Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)
damit.
»Was ist jetzt los?«, fragte diese.
»Nichts! Ich habe nur daran gedacht, dass Graf Benno bald eine deftige Enttäuschung erleben wird.«
Zu sich selbst sagte Klara, dass sie nicht an ihren Onkel und einen unbekannten Schatz denken durfte, denn sie hatte wahrlich andere Sorgen. Die größte davon war Graf Benno, der alles unternehmen würde, um Martha zu erwischen. Aber wenn er diese fand, schwebte auch sie selbst in höchster Gefahr.
13.
D ie Wanderung durch den nächtlichen Wald war hart und forderte Klara und Martha alle Kraft ab. Als die ersten Sonnenstrahlen über den östlichen Horizont aufstiegen, waren beide so erschöpft, dass sie sich am liebsten ins nächste Gebüsch verzogen hätten, um zu schlafen. Doch wenn sie das taten, gaben sie Graf Benno die Gelegenheit, sie noch am selben Tag einzufangen. Klara war jedoch bewusst, dass sie nicht pausenlos weiterlaufen konnten, denn sie zitterte in ihrer immer noch klammen Kleidung, und ihre Beine trugen sie kaum mehr. Und ihre Begleiterin sah so aus, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen.
»Wir legen eine Rast ein, damit ich mir deine Verletzungen ansehen kann. Deine Augen sehen ja schon ein wenig besser aus. Kannst du das andere auch schon öffnen?«
Martha versuchte es und schaffte es einen Spalt weit. »Ein wenig geht es«, sagte sie erleichtert.
»Setz dich dorthin!«, bat Klara und wies auf ein Moospolster hinter einem dichten Buschwerk.
Während Martha sich erleichtert fallen ließ, suchte Klara in ihrem Reff nach Arzneien, die sie verwenden konnte, und begann, ihre Begleiterin zu verarzten.
»Aua, das beißt!«, rief Martha, als Klara ihr eine Salbe auf das angeschwollene Gesicht strich.
»Das hört bald wieder auf«, antwortete Klara. »Du wirst merken, dass es hilft.«
»Hoffentlich!« Martha verzog mürrisch das Gesicht, hielt aber still, als Klara weitermachte. Schließlich musste sie auch den Mantel und das Hemd ausziehen und saß nackt im Moos.
Klara starrte erschrocken auf die Wunden und Abschürfungen, die sich über den gesamten Körper des Mädchens zogen. Diesmal jammerte Martha nicht, als ihre Verletzungen versorgt wurden, atmete aber hörbar auf, als die letzten Schrunden mit Salbe bedeckt waren.
»So schlimm war es doch gar nicht«, meinte Klara.
»Ich bin trotzdem froh, dass es vorbei ist. Wenn wir nur etwas zu essen hätten! Ich habe großen Hunger.« Martha seufzte und starrte dann Klara verblüfft an, weil diese sofort in ihr Reff griff und ihr ein Stück Brot reichte.
»Ich habe auch noch einen Rest Wurst«, erklärte diese.
»Danke! Wegen dieses verfluchten Grafen habe ich zwei Tage nichts essen können. Dieses aufgeblasene Schwein hat mich wie ein Kaninchen durch die Wälder gehetzt. Gerade als ich gehofft hatte, auf dem Land seines Nachbarn in Sicherheit zu sein, hat er mich eingeholt und gefangen nehmen lassen, ohne sich darum zu scheren, dass er dort nicht der Herr ist.« Martha klang aufgebracht, aber auch besorgt. Da Graf Benno die Hoheitsrechte seines Nachbarn missachtet hatte, würde er es gewiss wieder tun. Daher drängte sie nun darauf, weiterzugehen.
Klara hätte lieber ein kleines Feuer angezündet, um sich zu wärmen, doch ihr schien es ebenfalls überlebenswichtig, sich so weit wie möglich von der Grafschaft Güssberg zu entfernen. Daher nahm sie ihr Reff auf den Rücken und stillte ihren Hunger erst im Gehen. Als sie das erste Dorf in der nächsten Herrschaft erreichten, wagte sie immer noch nicht aufzuatmen. Die Vorsicht riet ihr, weiterzugehen, aber als Wanderapothekerin musste sie ihre Arzneien verkaufen. Wenn sie das nicht tat, würden die Bewohner sich Scharlatanen zuwenden und ihr im nächsten Jahr die kalte Schulter zeigen.
»Wie gut kennst du diese Gegend?«, fragte sie Martha.
»Ganz gut«, antwortete diese verwundert.
»In welcher Richtung liegt Seuberndorf?«
»Dort!« Martha wies mit der Rechten nach Südwesten.
»Und welches Dorf liegt im Norden?«, fragte Klara weiter.
»Markt Schellendorf.«
»Ein größerer Ort also. Das ist gut. Wenn ich im nächsten Dorf meine Arzneien verkaufe, werde ich sagen, dass ich nach Markt Schellendorf weitergehen werde. Du verbirgst dich unterdessen in einem Gebüsch und kommst mir dann nach.«
»Nach Markt Schellendorf?«, fragte Martha verwundert.
»Nein, nach Seuberndorf. Das andere sage ich doch nur, um den Grafen auf eine falsche Spur zu locken. Es kann ja sein, dass uns schon jemand zusammen gesehen hat und ihm dies
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