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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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übernachtet. Dabei hatte sich Maries Vorurteil voll und ganz bestätigt. Die Burgen der Rittergeschlechter waren tatsächlich zugig, kalt und feucht und wimmelten von Menschen. Sie konnte nur hoffen, dass Mechthild sie nicht mit den Hausmägden in der Küche oder im Gang zum Brunnen schlafen ließ, sondern sie wenigstens in eine der ungeheizten Kammern einquartierte, in der die Leibmägde hausten. Nach allem, was sie bisher gesehen hatte, würden Hiltrud und sie es in diesem Winter lange nicht so bequem haben wie in der alten Kate, die sie im letzten Jahr gefunden hatten. Marie seufzte bei dem Gedanken an die dicke Schicht trockenen Laubes auf dem Boden und die Feuerstelle, die sie mit Gras und Reisig ständig in Gang gehalten hatten, um kochen zu können und es gemütlich warm zu haben.
    Plötzlich schreckte sie aus ihren düsteren Betrachtungen hoch, denn Hiltrud hatte sie mit dem Fuß angestoßen.
    »Was ist los?«
    Hiltrud deutete auf die Soldaten, die den Zug eskortieren. Die Männer hatten die Schnallen an ihren Rüstungen festgezogen und hielten ihre Waffen bereit.
    Nicht weit vor ihnen führte die Straße über eine schmale Holzbrücke. Dort hatten mehrere Dutzend Reisige Stellung bezogen und beabsichtigten ganz offensichtlich, den Arnsteinern den Weg zu versperren. Als die Wagen näher kamen, konnte Marie das Wappen auf der Brust der Männer erkennen. Es war ein roter, zinnenbewehrter Turm, über dem ein schwarzer Eberkopf schwebte. Sie kannte das Zeichen, wusste es aber nicht zuzuordnen. Das war nicht ungewöhnlich, denn sie hatte auf ihren Wanderungen schon viele unterschiedliche Wappenschilder auf der Brust von Dienstmannen und Reisigen hoher Herren gesehen. Doch beim Anblick dieses Wappens stellten sich ihr die Haare auf, und sie wusste nicht, warum.
    Kurz vor der Brücke befahl Giso den Wagenlenkern anzuhalten und ließ seinen Braunen ein Stück auf die Wegelagerer zutraben. Er blieb so knapp vor dem vordersten Krieger stehen, dass der Kopf seines Pferdes den Mann beinahe berührte.
    »Macht sofort den Weg frei!«, schnauzte er die Leute an.
    »Warum sollten wir?«, antwortete der Anführer der Reisigen herausfordernd. »Damit du es weißt: Arnsteiner Gesindel hat auf diesem Land nichts mehr zu suchen.«
    Giso schob das Kinn vor. »Das ist Ritter Otmars Land, und da haben Keilburger Lümmel nichts verloren.«
    Gisos Stimme übertönte das Muhen der unruhig stampfenden Ochsen und hallte in Maries Ohren wie ein Echo. Sie schluckte und presste die Hand auf ihr zuckendes Herz, denn jetzt wurde ihr klar, wo sie das Wappen zum ersten Mal gesehen hatte. Ruppert hatte es auf seinem Ring getragen. Es war das Symbol seines Vaters Heinrich von Keilburg. In seinem Bemühen, die Großartigkeit ihres Bräutigams zu unterstreichen, hatte ihr Vater viel über den Grafen erzählt und dabei erwähnt, dass die Stammburg von Rupperts Vater früher einmal Keilersburg genannt worden war. Heinrich hatte den Namen anlässlich seiner Ernennung zum Reichsgrafen in Keilburg umgeändert. Nun war Marie auf die Antwort des Keilburger Anführers gespannt.
    »In welchen Einöden hast du dich denn herumgetrieben? Jedermann weiß inzwischen, dass Graf Otmar seinen Besitz meinem Herrn, dem Grafen Konrad, vermacht, der Welt entsagt und sich in ein Kloster zurückgezogen hat.«
    Giso lachte hart auf. »Das ist auch eines jener Märchen, die Euer Herr in die Welt zu setzen pflegt. Wenn Ritter Otmar tatsächlich ins Kloster gegangen ist, gehört sein Land nun meinem Herrn, denn Ritter Otmar hat einen Erbvertrag mit ihm geschlossen und darf seinen Besitz niemand anderem übereignen.«
    »Anscheinend doch«, erklärte der Keilburger ungerührt. »Auf alle Fälle ist der Anspruch meines Herrn verbrieft und gesiegelt.Friedrich von Zollern, der neue Bischof von Konstanz, und Abt Hugo von Waldkron haben den Vertrag als Zeugen unterschrieben, und der Kaiser selbst hat ihn gutgeheißen.«
    Giso machte Anstalten, dem anderen an die Kehle zu gehen, doch angesichts der blankgezogenen Schwerter der Keilburger Söldner hielt er sich zurück. »Das ist eine Lüge! Los, macht sofort den Weg frei. Ich muss meine Herrin nach Hause bringen. Sie ist guter Hoffnung und wird keinen weiten Umweg über schlechte Straßen durchstehen.«
    Der Anführer der Keilburger lachte höhnisch. »Dann soll sie nächstens zu Hause bleiben, wie es sich für eine anständige Frau gehört. Ihr kommt hier nicht durch, es sei denn, du steigst von deinem hohen Ross und bittest mich

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