Die Wall Street ist auch nur eine Straße
setzten viel Fremdkapital ein, um unsere Investments zu hebeln. Das war mit hohen Risiken verbunden, aber zum Glück machten wir es richtig. Mit Sicherheit lagen wir öfter richtig als falsch.
Eines unserer ersten Traumata ereignete sich 1971, als Präsident Nixon das Goldfenster schloss, indem er verbot, dass die Regierungen anderer Länder ihre Dollar gegen unser Gold eintauschten. Gleichzeitig führte er Lohn- und Preiskontrollen sowie Zölle von 10 Prozent auf importierte Güter ein. Wir hatten japanische Aktien gekauft. In Japan herrschte ein konjunktureller Boom; es war ein wunderbarer, unbeachteter Markt. Er war billig, er wuchs und verfügte über eine gesunde Währung. Wir hatten in Japan gekauft und in den USA leer verkauft. Bei unseren Leerverkaufspositionen handelte es sich hauptsächlich um amerikanische Aktien. Nixon hatte seine Maßnahmen am Sonntagabend verkündet. In dieser Woche sank der japanische Markt, wo wir Long-Positionen besaßen, um 20 Prozent, und der amerikanische Markt, wo wir Leerverkaufspositionen hatten, schoss durch die Decke. Wir litten ganz schön. Aber wir hatten auch ein wenig Nordseeöl, das unsere Verluste ausglich. Die Erdölproduktion dort kam allmählich in Gang, und wir investierten in europäische Ölunternehmen. Sie gediehen prächtig, weil abzusehen war, dass sie mit dem Nordseeöl ein Vermögen verdienen würden.
OBWOHL ES der am stärksten gehandelte und wahrscheinlich auch der wichtigste Rohstoff ist, wurde Erdöl vor den 1980er-Jahren an keiner Rohstoffbörse gehandelt. In den 1970er-Jahren und in vielen Jahrzehnten zuvor, ehe die New York Mercantile Exchange einen offenen Markt für Rohöl einrichtete, wurde Öl von Brokern oder von Leuten aus der Energiebranche am Telefon gehandelt. Andere Rohstoffe, für die riesige Märkte existieren, zum Beispiel Papier, Stahl und Uran, haben bei den Leuten in diesen Branchen nie genug Interesse hervorgerufen, um einen Börsenhandel zu begründen. Kohle gibt es schon seit Hunderten von Jahren, aber die Menschen, die sie kaufen und verkaufen, sind immer noch damit zufrieden, ihre Transaktionen ohne die Vorteile eines organisierten Markts durchzuführen.
Schon 1971, zwei Jahre bevor die Energiepreise dramatisch zu steigen begannen, investierte Quantum in Öl und Erdgas. Mein Research zeigte, dass sich ernsthafte Angebotsengpässe abzeichneten. In diesem Jahr erhielt ich einen Prospekt von einer Firma, die Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren emittierte, um eine Erdgas-Pipeline zu finanzieren. Im selben Prospekt wurde dargelegt, dass die damaligen Erdgasreserven des Unternehmens einem Bedarf von acht Jahren entsprachen. Danach, so musste man annehmen, gab es nichts mehr, was man durch die Pipeline hätte pumpen können, wenn sich nichts änderte. Die Branche hatte ihre Reserven seit Jahren nach unten getrieben, hauptsächlich deshalb, weil man mit dem Bohren nach Erdgas nur sehr wenig Geld verdienen konnte.
1956 hatte der Oberste Gerichtshof der USA es für verfassungskonform erklärt, dass die Bundesregierung den Preis für Erdgas festlegte, das per Pipeline durch mehrere Bundesstaaten transportiert wurde. Dieser fixe Preis war sehr niedrig (und war es 1971 immer noch).
1956 war ich 14 Jahre alt und wusste nur wenig über den Obersten Gerichtshof, aber mit den Ölfeldern im amerikanischen Südwesten war ich ganz gut vertraut. Ich erinnere mich noch daran, dass ich mit meinen Eltern im Auto von Alabama nach Oklahoma fuhr, wo meine Großeltern mütterlicherseits lebten. Wir fuhren an den Ölfeldern in Louisiana und Texas vorbei, und überall sah ich Feuer brennen. Die Flammen schossen aus den Bohrlöchern hoch, weil die Arbeiter das Gas abfackelten, während sie das Öl heraufpumpten. Erdgas war so billig, dass es kaum der Mühe des Aufbewahrens wert war. Öl war wesentlich lukrativer, so niedrig die Ölpreise damals auch lagen.
Natürlich verstand ich damals nichts davon, aber die Erinnerungen an die brennenden Felder war mir 1971 noch gegenwärtig, als ich, nachdem ich den Pipeline-Prospekt erhalten hatte, den Jahresbericht eines Unternehmens namens Helmerich & Payne las, das eine bedeutende Bohrfirma war. Das Unternehmen, schon seit Jahrzehnten im Geschäft, berichtete, dass die Zahl der Bohrtürme in jedem einzelnen der letzten 15 Jahre gesunken war. Es sah so aus, als hätten sowohl Gas- als auch Ölunternehmen seit 1956 pausenlos ihre Reserven angezapft. Mir wurde klar, dass die USA vor einem ernsthaften
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