Die Wanderapothekerin 1-6
auch, aber eben nicht gemeinsam mit ihren Mahlzeiten, sondern im Abstand von mindestens zwei Stunden.« Klara war bewusst, dass es ihr schwerfallen würde, sich gegen die Zofe und die Mamsell durchzusetzen. Vor allem aber bot sich beiden die beste Gelegenheit, das Gift in die Mahlzeiten einzumischen. Das war das zweite Problem, das sie lösen musste.
»Du und die Mamsell, ihr werdet die Mahlzeiten für die Gräfin nur noch gemeinsam aus der Küche holen, und ich werde mitkommen.«
Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte die Zofe aufbegehren. Dann aber senkte sie den Kopf und kämpfte gegen die Tränen an, die in ihr aufsteigen wollten. »Du glaubst, ich würde Ihre Erlaucht vergiften?«
»Ich glaube an Gottvater, den Sohn und den Heiligen Geist, amen. Was die Gräfin betrifft, muss ich jedem Verdacht nachgehen, um ihn ausschließen zu können. Da niemand von uns glaubt, dass sie von einer normalen Krankheit befallen wurde, müssen wir die Person entlarven, die sie vergiftet.«
»Aber sie wurde doch bereits vergiftet«, wandte die Zofe ein.
»Sie lebt aber noch! Das bedeutet, dass der Täter mindestens noch einmal zuschlagen muss, um sicherzugehen, dass sie stirbt. Da fällt mir noch etwas ein: Der Vorkoster probiert das Essen immer in der Küche. Er soll es hier in den Gemächern der Gräfin tun!« Klara wusste, dass sie Emma dadurch noch stärker dem Verdacht aussetzte, die Mörderin zu sein. Doch es gab keine andere Lösung.
»So wird es geschehen!« Die Mamsell war ins Zimmer gekommen und hatte den letzten Teil ihres Gesprächs mit angehört.
Als Emma etwas sagen wollte, hob sie die Hand. »Die Wanderapothekerin hat recht! Wer auch immer diesen Anschlag verübt hat, hat es so geschickt angestellt, dass wir beide als die Hauptverdächtigen gelten müssen. Doch ich schwöre bei meiner eigenen Seligkeit und der meiner Eltern, dass ich Ihrer Erlaucht treu ergeben bin und niemals etwas tun würde, das ihr zum Schaden gereicht!«
»Das schwöre auch ich!« Emma kniete nieder und hob ihre Schwurhand.
»Ich glaube euch!«, sagte Klara. »Aber irgendwo müssen wir anfangen. Daher sollten wir jetzt in die Küche gehen und zusehen, wie das Essen für die Gräfin zubereitet wird. Ich möchte alles probieren!«
»Auch auf die Gefahr hin, vergiftet zu werden?«, fragte Emma verwundert.
»Da ich von allem nur eine Winzigkeit zu mir nehme, werde ich wohl kaum daran sterben.« Ihren Worten zum Trotz war es Klara nicht gerade wohl dabei, doch erschien ihr alles besser, als hilflos dazusitzen und zu warten, bis die Gräfin starb.
»Eine von uns muss bei Ihrer Erlaucht bleiben«, erklärte die Mamsell und sah Emma an.
Diese nickte mit entschlossener Miene. »Sollte Ihrer Erlaucht während dieser Zeit etwas geschehen, werde ich mich am Fensterkreuz aufhängen!«
Sie meinte es ernst, das spürte Klara, und es bestärkte sie darin, das Geheimnis des Giftes zu ergründen. Gemeinsam mit der Mamsell ging sie zur Küche und fand dort neben dem Koch, Anton, Rita und den restlichen Helfern auch Martha und den Vorkoster Thomas vor.
»Das Mahl für Ihre Erlaucht ist gleich fertig«, sagte der Koch.
»Gut! Jetzt aber wirst du der Wanderapothekerin die Zutaten zeigen, die du dafür verwendet hast«, befahl ihm die Mamsell.
»Ich habe nur das Beste genommen, auch wenn es nur ein wenig Suppe und Brei ist. Dabei habe ich in Paris das Kochen gelernt«, rief der Koch empört.
Dann begriff er, was die Mamsell meinte, und streckte abwehrend beide Arme aus. »Nein, ich habe Ihre Erlaucht nicht vergiftet! Ich probiere doch alle Speisen selbst! Damit würde ich mich ja selbst vergiften.«
Die Worte des Kochs hallten in Klaras Gedanken wider. Es klang überzeugend, und da sie auch Emma und die Mamsell als unschuldig ansah, schrumpfte die Anzahl derer, die das Gift einsetzen konnten, immer mehr. Unwillkürlich blickte sie zu dem Vorkoster Thomas hinüber. Dieser stand gegen die Wand gelehnt, als ginge ihn das alles nichts an. Soviel Klara wusste, war auch er der gräflichen Familie treu ergeben. Daher war sie beinahe bereit, an Zauberei zu glauben. Doch die sollte es den Worten des Pastors zufolge nicht geben.
Der Koch stellte nun die einzelnen Kisten, Krüge und Gläser, in denen seine Zutaten aufbewahrt wurden, auf den Tisch, und Klara begann, von jeder eine winzige Probe zu nehmen.
»Was machst du da?«, rief Martha entsetzt. »Du vergiftest dich doch mit dem Zeug!«
Klara wollte ihr sagen, dass sie sich keine Sorgen zu
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