Die Wanderhure
auf Knien, für deine Herrin eine Ausnahme zu machen.«
Gisos Kopf lief glutrot an, und er hob sein Schwert. Seine Männer schlossen zu ihm auf, und für einige Augenblicke sah es so aus, als würde es zu einem Handgemenge kommen. Da die Keilburger Gisos Leuten dreifach überlegen waren, befürchtete Marie das Schlimmste. Doch da schwang der Vorhang zurück, der den Reisewagen verschloss, und Mechthild von Arnstein steckte den Kopf heraus.
»Zurück, Giso! Ich dulde keine bewaffnete Auseinandersetzung ohne Fehdebrief, und ich werde keine guten Männer opfern, ohne zu wissen, was wirklich geschehen ist. Komm, wir drehen um und suchen uns einen anderen Weg. Du aber, Keilburger …«, wandte sie sich an den Anführer der anderen, »… kannst deinem raffgierigen Herrn sagen, dass wir Arnsteiner unser Recht verteidigen werden.«
Giso schüttelte sich, als hätte man ihn mit eiskaltem Wasser übergossen. »Herrin, wir können doch nicht wie geprügelte Hunde abziehen. Seht Euch dieses Gesindel an. Sie werden überall herumerzählen, die Arnsteiner wären Feiglinge.«
»Das seid ihr doch auch«, stichelte der Keilburger.
Für einen Augenblick sah es so aus, als würde Giso den Befehl seiner Herrin missachten, doch dann steckte er seine Waffe in die Scheide und befahl seinen Männern, das Gleiche zu tun. Während seine Leute zu den Wagen zurückkehrten, ließ er seinen Braunen langsam rückwärts gehen und behielt die Keilburger im Auge, als befürchte er, sie würden ihm in den Rücken fallen.
»Das wird Euer Herr noch bitter bereuen!«, rief er zuletzt noch hinüber, dann lenkte er sein Pferd an die Seite des Reisewagens und sprach leise auf seine Herrin ein.
Mechthild von Arnstein schüttelte kurz, aber bestimmt den Kopf. »Wir drehen um, Giso, auch wenn es deine Ehre noch so kränkt. Der Keilburger Graf wird dafür bezahlen, das schwöre ich dir.«
Obwohl sie ganz ruhig sprach, schwang eine Willensstärke in ihrer Stimme mit, die Marie Respekt einflößte. Für Mechthild von Arnstein war es keine Schande, an dieser Stelle nachzugeben, sondern Klugheit, und sie wirkte trotz ihres Ärgers ein wenig verschmitzt, so als würde sie über einen Gegenzug nachdenken. Während Giso nur bis zur Spitze seines Schwertes sehen konnte, schien sie weit über den morgigen Tag hinauszuplanen.
Der Burgvogt akzeptierte die Entscheidung seiner Herrin mit einer schon unhöflich knappen Verbeugung und brüllte einige Befehle. Ein Teil seiner Männer begann sofort, die Ochsen auszuspannen, während die übrigen Front gegen die Keilburger machten. Es war ein hartes Stück Arbeit, den Wagenzug auf der schmalen Straße zu wenden, denn der Weg verlief hier zwischen dem Fluss und einem von Teichen durchzogenen Sumpf, in dem die Zugtiere zu versinken drohten. Deswegen mussten die schweren Karren von Hand gewendet werden.
Marie und Hiltrud folgten dem Beispiel der beiden Mägde, die sofort vom Karren herabgesprungen waren und mit anfassten. Mechthild von Arnstein wollte ebenfalls aussteigen, um ihrenMännern die Arbeit zu erleichtern. Doch Giso erlaubte nur Guda, der Beschließerin, den Wagen zu verlassen.
»Herrin, Ihr wollt doch nicht wie eine Bäuerin zu Fuß gehen und den Kerlen dort drüben noch mehr Grund zu Hohn und Spott liefern.«
Guda sprang ihm bei. »Giso hat Recht. Das Keilburger Gesindel macht sich schon genug über uns lustig.«
»Was sind das eigentlich für Leute?«, fragte Marie, als Giso neben ihr anpackte, um den im Schlamm festgefahrenen Karren wieder aufs Trockene zu bringen.
»Herrenlose Söldner und Marodeure, die Graf Konrad von Keilburg in seine Dienste genommen hat.«
»Ich habe von einem Grafen Heinrich von Keilburg gehört«, bohrte Marie nach. Sie war neugierig, ob ihr ehemaliger Bräutigam mit den Leuten an der Brücke und deren Herren zu tun hatte.
Giso schien froh zu sein, jemanden zu haben, bei dem er sich den Ärger von der Seele reden durfte. »Heinrich war der Vater des jetzigen Grafen. Als ihn letztes Jahr Gott sei Dank der Teufel holte, waren wir alle sehr erleichtert und dachten, es würde nun alles besser werden. Doch der junge Keilburger ist noch raffgieriger und skrupelloser als der alte. Jetzt versucht er sich den Besitz Ritter Otmars von Mühringen unter den Nagel zu reißen. Doch an diesem Bissen wird er sich verschlucken, das schwöre ich dir.«
Er holte tief Luft und gab dem Wagen einen letzten Stoß, so dass die Männer die Ochsen wieder anspannen konnten. Da Marie ihn immer noch
Weitere Kostenlose Bücher