Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
der Köchin direkt in die Arme zu laufen. Eine große Rührschüssel in Konstantias Arm begann bedenklich zu schwanken. Annelies griff danach und spürte im selben Moment den Ellbogen der Köchin in ihren Rippen.
»Nichts da, freches Ding!«, schnaubte die Köchin. »Finger weg vom Teig.«
Sie schubste die Zofe zur Seite und walzte an ihr vorbei, während sie quer durch die Küche grölte: »Eier, Magda, ich brauche Eier!«
Schon im nächsten Augenblick wirbelte Konstantia herum und musterte Annelies mit ihren wässrigen Schweinsäuglein, während sie auf die weißliche Masse in der Schüssel mit dem Kochlöffel eindrosch, als stecke ein Dämon darin. »Und du, Mädchen! Steh da nicht rum! Schäl die Steckrüben.«
Annelies quetschte sich an den dicht gedrängt arbeitenden Küchenmägden und -jungen vorbei, bis sie zu dem Tischchen kam, auf dem der Korb mit den Rüben stand. Die Zofe griff nach dem Messer und angelte nach einer Wurzel. Das Gemüse war so frisch, dass sich die Erde daran noch klebrig anfühlte, und es duftete, dass ihr das Wasser im Mund zusammenlief. Annelies fragte sich, wo man um diese Jahreszeit so frisches Gemüse herbekam, aber es blieb ihr keine Zeit, um nachzufragen. Magda schlüpfte atemlos neben sie. Das Mädchen wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Was ist los?«, flüsterte Annelies.
Magda wies mit dem Kinn zur Köchin. »Heute ist sie besonders unausstehlich.«
»Das wird schon, wenn die Herrschaften das Essen loben.«
»Hoffentlich.« Magda zeigte Annelies ihre rot verquollenen Hände. Ein tiefer Schnitt zog sich quer über den Daumen. »Sie hat mir eine Kopfnuss verpasst, weil sie der Meinung war, ich würde die Schale zu großherzig herunterschneiden. Da rutschte das Messer aus.«
»Arme Magda«, tröstete Annelies. »Und – hast du ihn schon gesehen?«
Magda tat so als habe sie keine Ahnung, von wem ihre Freundin sprach. »Wen?«
»Du weißt schon, Matthias. Seine Herrschaft stand vorhin im Saal, im eifrigen Gespräch mit dem Herrn DeCapella.«
»Na, was die wohl zu bereden hatten? Vielleicht bezahlt der Truchsess endlich seine Schulden? Fragt sich nur, wovon?«
»Was redest du da? Die Brennberger sind reiche Leute, Lehnsherren des Bischofs. Die holen es sich doch von ihren Bauern.«
»So ein schlaues Mädchen und weiß doch nicht, dass das Land der Brennberger karg ist und ihre Leibeigenen kaum genug haben, um selbst über den Winter zu kommen. Tja, und die Erlaubnis, die Wälder zu nutzen, verwehrt ihnen der Bischof bislang.«
»Woher weißt du das?«, fragte Annelies misstrauisch. »Hast du’s von ihm?«
»Vielleicht, vielleicht auch von einem anderen. Ich an deiner Stelle wäre nicht so scharf auf einen Umzug nach Burg Brennberg.«
»Ach, ich bräuchte nicht viel, wenn ich nur mit Matthias zusammen sein könnte. Jetzt sag schon, Magda, weißt du, ob er hier ist?«
»Natürlich. Und ich hab auch dafür gesorgt, dass du ihn zu Gesicht bekommst. Wir beide werden nachher die Speisen für die Kutscher auftragen, was sagst du dazu?«
Annelies stieß einen Jauchzer aus, was sofort die Köchin auf den Plan rief. »Was habt ihr da zu tuscheln, törichte Trakken? Schaut lieber, dass das Gemüse flugs im Topf landet. Sonst geht ihr heute mit hungrigen Mägen ins Bett.«
Die Mädchen zogen die Köpfe ein und machten sich eifrig an die Arbeit. Und die ging ihnen nicht aus, bis den Herrschaften die Nachspeise aufgetragen wurde. Wenigstens besserte sich die Laune der Köchin mit jedem Gang.
»Warte, Schätzchen«, hielt sie Annelies zurück, als sie nach einer der Schüsseln für die Stallknechte greifen wollte. Sie drückte dem Mädchen die Reste der Süßspeise in die Hand, gab einen großzügigen Löffel Honig darüber und zwinkerte der Zofe verschwörerisch zu.
»So schindest du bei deinem Hübschen Eindruck, meine Süße!«
Die Zofe senkte verlegen den Blick und huschte Richtung Küchenausgang. Offenbar hatte sich Annelies’ Schwärmerei für Matthias bereits herumgesprochen.
»Magda, kannst du nicht einmal etwas für dich behalten?«, raunte sie ihrer Freundin wütend zu, die einen Krug Bier schleppte. Die grinste und erwiderte: »Lass uns tauschen. Nach allem, was ich bis jetzt mitbekommen habe, findet flüssige Nahrung besseren Anklang bei den Knechten. Ich bring das zu Peter und den anderen Jungen.«
»Meinst du nicht, die Männer wollen auch ein bisschen Süßkram?«
»Pass lieber auf, dass die Kerle dich nicht vernaschen!«
In der Stube für die
Weitere Kostenlose Bücher