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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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hättet ja auch nicht geduldet, wenn Euer Onkel Euch seinen Besitz vermacht hätte und ein anderer Nachbar diesen Anspruch mit einem älteren Testament bestreiten würde.«
    Ritter Dietmar neigte unwillkürlich den Kopf, als wollte er zustimmen, hob aber dann das Kinn. Ruppert hatte es trotzdem bemerkt und lächelte. »Warum akzeptiert Ihr die Situation nicht so, wie sie ist? Nehmt die Hand an, die mein Bruder Euch in Freundschaft entgegenstreckt, und verbündet Euch mit ihm. Im Gegenzug überlässt Euch Graf Konrad Burg Felde und ein Drittel des Landes, das einst Ritter Walter gehörte. Der Grund würde Euren Besitz besser abrunden als der Besitz Eures Onkels.«
    Marie spürte die beinahe hypnotische Kraft, die Ruppert in seine Worte legte, und glaubte für einen Moment, Ritter Dietmar werde dem Angebot erliegen.
    Das schien auch Frau Mechthild anzunehmen, die lautlos nebenMarie aufgetaucht war. »Das wird mein Gemahl niemals tun!«, rief sie hinab. Bevor Marie aufspringen konnte, spürte sie, wie sich die Hand der Burgherrin in ihre Schulter krallte.
    »Du wirst mir später einiges zu erklären haben, Hure!«, raunte sie ihr zu, ohne die Lippen zu bewegen oder ihren Mann und den Magister aus den Augen zu lassen.
    Da keiner der beiden Männer ihr antwortete, wandte sie sich Ruppert zu. »Sage deinem Bruder, dass Arnstein sich niemals vor ihm ducken wird. Auf dieses Angebot einzugehen wäre schändlich. Wir bestehen auf unserem Recht und werden es uns erkämpfen.«
    Rupperts Gesicht wurde für einen Augenblick dunkel vor Zorn. Dann aber hob er das Weinglas, als wolle er eine spöttische Miene dahinter verstecken, und sah den Ritter über den Rand hinweg an. »Also stimmt es, was man von Euch erzählt, Ritter Dietmar. Euer Weib hat hier die Hosen an und führt Euch am Gängelband.«
    Für einen Augenblick wirkte der Burgherr wie ein begossener Pudel. Dann krachte seine Faust auf den Tisch. »Das darf mir keiner ungestraft ins Gesicht sagen, am wenigsten der elende Bastard eines noch elenderen Vaters. Verschwinde, Bursche, sonst lasse ich dich durch meine Diener hinauswerfen.«
    Das hatte der Magister nicht erwartet. Seine Augen irrten zwischen dem Ritter und dem Testament hin und her, und unwillkürlich streckte er seine Hand nach dem mit mehreren Siegeln versehenen Pergament aus.
    Der Burgherr nahm das wertvolle Schriftstück an sich. »Das hättest du wohl gerne, du Hund! Deine Reaktion zeigt mir, dass ich vor dem Gericht des Kaisers gute Chancen habe, mein Eigentum ohne einen Schwertstreich zu erlangen.«
    »Das werden wir ja sehen!«, zischte Ruppert, sprang auf und verließ grußlos den Saal.
    Ritter Dietmar schenkte ihm keinen weiteren Blick, sondern sahzu seiner Gemahlin hoch und schüttelte den Kopf. »Du treibst ein gefährliches Spiel, Weib. Was ist, wenn das Friedensangebot des Keilburgers ernst gemeint war?«
    »Hättest du es angenommen, wärst du unseren Nachbarn in den Rücken gefallen. So ein Übereinkommen würden dir deine Freunde mit Recht als Verrat auslegen. Dann ständen wir ohne Verbündete da, und du wärst auf Gedeih und Verderb Graf Konrads Gnade ausgeliefert.«
    »Aber ich hätte Burg Felde und ein schönes Stück Land dafür bekommen …«
    »Das kann dir Konrad von Keilburg jederzeit wieder nehmen, ohne dass jemand einen Finger für dich rührt. Nein, Dietmar, wir besitzen kaum mehr als unseren ehrlichen Namen, und den dürfen wir nicht für ein Linsengericht aufs Spiel setzen.«
    »Weib, ich fürchte, du hast wieder einmal Recht! Aber jetzt brauche ich erst einmal frische Luft, um das zu verdauen.« Dietmar von Arnstein schnaufte tief durch, trank den Rest seines Weines aus und verließ mit hängenden Schultern die Halle. Frau Mechthild sah ihm kopfschüttelnd nach, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Dann starrte sie Marie an, als überlege sie, sie auf der Stelle ins Verlies werfen zu lassen.
    »So, und jetzt zu dir, Hure. Warum spionierst du hinter meinem Gemahl her? Soviel ich weiß, war das nicht das erste Mal. Was hast du mit Graf Konrad zu schaffen? Schnüffelst du für ihn hier herum?«
    Marie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab, die ihr vor Aufregung über das Gesicht liefen. »Nein, Herrin. Mit dem Keilburger habe ich nichts zu schaffen, aber umso mehr mit seinem sauberen Halbbruder.«
    Frau Mechthild hob verwundert die Augenbrauen. »Was ist mit Magister Ruppertus?«
    Marie stöhnte auf, weil sich die Hand der Burgherrin schmerzhaft in ihre Schulter

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