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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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und schleuderte es hinter ihr her.
    »So ein Miststück«, stöhnte er mit verzweifelter Miene. Marie sah ihm an, dass er sich weit weg wünschte.
    Die Beschließerin winkte nun die kleine Blonde nach vorne und fragte sie aus. Die Frau schien nicht genau zu wissen, was sie antworten sollte, und reagierte auf einige der Fragen so schnippisch, dass Hiltrud Marie grinsend anstieß.
    »Sieht so aus, als würde es doch auf eine von uns hinauslaufen.« Das schien auch die geheimnisvolle Person hinter dem Vorhang zu denken. Sie bekundete ihre Ablehnung mit einem kurzen Ruf, und Giso zahlte die Hure aus. Die Frau sah auf das Geld, das sicher das Mehrfache ihres normalen Liebeslohns betrug, und zuckte spöttisch mit den Achseln.
    »Die wollen doch gar keine von uns mit auf ihre Burg nehmen«, sagte sie zu Marie und Hiltrud. »Gewiss sitzen hinter dem Vorhang ein paar geile Mannsbilder, die sich an unserem Anblick ergötzen wollen. Vielleicht kann der Ritter auch gar nicht mehr. Aber für das Geld kann er von mir noch eine Extravorstellung bekommen.« Sie quetschte einen Furz zwischen den Hinterbacken hervor und bückte sich dann nach ihrem Kleid. Da sah sie, dass Giso zornig die Hand hob, quietschte erschrocken auf und rannte davon.
    »So, und nun zu euch beiden.« Giso war anzusehen, wie wenig es ihm gefiel, dass nur noch Marie und Hiltrud zur Auswahl standen. Doch bevor er weitersprechen konnte, hob Marie die Hand.
    »Zuerst möchte ich etwas klarstellen. Meine Freundin und ich ziehen seit Jahren gemeinsam durch das Land, und wir werden uns auch jetzt nicht trennen. Entweder gehen wir gemeinsam mit euch, oder ihr bekommt keine von uns.«
    Giso schlug mit der geballten Faust in die Hand. »Du bist das unverschämteste Ding, das mir je untergekommen ist.«
    Eine energische Frauenstimme hinter dem Vorhang bremste ihn.
    »Sei still, Giso. Es ist ihr Recht, sich nicht trennen zu wollen.«
    »Wir brauchen aber nur eine Hure für den Herrn«, eilte die Beschließerin Giso zu Hilfe. »Ein zweites Weibsstück dieser Art macht uns nur die Männer auf der Burg verrückt.«
    Die Dame lachte. »So dumm sehen die beiden nicht aus. Ich glaube, die können wir im Zaum halten.«
    Der Vorhang öffnete sich, und eine Frau trat heraus. Sie war so groß wie Marie, aber gewiss schon Mitte zwanzig und trug ein weites, besticktes Kleid, das ihren von der Schwangerschaft gerundeten Leib nicht mehr verbergen konnte. Ihr Gesicht war weder hübsch noch hässlich, wirkte aber angenehm und freundlich, und ihre langen, blonden Flechten verliehen ihr ein hoheitsvolles Aussehen.
    »Ich bin Mechthild von Arnstein«, stellte sie sich vor. »Wie ihr seht, bin ich guter Hoffnung und muss das Bett meines Gemahls bis nach der Niederkunft meiden. Ich will meinen Gemahl den Winter über jedoch nicht ohne Beischläferin lassen.«
    Hiltrud sah sie verständnislos an. »Da sucht Ihr eine Hure für Euren Gemahl? Eine Bauernmagd wäre viel billiger.«
    »Mein Gemahl mag kein zappelndes Ding im Bett, das vor Angst fast vergeht, sondern eine gesunde, kräftige Frau, die ihm Freude spenden kann.«
    »Wenn Ihr eine kräftige Frau sucht, dann nehmt meine Freundin Hiltrud. Sie ist sehr stark.« Dafür erntete Marie einen bitterbösen Blick ihrer Freundin.
    Um die Mundwinkel der Edeldame zuckte es belustigt. »DeineGefährtin ist eine ansehnliche Erscheinung. Nur besitzt mein Gemahl … hm, sagen wir einmal: keine Reckengestalt. Er würde es wohl kaum gutheißen, wenn ich ihm eine Gespielin zuführe, die größer ist als er. Aber du gefällst mir. Darum habe ich dich ausgewählt.«
    Marie hob abwehrend die Hände. »Mich?«
    »Was ist daran so verwunderlich?«, fragte die Dame lächelnd.
    »Du bist außergewöhnlich hübsch und nicht auf den Mund gefallen.«
    »Das ist sie wahrlich nicht«, setzte Giso säuerlich hinzu.
    Marie wand sich innerlich. Irgendetwas schien ihr nicht zu stimmen. »Warum sucht eine Dame wie Ihr eine Hure für Euren Gemahl? Das ist doch keine Aufgabe für eine christliche Ehefrau.«
    »Das geht dich nichts an, Mädchen«, fuhr die Beschließerin auf. Ihre Herrin winkte ihr, zu schweigen. »Ich wünsche Harmonie in meinem Haushalt. Dazu gehört auch, dass mein Gemahl nicht knurrig herumläuft, nur weil er sich nicht als Mann beweisen kann. Ich dulde es aber auch nicht, dass er sich an meine Mägde heranmacht, wie mein Vater es tat. Jedes Mal, wenn meine Mutter schwanger war – und das war sie oft –, holte er sich eine ihrer Mägde ins Bett. Die

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