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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Knechte um ihre Zelte herumstreichen.«
    »Du denkst wohl, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul«, spottete Marie. »Mehr als ein paar Pfennige werden für uns nicht herausspringen, sage ich dir. Aber vielleicht reicht es ja für eine Extrabratwurst.«
    Hiltrud legte den Kopf schief. »Wenn du weiterhin so viele Bratwürste vertilgst, wirst du bald so fett werden wie Berta.«
    »Ich?« Dabei strich Marie mit beiden Händen ihr Kleid glatt, damit Hiltrud ihren flachen Bauch sehen konnte. »Wo siehst du da Fett?«
    Hiltrud sah sie feixend an. »Ich sagte ja nicht, dass du jetzt schon Fett ansetzt, aber wenn du das Zeug weiterhin so in dich hineinschlingst, wird es nicht mehr lange dauern. Noch einmal zu diesem Giso: So schlecht wäre es wirklich nicht, den Winter über vorsorgt zu sein. Du weißt, welche Probleme wir im vorletzten Jahr hatten, als man uns nach dem ersten Schnee aus der Hütte gejagt hat. Hätten wir nicht Glück gehabt und die verlassene Kate gefunden, wäre es uns schlecht ergangen.«
    »Es wird aber nur eine von uns auf dieser Burg, wie hieß sie gleich wieder … ?«
    »Arnstein«, half Hiltrud aus.
    »… auf Burg Arnstein überwintern können. Die andere müsste sich den Winter über den Gauklern anschließen, mit denen wir heuer gezogen sind, und der Preis wäre mir zu hoch. Wenn wir zu zweit sind, bieten die jungen Männer uns noch das eine oder andere Geldstück für unsere Dienste. Mich allein würden sie ohne Gegenleistung benutzen.«
    »Ohne dich würde ich niemals auf diese Burg gehen«, erklärte Hiltrud mit Nachdruck. »Außerdem glaube ich eher, dass dieser Giso sich für dich entscheiden wird. Ich dürfte etwas zu groß für seinen feinen Herrn sein.«
    »Pah, ich gehe nicht dorthin.« Marie hob die Nase hoch, schob das Kinn vor und führte noch ein halbes Dutzend Gründe an, weshalb eine Burg sich nicht als Platz zum Überwintern eignete.Wie sie gehört hatte, waren diese Gemäuer bis auf die Räume der Burgdame kalt und zugig und wurden überdies von armen Verwandten, Gesinde und Kriegsleuten bevölkert, die des Nachts in allen Hallen und Gängen auf schnell ausgebreiteten Strohschütten schliefen. Eine Hure würde dort keinen Augenblick Ruhe finden.
    Hiltrud hörte sich Maries Bedenken eine Weile an und winkte dann ab. »Also, das glaube ich nicht. Kein Soldat würde es wagen, die Bettgespielin seines Herrn auch nur schief anzusehen. Eine Tracht Prügel wäre das Mindeste, was der Bursche zu erwarten hätte.«
    Marie widersprach, und so entspann sich eine angeregte Diskussion, bei der jede von ihnen ihren Standpunkt bis zum Äußersten verteidigte. Dabei verging die Zeit so rasch, dass die beiden Frauen überrascht aufsahen, als ein Soldat mit dem auffliegenden Falken des Arnsteiners auf der Brust vor ihnen stehen blieb und ihnen befahl, mit ihm zu kommen.
    Berta und die anderen Huren drängten sich bereits um das von Giso benannte Zelt. Marie sah Hiltrud fragend an und stand auf ihr Nicken mit einer unwilligen Miene auf.
    »Wenn wir schon so freundlich eingeladen werden, kommen wir halt mit«, sagte sie zu dem Soldaten. Der reagierte nicht auf ihre Worte, sondern sah so angewidert drein, als müsse er zwei Verbrecherinnen zum Verhör abführen.
    Das Zelt des Arnsteiners war relativ groß, besaß aber keine jener modischen Verzierungen, mit denen die Zelte anderer Herren von Stand reichlich geschmückt waren. Es trug weder wappenbestickte Windabweiser oder Sonnendächer, noch waren die Seitenwände bunt bemalt. Im Grunde war es nur ein großer, quadratischer Würfel aus festem Leinenstoff mit einem sanft geneigten Dach, das bei Regen das Wasser ablaufen ließ. Auch der Eingangsbereich war völlig schmucklos. Die Plane vor dem Eingang war mit Lederbändern aufgebunden und gab den Blickin das Innere des Zeltes frei, dessen letztes Drittel noch einmal durch einen Vorhang abgetrennt worden war.
    Giso stand neben dem Zelteingang und musterte die Schar Huren, die von seinen Männern zusammengetrieben worden waren, mit sichtlichem Abscheu. Eine ältere Frau in der strengen Tracht einer Beschließerin trat gerade heraus, warf einen finsteren Blick auf die schwatzenden Frauen und winkte den Männern, sie hineinzulassen.
    Marie ließ den anderen den Vortritt, stellte sich dann neben den Eingang und beobachtete den Vorhang im Hintergrund. Neugierig fragte sie sich, wer sich dort aufhalten mochte. Der Stoff bewegte sich mehrmals, und hie und da öffnete sich ein Spalt, als ob jemand

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