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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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können leer verkaufen. Investmentfonds in den USA kaufen einfach Aktien. Das ist alles, was sie tun. Sie halten nur Long-Positionen. Durch die Kompensationsregeln der SEC sind sie gezwungen, nur geringe Gebühren zu verlangen und sie dürfen nicht auf Kredit kaufen. Hedgefonds ist das erlaubt, und sie können ihre Gebühren völlig nach eigenem Ermessen festlegen. Als jährliche Managementgebühr setzten wir 1 Prozent des Assetwerts an – ein Investmentfonds hätte etwa 0,5 Prozent verlangt – sowie als Erfolgsprämie 20 Prozent aller angefallenen Gewinne, was damals so üblich war.
    Theoretisch verdienen Hedgefonds immer Geld, in guten wie in schlechten Jahren, weil sie Leerverkäufe durchführen können. Und hier kommt die Erfolgsprämie ins Spiel. Wenn man seine Sache gut machte, konnte man viel Geld verdienen. Wenn es keine Gewinne gab, zahlten die Investoren nichts. Aber hohe Gewinne waren wahrscheinlich, und die Investoren bezahlten freudig die 20 Prozent, weil das bedeutete, dass sie ebenfalls Geld verdienten.
    Nach dem Krieg ging A. W. Jones zu seinen Investoren und erklärte ihnen: »Ich bin ein kluger Mensch. Ich werde diesen Fonds gründen und meine Wetten, unsere Wetten, absichern. Und da ich ein guter Investor bin, erwarte ich von Ihnen, dass Sie mir viel Geld zahlen, damit ich gut abschneide. Wenn Sie mit mir investieren wollen, müssen Sie zahlen.« Investmentfonds durften (und dürfen) keine Erfolgsprämien verlangen. Gesetzlich war aber festgelegt: Wenn man weniger als 99 Investoren hat, gilt man nicht als öffentlicher Fonds – im Gegensatz zum Beispiel zu Fidelity, wo es Millionen von Anlegern gibt –, und Gruppen von Privatpersonen durften beliebige Kompensationsregeln beschließen. Daher waren Hedgefonds so strukturiert, dass sie klein blieben.
    Soros war ein sehr guter Trader, besaß ein gutes Gefühl für Timing und Trading. Das waren nicht gerade meine Stärken, und ich kümmerte mich auch wenig darum. Ich übernahm den größten Teil der Research-Arbeiten. Mich interessierte es, die Felsbrocken hochzuheben, Spuren zu verfolgen, zu entdecken, was in der Welt vor sich ging, und zu prognostizieren, wohin sich die Dinge entwickeln würden. Das war meine Leidenschaft, die 1964 belohnt worden war, als ich zur Wall Street stolperte und dort auf eine Arbeit stieß, die ich auch ohne Entlohnung gemacht hätte, wenn ich gleichzeitig auf eine Möglichkeit gestoßen wäre, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
    Um diese Unternehmung auf den Weg zu bringen, kürzte ich mein Gehalt dramatisch: um 75 Prozent. Aber das Geld war mir nicht wichtig. Ich gebe jedem den folgenden Rat, den ich auch meinen Kindern geben werde: Ehe Sie fragen, wie viel man Ihnen für einen Job bezahlt, müssen Sie wissen, ob dies der richtige Ort und der richtige Job für Sie ist, denn wenn es der richtige Ort ist und Sie den Job richtig machen, kommt das Geld von selbst. Ich versichere Ihnen: Das Geld wird Sie finden. Von allen Fragen sollte Ihnen die nach Geld am wenigsten wichtig sein.
    Da saßen wir also in einem kleinen Büro neben dem Columbus Circle am Rand des Central Parks, nur wir drei, einschließlich unserer Sekretärin, und die Dinge liefen gut. Wir taten alles: Wir investierten auf der ganzen Welt – Aktien, Anleihen, Währungen, Rohstoffe –, wir verkauften leer, wir kauften auf Kredit, wir machten alles, was an den Finanzmärkten möglich ist. Wir taten Dinge, die auch jedem anderen offenstanden, die andere aber nicht taten, weil sie durch Börsenkontrollen und ihre eigene beschränkte Sichtweise der Geschichte eingeengt waren. In geografischer Hinsicht war Amerika isoliert und ist es in gewissem Maße noch immer. Auf jeder Seite unseres Landes befindet sich ein Ozean. Wir waren das einzige Land, das nach dem Krieg noch so etwas wie Geld hatte. Wir pflegten nicht viel Kontakt mit dem Rest der Welt und brauchten ihn auch nicht. Wir waren die großen Sieger. Warum sollten amerikanische Investoren überhaupt über Deutschland, Frankreich, Italien oder Japan nachdenken, die zerstört aus dem Krieg hervorgegangen waren?
    In meiner unersättlichen Neugier auf die Welt suchte ich nach allem, was ich finden konnte. Wir waren uns einig, dass die Chancen da waren, und wenn man sie findet, investiert man. Wir waren nicht durch Geschichte oder Geografie, Tradition oder ähnliche Absurditäten eingeschränkt. Wir investierten überall, wo wir Chancen sahen, was bedeutete, dass wir auf der ganzen Welt investierten. Wir

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