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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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herumstanden.
    Gerlind zischte wütend. »Wenn ihr nicht bald was verdient, werdetihr einiges von euren Ersparnissen herausrücken, um euren Anteil an der Reisekasse aufzubringen.«
    Marie legte die Hand auf die Axt, mit der sie die dürren Zweige für das Feuer in kleine Scheite gehauen hatte, und sah Gerlind mit vorgestrecktem Kinn an. »Versuch doch, dir das Geld zu holen.«
    Die alte Hure starrte auf die Axt, spie aus und zog mit einem grimmigen Schnauben ab. Kurz darauf beobachteten Hiltrud und Marie, wie sie und Berta die Köpfe zusammensteckten und dabei immer wieder zu ihnen herüberblickten.
    Hiltrud stocherte mit einem Zweig im Feuer, so dass die Funken stoben. »Wir sollten auf der Hut sein, denn ich fürchte, Gerlind und Berta spielen uns sonst einen üblen Streich.«
    Marie nickte verbissen und nahm die Pfanne vom Feuer. Sie hatte etwas Speck ausgelassen, den Hiltrud und sie nun auf die Reste ihres Brotes träufelten. »Die nächsten Tage werden nicht leicht werden«, sagte sie kauend. »Bis auf etwas Mehl sind unsere Vorräte aufgebraucht, und ich habe nicht vor, Gerlinds Eintopf anzurühren.«
    »Ich habe einen der Wallfahrer sagen hören, dass in dem Städtchen, das wir morgen erreichen, ein kleiner Markt abgehalten wird. Vielleicht können wir dort etwas kaufen.«
    Marie lachte böse auf. »Wenn wir die Torwachen mit zwei Hellern überzeugen können, dass wir dort Geld ausgeben wollen, lassen sie uns gewiss in die Stadt. Das nennt man dann Moral.«
    »Ja, wenn wir einkaufen kommen, übersehen die ehrbaren Frauen gern die gelben Bänder. Aber das hindert sie nicht daran, überhöhte Preise für schlechte Ware zu verlangen. Aber das ist jetzt das kleinere Übel. Das größere sitzt da drüben. Wenn Gerlind und die anderen merken, dass wir uns Lebensmittel besorgen, kann es sein, dass sie mitkommen und uns für ihre Vorräte bezahlen lassen.«
    »Das würde denen so passen.« Marie schnaubte verächtlich.
    »Auf alle Fälle dürfen die anderen nicht mitbekommen, wie viel Geld wir besitzen und wo wir es versteckt haben.«
    Marie nickte stumm, denn sie kannte Bertas Fingerfertigkeit, die schon so manchen Freier das eine oder andere Geldstück gekostet hatte.
    Hiltrud hatte der fetten Hure schon mehrfach prophezeit, dass sie irgendwann einmal erwischt und als Diebin gekennzeichnet würde, in dem man ihr die Nase abschnitt. Aber wenn Berta sich an den Börsen anderer Huren vergriff, würde sie die Lacher auf ihrer Seite haben.
    »Wir sollten abwechselnd Wache halten, wobei wir leider unsere Weggenossinnen mehr zu fürchten haben als die Kerle in der Herberge. Denn wenn uns von denen einer belästigt, bekommt er es mit den Leuten des Wirts zu tun. Der ist dafür bekannt, auf Zucht und Ordnung zu halten.«
    »Das ist traurig, aber wahr«, seufzte Marie. »Leg dich jetzt hin. Ich habe noch keine Lust zum Schlafen.«
    Hiltrud schob einen weiteren Zweig ins Feuer und sah auf das zusammengeschmolzene Häufchen Brennholz. Das würde nicht die ganze Nacht reichen, denn sie hatten das, was sie gesammelt hatten, mit Gerlind und den anderen teilen müssen. So schärfte sie Marie noch ein, das Feuer sparsam in Gang zu halten, ohne es jedoch ausgehen zu lassen.

V.
    A m nächsten Morgen weckte Hiltrud Marie, als die Geräusche in der nahen Herberge verrieten, dass der Wagenzug zum Aufbruch vorbereitet wurde. Sie hörte die Fuhrknechte über die störrischen Ochsen fluchen und wünschte den Männern die Seuche an den Hals, denn sie ärgerte sich immer noch über die Abfuhr, die ihnen der Anführer erteilt hatte, und den Spott, mit demseine Leute sie bedacht hatten. Hiltrud tröstete sie schließlich damit, dass Gerlind und die anderen ihnen mit Sicherheit gefolgt wären.
    Da Marie ganz in der Nähe ihres Lagerplatzes noch etwas trockenes Gras und Gestrüpp fand, konnten sie das Feuer neu entfachen und mit den Resten an Fett, Mehl und Honig ein paar Pfannkuchen backen. Berta, die eine gute Nase hatte, hob den Kopf und schnupperte. Ihre Hartnäckigkeit wurde belohnt, denn Hiltrud reichte ihr schließlich einen der Pfannkuchen hin, obwohl es nicht einmal genug für sie und Marie waren. Bertas Dankbarkeit beschränkte sich darauf, den anderen zu berichten, dass Marie und Hiltrud ihnen nichts abgegeben hätten.
    Als die Huren kurz darauf ihr Lager abbrachen und weiterzogen, ernteten die beiden etliche vorwurfsvolle Blicke. Märthe stellte sich Hiltrud in den Weg und stemmte die Arme in die Hüfte. »Normalerweise teilen

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