Die Wanderapothekerin 1-6
Probiert ruhig!«, forderte de Thorné die beiden Mädchen auf.
Martha schüttelte vehement den Kopf. »Dieses Zeug rühre ich nicht an!«
Anders als sie nahm Klara sich einen Froschschenkel, fand dessen Fleisch aber arg glibberig und begnügte sich mit Brot, Schweinebraten und Wein. De Thorné hingegen ließ sich die seltsame Speise schmecken und aß fast alles auf.
»Ihr solltet auch Brot dazu essen, sonst wird Euch noch übel«, warnte Klara ihn.
»Oh non!«
,
wehrte der Franzose ab. »Mir wird gewiss nicht übel. Aber du kannst mir ruhig ein Stück Brot geben. Ich werde es mir in Wein einweichen.«
Auf die Weise hatte Klara ihn zu Beginn dazu gebracht, ein wenig Brot zu sich zu nehmen. Nun wäre es nicht mehr nötig gewesen, doch de Thorné gefiel es, sein Brot weiterhin in den Wein zu tunken.
»Wenn Ihr so weitermacht, werdet Ihr noch betrunken«, spottete Martha.
Damit brachte sie den Oberst zum Lachen. »Ich vertrage schon einiges! Außerdem mischt Jungfer Klara meinen Wein mit Wasser. Dabei könnte ich den Wein wirklich pur trinken.«
»Meine Mutter hat mich gelehrt, dass zu viel Wein die Heilung verzögert und Entzündungen fördert«, wies Klara ihn zurecht.
Der Oberst hob grinsend die Hände. »Ich ergebe mich und verspreche, nur das zu essen und zu trinken, was du mir erlaubst.«
Er wollte noch mehr sagen, doch da wurde es draußen laut, und sie vernahmen Hufschläge sowie das harte Knirschen von Wagenrädern, die auf der kiesbedeckten Straße näher kamen.
»Wer mag das sein?«, wunderte Martha sich und öffnete den Zelteingang.
Klara trat an ihre Seite und sah einen kleinen Trupp Soldaten auf das französische Lager zureiten. Diese flankierten eine Kutsche, die von vier Pferden gezogen wurde. Gerade hielt die Gruppe auf dem Platz an, auf dem die Soldaten ihre Exerzierübungen abhielten.
Ein Offizier in einer fremden Uniform deutete einen militärischen Gruß an. »Mich schickt Seine Durchlaucht, Markgraf Ludwig Georg von Baden, mit den besten Wünschen an Seine Exzellenz, Oberst Graf de Thorné. Seine Durchlaucht haben mit Seiner Majestät, König Ludwig XIV ., Frieden geschlossen und gestattet Euch den Rückmarsch auf französisches Gebiet. Desgleichen schickt er Seiner Exzellenz seinen Leibarzt, um Seiner Exzellenz Verletzungen zu behandeln und seine Gesundheit wiederherzustellen.«
Der badische Offizier deutete auf den Schlag, den einer seiner Männer öffnete. Nun verließ ein beleibter Mann in einem knielangen Rock die Kutsche und deutete vor dem französischen Hauptmann eine Verbeugung an.
»Wenn Ihr mich bitte zu Seiner Exzellenz führen könntet!«
Bislang hatte Klara still zugehört, doch jetzt kam Leben in sie. »Wir müssen hier raus, bevor der Mann herkommt! Es könnte mir schlecht ergehen, wenn er sieht, dass ich meinem Eid zum Trotz Leute behandelt habe.«
Sie wollte aus dem Zelt eilen, erinnerte sich aber rasch genug an ihr Reff und hob es sich auf den Rücken. Zum Glück hatte sie ihre Töpfe und Flaschen immer wieder eingeräumt, so dass nichts im Zelt herumstand. Die Wachen vor dem Eingang hinderten sie schon seit zwei Tagen nicht mehr daran, zeitweilig das Zelt zu verlassen, und so konnte sie hinausschlüpfen und sich dahinter verbergen.
Martha folgte ihr etwas langsamer, denn sie hatte rasch den Weinkrug, etwas Brot und den Braten an sich genommen. »Immerhin haben wir noch nicht aufgegessen«, meinte sie zu Klara, als sie zu dieser aufgeschlossen hatte.
Wenig später trat der Arzt in das Zelt und grüßte de Thorné mit einem Schwall von Höflichkeitsfloskeln. Danach fragte er nach dessen Verletzungen und erklärte, dass ein Aderlass wohl die beste Methode wäre, die Wiederkehr des Wundfiebers zu verhindern.
»Der Kerl ist wohl närrisch!«, stieß Klara hervor und winkte Leutnant de Matthieux, der sich gerade nach ihnen umschaute, zu sich.
»Wenn Ihr Euren Colonel liebt, dann verhindert, dass dieser Arzt ihn zur Ader lässt. Graf de Thorné hat meiner Meinung nach genug geblutet.«
»Ich werde mein Bestes geben!«, versprach der Leutnant und musterte die beiden Mädchen nachdenklich. »Da der Markgraf von Baden einen Arzt geschickt hat, ist Eure Anwesenheit wohl nicht mehr vonnöten.«
»Gott sei Dank!«, rief Klara aus. »Martha und ich müssten längst in Gernsbach sein. Herr Tobias und mein Oheim machen sich gewiss schon Sorgen um uns.«
»Ihr müsst uns aber sagen, in welche Richtung wir gehen müssen«, setzte Martha hinzu, »denn Ihr habt uns einfach
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