zinsen sogar längere Zeit unter null rutschen. Für Notenbanken beispielsweise sind solche Negativzinsen eine ernsthafte Option.
Damit verbunden ist auch die Frage nach der Inflation. In Form aufgeblähter Geldmengen haben wir sie längst (vergleiche „Die Inflation ist da!“) – und in dieser Form wird sie auch noch auf Jahre weiter anhalten, sich möglicherweise sogar beschleunigen. In Form stark steigender Verbraucherpreise kann sie zwar auch kommen, sie muss es aber nicht. Und wenn sie kommt, dann möglicherweise auch erst kurz vor dem eigentlichen Zusammenbruch.
Das Geldsystem selbst tendiert ab einem gewissen Reifegrad von sich aus sogar zum Gegenteil, nämlich zur Deflation, also zu einem deutlichen Schrumpfen der Geldmengen. Nur durch Gegensteuern der Noten banken und Staaten kann das Wachstum dann noch aufrechterhalten werden. Und genau in diesem Stadium befinden wir uns bereits.
Was geht da vor sich? Nun, genau das, was wir im Kapitel „Wer ist schuld an der Krise?“ beschrieben haben: Irgendwann haben die Schulden eine Höhe erreicht, von der aus sie sich nur noch mit Müh und Not weiter nach oben schrauben lassen, weil es immer schwieriger wird, noch solvente Schuldner zu finden, die die zusätzlichen Schulden schultern können.
Folglich müssen auch immer mehr unsichere Kreditnehmer zum Schuldenmachen animiert werden. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nicht nur um ein paar Einzelfälle, deren Pleiten locker weggesteckt werden können. Es geht vielmehr um Wackelschuldner, die sich insgesamt mit riesigen Summen verschulden, darunter auch um ganze Staaten.
Je mehr solcher Wackelkandidaten es also gibt, desto mehr geraten Forderungen und Wertpapierbestände der Banken in Gefahr, bis irgendwann die ersten Banken pleite sind. Damit sind auch große Teile der bei ihr deponierten Einlagen verloren. 6
Bildlich gesprochen ist dann vom Geldvermögensberg ein riesiger Batzen ins Schuldenloch gerutscht und hat es zugeschüttet – Geld- und Schuldenmenge sind geschrumpft. Damit steht aber nun noch weniger Geld zur Verfügung, was wiederum weitere Schuldner in die Tiefe reißt – und ihre Banken gleich mit. Ein Erdrutsch großen Ausmaßes entwickelt sich, der so lange dauert, bis auf viel tieferem Niveau wieder ein neues Gleichgewicht gefunden wird. Die Deflation ist zu Ende und von dort aus kann die Spirale wieder beginnen, sich nach oben zu drehen.
Ein Hirngespinst? Keineswegs, sondern genau das ist in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts passiert – in der Weltwirtschaftskrise, der Großen Depression. Daran wird deutlich, welch großen Einfluss das Geld auf die reale Wirtschaft ausübt. Damals ließen Regierungen und Notenbanken den Zusammenbruch zunächst zu und steuerten erst sehr, sehr spät dagegen.
Heute ist der im Hintergrund arbeitende Mechanismus genau derselbe: Unermüdlich gräbt er unten das Loch und schüttet oben den Berg auf. Heutzutage wird damit allerdings anders umgegangen als damals. Statt dem System freien Lauf zu lassen, wenn es brenzlig wird, und den
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