Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
Vom Netzwerk:
doch Platz, Pater …?«
    »Augustus«, ergänzte der Priester, »und auch Euch Gottes Segen.«
    »Ich werde Eure Zeit nicht lange in Anspruch nehmen«, erklärte Heinrich, dem es endlich gelungen war, dem Lederriemen seinen Willen aufzuzwingen, und der nun in die Stiefel schlüpfte. »Es sind nur wenige Zeilen, um die ich Euch bitte.«
    Der Priester hatte mittlerweile sein Schreibzeug ausgebreitet, leckte vorsichtig am Federkiel und roch an der Tinte. »An wen ist das Schreiben denn gerichtet?«
    »An Sergio DeCapella, und es sollte gleich nach seiner Fertigstellung von einem Boten überbracht werden. Das Haus dürfte Euch bekannt sein.«
    »In der Tat. Das Handelshaus ist ein großer Gönner unseres Minoritenordens.«
    »Freut mich zu hören, das zeugt von guter christlicher Gesinnung und einem wohltätigen Herzen.«
    »Und was soll ich zu Papier bringen, Herr Heinrich?«
    »Nicht mehr, als dass ich um ein Treffen ersuche in einer Angelegenheit, die keinen Aufschub duldet.«
    Die Feder des Priesters kratzte über das Papier, während der Schreiber keine Miene verzog.
    »Ist das alles?«, fragte er, als er geendet hatte.
    Heinrich nickte. Der Priester wirkte enttäuscht.
    »Der Bote möge warten und die Antwort gleich mitbringen«, schloss Heinrich lediglich, da sich genau in diesem Moment glücklicherweise auch der Bader einstellte. Er unterzeichnete rasch und ließ das Schreiben vor seinen Augen siegeln.

*
    Vaclav beobachtete nervös, wie die Kräuterfrau Arigund untersuchte. Die Frau war hochschwanger und nur für doppelte Bezahlung bereit gewesen, den Weg in das Gasthaus auf sich zu nehmen.
    »Und? Was ist jetzt?«, fragte er ungeduldig.
    Ohne ein Wort zu sagen, streckte ihm die Heilerin fordernd ihre Hand entgegen. Er war versucht, sie wegzuschlagen und das Weib so lange zu schütteln, bis es ihm freiwillig Antwort gab. Verächtlich spuckte der Räuber vor der Heilerin aus. Ohne auf die Provokation einzugehen, meinte die Frau nur: »Erst der versprochene Lohn.«
    Ärgerlich drückte Vaclav ihr das Geldstück in die Hand. Die Frau nahm es und prüfte es eingehend. Dann nickte sie. »Das Fieber hat deinen Freund stark geschwächt. Zudem ist er ausgezehrt, aber es könnte gut gehen. Er ist noch jung.«
    »Sprich verständlich, Weib!«, fauchte Vaclav.
    »Koch Tee aus diesen Kräutern, und mach Wadenwickel! Mehr kann man nicht tun. Die Natur muss sich selber helfen.«
    »So viel hab ich auch ohne deine gut bezahlte Hilfe gewusst«, grollte Vaclav.
    Die Frau wandte sich zum Gehen. Vaclav versperrte ihr den Weg. »Bleib gefälligst, und tu was für dein Geld!«
    Er deutete auf die Schüssel mit dem kalten Wasser und den Tüchern.
    »Mach du das!«, blaffte er gebieterisch. »Ich besorg den Kräuteraufguss.«
    Die Frau versuchte zu protestieren, schloss aber den Mund, als sie sah, wie Friedl sein Messer zog und es demonstrativ auf seinen Schenkel legte. Ergeben wandte sie sich ihrer Arbeit zu. Irgendwann würde der Wirt heraufkommen und sie erlösen. So jedenfalls war es mit ihm abgesprochen, denn sie hatte diesen Männern vom ersten Moment an nicht getraut. Das hier war eine üble Gegend, und diese beiden Männer würden nichts dazu beitragen, ihren Ruf zu verbessern. Hoffentlich ließ der Wirt sich nicht allzu viel Zeit. Doch ihre Erwartungen wurden enttäuscht. Niemand kam, sie auszulösen. Nicht einmal Vaclav kehrte mit dem versprochenen Tee zurück.

*
    Von Unruhe getrieben, verließ Vaclav die Spelunke, nachdem er mit zwei weiteren Geldstücken dafür gesorgt hatte, dass die Kräuterfrau heute keine weiteren Patienten mehr aufsuchen würde. Langsam wurde es Zeit, dass sein Eselchen ein bisschen Gold ausspuckte. Es war mittlerweile stockfinster, obwohl noch nicht einmal die Stunde des Nachtmahls angebrochen war. Doch das kam Vaclav gerade recht. Er zog die Kapuze seines Mantels tief übers Gesicht und schlug den Weg zur Fernhandelssiedlung ein. Noch immer waren zahllose Menschen unterwegs, doch ihre Gesichter wirkten verschlagener als am Nachmittag. Vaclav war nicht der Einzige, der geduckt durch die schmalen Gassen zwischen den Häusern huschte und dort laut protestierende Ratten aufschreckte.
    Der Räuber hatte sich den Standort des Kaufmannshauses genau gemerkt, auch die Seitenstraße, in der sich die kleine Tür befand, die in einen gepflegten Garten führte. Vorhin hatte er einige Kinder dort spielen sehen. Der Anblick hatte ihn auf eine Idee gebracht. Er würde sich eines der Kinder bemächtigen, keines

Weitere Kostenlose Bücher