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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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Gebäude. Er sah es sich an und war damit einverstanden, die Nordhälfte zu kaufen. Die Inflationsraten waren damals extrem hoch, die Immobilienpreise kollabierten landesweit, die Zinsen schossen nach oben und langfristige Hypothekenkredite waren schwer zu bekommen. Aber die Kirche war so begeistert davon, das Gebäude zu verkaufen, dass sie uns eine Hypothek mit 30 Jahren Laufzeit zu einem sehr niedrigen Zinssatz anbot. Donald begann sofort mit den Renovierungsarbeiten und verkaufte die Appartements schließlich als Eigentumswohnungen. Ich zog in die Südhälfte des Gebäudes ein.
    Zunächst wollte ich mich einfach dort niederlassen, um zu sehen, wie ich dort leben wollte, ehe ich das Haus renovierte und möblierte. Ich arbeitete immer noch an der Wall Street, versuchte immer noch aus Leibeskräften, im Leben voranzukommen, verfügte über sehr wenig freie Zeit und hatte noch nie ein derart riesiges Haus bewohnt. Bislang hatte ich in einer Wohnung mit einem Schlafzimmer gelebt, besaß kaum Möbel, und jetzt verfügte ich über fünf Stockwerke und 800 Quadratmeter in einem völlig leeren Herrenhaus, das Ende des 19. Jahrhunderts erbaut worden war.
    Als ich das Haus gekauft hatte und es mir nachts ansehen wollte, musste ich eine Taschenlampe mitnehmen, weil es kaum erleuchtet war. Ich ging dann in einen Haushaltswarenladen an der Straßenecke und kaufte für 200 Dollar Glühbirnen. Der Besitzer des Ladens hatte so etwas noch nie erlebt. 1977 konnte man für 200 Dollar sehr viele Glühbirnen kaufen, und ich brauchte auch so viele, um das Haus auch nur einigermaßen hell zu bekommen. Eines Abends zeigte ich einer Freundin und einigen ihrer Freunde das Haus, und einer von ihnen bemerkte: »Bald ist Mardi Gras. Du hast dieses riesige Haus, und es ist einfach perfekt für einen Mardi-Gras-Ball.«
    Wir stellten eine Gruppe zusammen, die wir South House Krewe nannten. Sie bestand hauptsächlich aus den Leuten, die am besagten Abend anwesend waren – drei Journalisten, ein Rechtsanwalt, ein Columbia-Professor und zwei Leute von der Wall Street –, und veranstalteten einen Mardi-Gras-Kostümball. Aus diesem Ball entstand schließlich eine jährliche Tradition, die es in New York zu einiger Bekanntheit brachte. Jeder von uns durfte eine bestimmte Zahl von Leuten einladen, und wir verschickten originelle Einladungskarten. Im Lauf der Jahre – wie nicht anders zu erwarten – sprach sich die Sache mit der Party herum, und jede Menge Leute kamen, ohne eingeladen worden zu sein. Wir wiesen niemanden ab. Das wäre unpraktisch und unfreundlich gewesen. In gewisser Hinsicht war das wie Woodstock.
    Die Jesuiten hatten mein späteres Wohnzimmer als Kapelle benutzt. Wo früher einer der acht offenen Kamine des Hauses gewesen war, befand sich ein Altar. Man ging eine wundervolle Treppe hinauf, zur Linken lag ein großes Esszimmer – das mittlere Zimmer auf dieser Etage –, und zur Rechten, mit schweren Mahagonitüren abgetrennt, lag die Kapelle. Der Altar war noch da, aber nicht mehr an der Wand befestigt. (Später ließ ich den früheren Kamin wieder installieren.) Wir hängten die Türen aus, machten Platz, und dort fand dann der Ball statt. Die Band spielte im Wohnzimmer. Im Esszimmer richteten wir die Bar ein.
    Wir veranstalteten den Ball sechs Jahre lang, weil ich in diesen sechs Jahren keine Zeit hatte, das Haus vernünftig in Schuss zu bringen. Später waren die Renovierung und die Einrichtung bis zu einem Punkt fortgeschritten, an dem es keinen Sinn mehr ergab, eine solche Party zu veranstalten, und folglich ließen wir es bleiben. Am Tag, an dem die Party normalerweise stattgefunden hätte, riefen viele Leute an und fragten: »Wann beginnt die Party?« An diesem Abend traf sich die Gruppe der Organisatoren zu einem privaten Abendessen in meinem Haus. Ständig klingelten kostümierte Leute an der Tür.
    1982, zwei Jahre, nachdem ich mich von der Wall Street verabschiedet hatte, fühlte ich mich bereit für die Renovierungsarbeiten. Im ganzen Haus gab es wundervolle Holzarbeiten, hauptsächlich aus Mahagoni und Eiche, und ich heuerte eine Mannschaft an, die sie renovieren sollte. In manchen Fällen ging es zunächst darum, Farbe vom Holz zu entfernen. Für die Schönheit des Hauses hatten sich die Jesuiten nicht interessiert. Sie konzentrierten sich darauf, in den Himmel zu kommen, und nicht darauf, den Himmel in dieser Welt neu zu erschaffen. Um die Infrastruktur des Hauses hatten sie sich hervorragend gekümmert. Die

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