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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sah dem Keilburger an, dass er sich den Freuden der Tafel hemmungslos hingab. Als junger Mann hatte er seine Standesgenossen durch seine Größe und Kraft beeindruckt, aber jetzt, mit fünfunddreißig, waren seine Augen beinahe hinter Fettpolstern verschwunden, und er konnte nicht mehr über seinen vorgewölbten Bauch auf die Füße schauen. Wer ihn jetzt sah, traute ihm kaum noch zu, ein Schwert zu schwingen oder ein Schild zu halten, und es gab auch kein Pferd mehr, das in der Lage war, ihn zu tragen. Ruppert hütete sich jedoch, seinen Halbbruder zu unterschätzen. Wurde Konrad wütend, reagierte er wie ein gereizter Bär, der erst von seinem Gegner abließ, wenn dieser tot zu seinen Füßen lag.
    Daher grüßte Ruppert ihn mit einem freundlichen Lächeln, in dem nur ein aufmerksamer Beobachter Spott und Herablassung entdeckt hätte. »Lass es dir heute besonders gut schmecken, Bruder. Der junge Steinzeller ist tot, und der Böttcher Mombert wurde des Mordes an ihm angeklagt.«
    Konrad von Keilburg stellte den Humpen hart auf den Tisch und lachte, dass seine Fettmassen das Wams zu sprengen drohten. »Das war wohl wieder eines deiner speziellen Spielchen, was? Duräumst für mich den Mann aus dem Weg und schanzt dem Waldkroner das Weibsstück zu, hinter dem er her ist. Gut! Dann hört das liebeskranke Gejaule dieses Kuttenträgers endlich auf. Das heißt, wenn du es tatsächlich schaffst, die Böttcherstochter zur Leibeigenschaft verurteilen zu lassen. Ich warte ja nur darauf, dass du es überziehst und über deine eigenen Ränke stolperst. Was glaubst du, macht der Waldkroner mit dir, wenn sein Herzchen auf dem Blutgerüst endet?«
    Ruppert ballte die Fäuste, ließ sich aber nichts von dem Hass anmerken, der in ihm tobte. Anders als ihr gemeinsamer Vater Heinrich, der ihn zwar wie einen Leibeigenen benutzt hatte, ihm aber auch eine gewisse Anerkennung für seine Dienste gezollt hatte, verachtete Konrad ihn und verhöhnte ihn bei jeder Begegnung.
    »Nichts wird er tun, denn was ich anfasse, gelingt mir. An dem Tag, an dem Mombert Flühi aufs Rad geflochten wird, liegt seine Tochter im Bett des Abtes.«
    Konrad von Keilburg schnaubte. »Ich hoffe, du nimmst den Mund nicht zu voll. Statt um diesen dämlichen Abt solltest du dich lieber darum kümmern, dass ich Steinzell in die Hand bekomme. Wenn du dich weiterhin so zimperlich anstellst, nehme ich die Sache selbst in die Hand. Das Einfachste ist, ich spalte Degenhard von Steinzell den Schädel und besetze sein Land.«
    »So viel Aufwand ist doch gar nicht nötig, lieber Bruder. Nach Junker Philipps Tod ist Degenhards Tochter Roswitha seine einzige Erbin. Verheirate sie mit einem deiner Gefolgsleute, und sein Besitz fällt dir wie eine reife Frucht in den Schoß.«
    »Das ist eine gute Idee. Ich werde gleich heute den Befehl geben, Roswitha von Steinzell zu entführen. Ich muss nur überlegen, wer sie heiraten soll.« Für einen Augenblick vergaß der Keilburger die Schweinelende auf seinem Teller und dachte angestrengt nach.
    Ruppert wusste, dass sein Bruder keinen Widerspruch duldeteund nicht davor zurückscheute, Gefolgsleute zum Krüppel zu schlagen, die nicht seiner Meinung waren. Daher musste er so diplomatisch wie möglich vorgehen.
    »Das halte ich für keine gute Idee. Die Leute könnten Verdacht schöpfen, dass du hinter dem Tod des jungen Steinzellers steckst, und es gibt genug Männer in der Umgebung des Kaisers, die nur auf eine Gelegenheit warten, eine Schlinge um deinen Hals zu legen. Warte, bis der angebliche Mörder des Junkers verurteilt und hingerichtet wurde. Wenn du dir dann die Tochter des Steinzellers holst, wird man annehmen, dass du die gute Gelegenheit genutzt hast.«
    »Und wenn dieses Aas von Degenhard sie vorher verheiratet? Dann stehe ich mit leeren Händen da.«
    »Möglicherweise wird er sie verloben, aber die Heirat dürfte kaum vor Ablauf der Trauerzeit geplant werden und leicht zu verhindern sein. Ich glaube nicht, dass irgendeiner die Maid nimmt, wenn ihr bereits ein anderer einen dicken Bauch gemacht hat.«
    Konrad lachte brüllend und sah seinen Halbbruder dann verschmitzt an. »Willst du das selbst übernehmen? Meinetwegen kannst du Roswitha haben. Da es dir ja gelungen ist, unserem Alten vor seinem Abkratzen die Anerkennung als legitimen Sohn abzuluchsen, bist du ihr ebenbürtig. Ritter Ruppert von Steinzell! Hört sich das nicht besser an als dieses lateinische Gebrumm, das du jetzt als Namen führst?«
    Rupperts Lächeln

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