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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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einmal trinken. Da Tobias’ Krug voll und dieser selbst fern war, schenkte er sich mehr als ein Mal ein und hoffte dabei, dass sein Begleiter nicht so schnell zurückkommen würde.

2.
    T obias stürmte in die Apotheke hinein, als gälte es, auf Leben und Tod ein Medikament zu holen. Die kleine Messingglocke über der Tür läutete laut und lange. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis jemand von hinten in den Verkaufsraum kam. Es handelte sich um einen jungen Mann mit einer schweren Krücke unter dem rechten Arm. Ob ihm ein Bein fehlte, konnte Tobias wegen des Ladentisches nicht sehen.
    »Herr Pulver ist derzeit unterwegs, doch vielleicht kann ich Euch helfen«, begann der Hinkende.
    Da stieß Tobias einen Jubelruf aus. »Gerold, du bist es wirklich!«
    Den anderen riss es so, dass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und sich mit der freien Hand an der Theke festhalten musste. Verwirrt starrte er Tobias an und brauchte einige Augenblicke, um ihn zu erkennen.
    »Tobias! Äh … ich meine, Herr Just!«, rief er fassungslos.
    »Tobias reicht! Immerhin haben wir gemeinsam als Knaben den Pflaumenbaum unseres Nachbarn abgeräumt.«
    »Das war eine andere Zeit«, antwortete Gerold Schneidt traurig. »Damals hatte ich noch meine gesunden Glieder und konnte hoffen, einmal meinen Vater als Wanderapotheker zu beerben. Doch nun ist Vater tot und ich zu nichts mehr nütze.«
    »Es war für deine Mutter und deine Geschwister schlimm, als auch du von deiner Wanderung nicht mehr zurückgekehrt bist.« Tobias ging um den Ladentisch herum und umarmte seinen Freund. Sie waren nur ein Jahr auseinander, und er hatte als Junge mit Gerold gespielt, wenn dessen Vater mit ihm nach Königsee gekommen war.
    »Ich freue mich, dich zu sehen, Tobias!« Gerold Schneidt kämpfte mit den Tränen, wirkte dann aber besorgt und ängstlich. »Sag, wie geht es zu Hause? Gewiss hat der Oheim sich meiner Mutter und meiner Geschwister angenommen.«
    Ein schwer zu deutender Unterton verwunderte Tobias. Wie es aussah, stand Alois Schneidt nicht sehr hoch in der Achtung seines Neffen.
    »Ob er sich ihrer angenommen hat, weiß ich nicht zu sagen, denn ich war den Winter über nicht in Katzhütte«, berichtete Tobias. »Allerdings wäre es nicht nötig gewesen. Klara, dieses Teufelsmädchen, hat den Köhler Görch als Mädchenschänder entlarvt und erhielt dafür von Seiner Hoheit, Fürst Ludwig Friedrich, eine Belohnung. Außerdem hat sie das Recht gefordert, auf eurer Strecke als Wanderapothekerin zu gehen.«
    »Der Fürst hat ihr diese Gunst doch hoffentlich verweigert!« Gerold klang erschrocken und wurde noch bleicher, als er Tobias’ Kopfschütteln sah.
    »Deine Schwester kann verdammt stur sein! Alle haben versucht, es ihr auszureden, mein Vater, ich, eure Mutter …«
    »Aber gewiss nicht der Oheim!«, warf Gerold giftig ein.
    »Ob er es bei euch zu Hause getan hat, weiß ich nicht. Als unsere Wanderapotheker aufbrachen, versprach er, ihr mit Rat und Tat beiseitezustehen.«
    Gerold lachte bitter auf. »Das glaube ich gerne! Sag bloß, diese Närrin ist tatsächlich losgelaufen?«
    »Und ob sie das ist! Sie hat bis Michelstadt um etliches mehr verkauft als euer Onkel, obwohl dieser bis auf den ersten Markt in Kronach auf allen anderen Märkten verkaufen durfte.«
    »Wo ist sie jetzt?«, fragte Gerold scharf.
    »Ich bin auf der Suche nach ihr. Eigentlich hätte sie bereits in Gernsbach eintreffen müssen, doch das ist sie nicht!«
    Gerold wirkte erschrocken. »Und der Oheim? Ist der schon da?«
    »Nein. Auch der ist noch nicht aufgetaucht. Ich hoffe, den beiden ist nichts passiert.«
    »Das hoffe ich auch! Vor allem Klara darf nichts zugestoßen sein. Sie ist zwar ein störrisches Ding, aber sie trägt das Herz auf dem rechten Fleck. Da der Oheim noch nicht bis hierher gekommen ist, wird es hoffentlich noch nicht zu spät sein. Suche sie bitte und lasse sie auf keinen Fall aus den Augen, selbst wenn du sie festbinden musst. Vor allem aber verhindere, dass der Oheim mit ihr allein ist.«
    Es fiel Gerold schwer, etwas zu sagen, was einen Schatten auf die eigene Familie werfen konnte, doch nun ging es um seine Schwester. Er packte Tobias’ Arm mit seiner Linken und hielt ihn fest.
    »Schwöre mir, dass du das, was ich dir jetzt sage, an keinen anderen Menschen weiterträgst, auch nicht an Klara!«
    Verwundert sah Tobias ihn an. »Du machst mir direkt Angst!«
    Gerold nickte verbissen. »Diese Angst erfüllt mich seit jenem Tag, als das Unglück

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