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Die Wand

Titel: Die Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlen Haushofer
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Zimmermannsarbeit fällt mir immer noch besonders schwer. Dafür bin ich in der Landwirtschaft und der Tierpflege nicht ungeschickt. Alles, was mit Pflanzen und Tieren zu tun hat, hat mir schon von jeher eingeleuchtet. Ich hatte nur nie die Gelegenheit, diese natürliche Begabung auszubauen. Diese Arbeiten befriedigen mich auch am meisten. Die ganze Weihnachtswoche hindurch sägte und zerhackte ich Holz. Ich fühlte mich wohl und schlief tief und traumlos. Am neunundzwanzigsten Dezember wurde es über Nacht sehr kalt, und ich mußte damit aufhören und mich ins Haus zurückziehen. Ich dichtete die Türund Fensterspalten im Stall und im Haus mit Streifen ab, die ich aus einer alten Decke geschnitten hatte. Der Stall war fest gebaut und Bella brauchte hoch nicht zu frieren. Auch die Streu, die ich im Stall und über dem Stall untergebracht hatte, hielt die schlimmste Kälte ab. Die Katze haßte die Kälte, und in ihrem kleinen runden Schädel fing sie an, mich dafür verantwortlich zu machen. Sie strafte mich mit mürrischen vorwurfsvollen Blicken und verlangte klagend, ich sollte endlich diesen Unfug abstellen. Der einzige, dem die Kälte nichts ausmachte, war Luchs. Aber er begrüßte ja jedes Wetter freudig. Er war nur ein wenig enttäuscht davon, daß ich nicht bei klirrender Kälte Spazierengehen mochte, und versuchte dauernd, mich zu kleinen Ausflügen zu ermuntern. Ich machte mir Sorgen um das Wild. Es lag mehr als ein Meter Schnee, und es gab keine Fütterung mehr. Ich besaß zwei Säcke Roßkastanien, die von der vorjährigen Fütterung übriggeblieben waren und die ich für mich als eisernen Vorrat aufheben wollte. Es konnte ja dahin kommen, daß ich einmal um Roßkastanien froh sein würde. Als aber der strenge Frost anhielt, wurde ich schwankend und mußte immerzu an die beiden Säcke in der Schlafkammer denken. Am sechsten Januar, dem Dreikönigstag, hielt ich es in der Hütte nicht mehr aus. Die Katze behandelte mich immer noch mit der größten Verachtung und zeigte mir ihr getigertes Hinterteil, und Luchs fieberte nach einem Auslauf. So zog ich an, was mich irgendwie warm halten konnte, und machte mich mit dem Hund auf den Weg.
    Es war ein gleißend schöner Frosttag. Die verschneiten Bäume glitzerten schmerzhaft im Sonnenlicht, und der Schnee knirschte trocken unter meinen Füßen. Luchs stob davon, in eine Wolke leuchtenden Staubes gehüllt. Es war so kalt, daß mein Atem sofort gefror und jederLuftzug in den Lungen schmerzte. Ich band mir ein Tuch vor Mund und Nase und zog die Kapuze fest über die Stirn. Mein erster Weg war zur Wildfütterungsstelle. Es gab dort unzählige Spuren. Die Kälte kroch mir in die Knochen, als ich sah, wie sie alle in ihrer Not gekommen waren und die Futterraufen leer gefunden hatten.
    Plötzlich haßte ich die blaue, flirrende Luft, den Schnee und mich selbst, weil ich nichts für die Tiere tun konnte. Meine Kastanien waren in dieser großen Not nicht viel mehr als nichts. Es war die reinste Unvernunft, sie herauszugeben, aber ich konnte gar nicht anders. Ich kehrte sofort um, zerrte die beiden Säcke aus der Kammer, band sie aneinander und schleppte sie im Schnee hinter mir nach. Luchs war begeistert von dem Unternehmen und umsprang mich mit aufmunterndem Gebell. Die Futterstelle lag nur zwanzig Minuten entfernt, aber der Weg führte bergauf, außerdem war er tief verschneit, und ich kam ganz erschöpft und mit erstarrten Händen oben an. Ich leerte die Säcke in die Raufen und kam wir vor wie ein Narr. Da es so kalt war und ich nicht wagte, mich hinzusetzen, ging ich langsam weiter bergauf. Überall fand ich ihre Spuren. Das Hochwild hatte die höheren Lagen verlassen und war zu den Rehen herabgestiegen. Bei Anbruch der Dämmerung würden sie alle zur Futterstelle kommen und sich wenigstens einmal noch sättigen können.
    Die Rinde der jungen Bäume war angenagt, und ich beschloß, im kommenden Sommer einen kleinen Vorrat von Heu von der Waldwiese für das Wild zurückzulegen. Es fiel mir nicht schwer, diesen Vorsatz zu fassen, der Sommer lag weit. Als ich dann wirklich mit der Sichel die Waldwiese mähte, dachte ich anders darüber. Jedenfalls aber habe ich jetzt immer so viel Heu, daß ich im ärgsten Notfall das Wild eine Woche lang fütternkann. Es wäre ja vielleicht klüger, es nicht zu tun, das Wild vermehrt sich ohnedies zu sehr, aber ich kann es einfach nicht verhungern und so elend umkommen lassen.
    Nach einer Viertelstunde merkte ich, daß ich die Kälte

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