Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
vertiefte sich, und ein seltsamer Glanz trat in seine Augen. »Nein, nein. Gib Roswitha ruhig einem deiner Männer. Ich ziehe es vor, in der Stadt zu leben, und lege keinen Wert auf eine zugige Burg am Rande des Schwarzwalds.«
    »Wie du willst.« Konrad von Keilburg hatte seinen Vorschlag nicht ganz ernst gemeint und war erleichtert, dass Ruppert ihn ablehnte. Als Advocatus und Rechtsverdreher konnte sein Bruderihm noch lange nützlich sein, als Ritter auf einer abgelegenen Burg wäre er auch nur ein unliebsamer Konkurrent gewesen, der nichts anderes im Sinn hatte, als sein Herrschaftsgebiet zu erweitern. »Auf alle Fälle freut es mich, dass der Tiroler der Reichsacht verfallen ist. Jetzt liegen seine Ländereien im Schwarzwald und am Rhein offen für jeden, der zugreifen kann. Ich denke, ich werde der Erste sein, der sich etwas davon holt.«
    »Auch hier möchte ich dich bitten, dich noch etwas in Geduld zu üben. Eine vorschnelle Tat hat schon mancher bereut.«
    Konrad von Keilburg schlug auf den Tisch, dass der Teller hochsprang und Bratensaft über die kunstvolle Intarsienarbeit spritzte. »Du bist ein elender Zauderer, Ruppert. Wer etwas erreichen will, muss zugreifen können.«
    Ruppert schüttelte nachsichtig den Kopf. »In erster Linie sollte er den richtigen Moment abwarten können, lieber Bruder. Heute zürnt der Kaiser Herzog Friedrich noch und lässt ihn verfolgen, morgen kann das Blatt sich schon wieder gewendet haben. Der Habsburger besitzt viele Freunde und Verbündete, die sich für ihn einsetzen werden, und Kaiser Sigismund kann es sich nicht leisten, sie alle vor den Kopf zu stoßen. Vor allem muss er auf Albrecht von Österreich, den Vetter des Tirolers, Rücksicht nehmen. Ich bin mir sicher, dass die Reichsacht in spätestens zwei Monaten von Friedrich gelöst wird. Das kostet den Herzog nicht mehr als einen Fußfall vor Sigismund und das Versprechen, keinen anderen Papst mehr zu unterstützen als den, den der Kaiser auserwählt hat. Wenn du jetzt einen Streit um die Vorlande am Rhein vom Zaun brichst, stehen dir in Kürze nicht nur der Herzog selbst, sondern auch dessen Verwandte und Verbündete gegenüber. Begnüge dich damit, dem Habsburger ein paar Lehnsleute abspenstig zu machen und dich in den Besitz ihrer Burgen zu setzen. Solange dies nach Recht und Gesetz geschieht, kann Friedrich nichts dagegen tun.«
    Konrads Miene verdüsterte sich wieder. »Gib nicht so an mit deinerKlugheit. In Wahrheit bist du verschlagen wie ein Skorpion und feige wie eine Ratte. Wenn du nicht über einige gewissenlose Kreaturen verfügen würdest, die den Dolch für dich führen, hättest du so einen Streich wie den mit Junker Philipp niemals gewagt. Einem Mann von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten, dafür fehlt dir der Mut. Man merkt eben, dass deine Mutter eine wertlose Leibeigene war, die man einmal benutzt und dann vergisst.«
    Graf Konrad lauerte auf eine unbedachte Reaktion seines Bruders. Allzu gern hätte er sein glattes Gesicht mit einer Schramme versehen.
    Der Magister las den Wunsch seines Bruders von dessen Augen ab und zog sich bis an die Tür zurück. »Ich überlasse dich deinem Schweinebraten, Bruder, denn ich habe zu tun.«
    Er verabschiedete sich mit einer angedeuteten Verbeugung und trat auf den Flur hinaus. Einerseits ärgerte er sich über die Arroganz und die geistige Plumpheit seines Halbbruders, andererseits amüsierte er sich auch über ihn. Der Mann war viel zu leichtgläubig. Ihr beider Vater Heinrich hätte sich über die Urkunde gewundert, mit der er seinen Bastardsohn anerkannt haben sollte. Es hatte Ruppert nach dessen Tod nur ein Stück Pergament, eine geschickte Hand und das beizeiten kopierte Siegel des alten Grafen gekostet, um sich in den Stand eines legitimen Sohnes zu setzen. Konrad hatte sich zwar gewundert und geschimpft, die Urkunde jedoch nicht angezweifelt.
    Zu Rupperts Erleichterung hatte er nicht begriffen, dass der Bastard damit vor dem Gesetz sein Erbe geworden war, und ahnte auch nicht, welches Ziel sich Ruppert gesteckt hatte, denn sonst hätte er ihn auf der Stelle umgebracht. Es war nichts weniger als die Herrschaft Keilburg und der Titel des Grafen. Ruppert lächelte in sich hinein. So, wie sein Bruder sich benahm, würde er schon bald am Ziel sein.
    Ein heftiges Klopfen unterbrach seine angenehmen Gedanken.Er schloss die Tür auf, die er an der Treppe zur oberen Etage hatte anbringen lassen, um Lauscher und unliebsame Störungen auszuschließen, und

Weitere Kostenlose Bücher