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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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flüsterte: »Wisst Ihr, was das Beste daran ist, nicht verheiratet zu sein?«
    Heinrich zog fragend die Augenbrauen zusammen.
    Pavels Antwort ließ nicht lange auf sich warten: »Die Vorstellung, man könnte jede von ihnen haben.«
    Er lachte laut und schlug sich dabei auf seinen Schenkel. Heinrich deutete ein Grinsen an, um nicht unhöflich zu wirken. Sie erreichten die Altstadt, und erst hier schien sich Prags Wohlstand wirklich zu zeigen. Je näher die Reiter der Residenz des Königs kamen, desto prächtiger wurden die Patrizierburgen und umso ehrgeiziger ihre Bauherren. Türmchen und Zinnen, kleine Erker und andere architektonische Verzierungen schmückten überreich die Domizile und zeugten vom Reichtum ihrer Bewohner.
    »Man könnte meinen, sie fühlten sich als Herrscher der Stadt«, erklärte Pavel belustigt, während seine Rechte das Schwert streichelte. »Einige leisteten sich sogar den Luxus, die Straße vor dem Haus mit viereckigen Steinen zu versehen. Steine auf die Straßen legen!«, meinte er kopfschüttelnd. »Man könnte meinen, die Herren Kaufleute wüssten mit ihrem Geld nichts Besseres anzufangen.«
    »Pflaster nennt man das«, merkte Heinrich an. »Sie kennen es von den alten Römerstraßen.«
    Pavel zuckte mit den Schultern. »In jedem Fall ist es jetzt im Winter für die Pferde angenehmer als dieser elende Schlamm, deshalb reiten wir gerne in Häusernähe.«
    »Dann muss man aber aufpassen, nicht versehentlich mit Unrat überschüttet zu werden.«
    »Ganz im Gegenteil«, verbesserte Pavel. »Den Unrat lassen die Herrschaften freundlicherweise in die Gasse auf der Rückseite der Häuser kippen. Was uns viel mehr Kopfzerbrechen bereitet, ist die Unsitte der Patriziersprösslinge – allesamt verzogene Bengel ohne Erziehung und Anstand –, zu jeder Tagesund Nachtzeit Rennen auf der Straße abzuhalten. Man ist seines Lebens nicht mehr sicher! Unser König sollte da wirklich einmal härter durchgreifen, wenn es schon der Rat nicht tut.«
    Heinrich nickte ohne wirkliche Anteilnahme. Wenn die Stadt sonst nichts zu regeln hatte, war sie wahrhaftig gut dran. Vielleicht sollte man sich hier niederlassen, eine Familie gründen und Geschäften nachgehen? Heinrichs Gedanken flogen zu Arigund. Ob sie die Frau an seiner Seite werden konnte? Er bewunderte nicht nur ihr musikalisches Talent, ihre Stärke, ihren Mut. Welche beschützt aufgewachsene Bürgerstochter hatte schon das Zeug dazu, eine solche Entführung zu überleben? Die meisten wären schon in den ersten Tagen gestorben oder hätten sich aus purer Verzweiflung das Leben genommen. Die Reiter erreichten König Ottokars Residenz. Hatte Heinrich schon in der Stadt große Augen bekommen, kam er jetzt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Burg des Regenten ließ sich mit nichts vergleichen, was der Sänger jemals zu Gesicht bekommen hatte. Sie thronte erhaben über der Stadt, mit Mauern so dick, dass sie nicht einmal die Trompeten Jerichos zum Einsturz hätten bringen können. Das mächtige Tor wurde von armdicken Beschlägen gesichert, gegen die ein Gegner bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag anrennen konnte, ohne das Geringste auszurichten. Heinrich blieb nicht die Zeit, sich in Ruhe umzusehen. In flottem Trab erreichten sie den inneren Hof, wo sie ihre Pferde den Knechten überließen. Pavel flüsterte einem Domestiken etwas ins Ohr und führte anschließend den Sänger höchstpersönlich durch ein Gewirr von Gängen zu einem Wohnturm. Sie kletterten die hölzernen Stiegen hinauf zu einem aufs Angenehmste ausgestatteten Raum, in dem bereits ein frisch entfachtes Feuer brannte.
    »Verzeiht, dass wir Euch vorerst nicht im Haupthaus unterbringen, Herr Heinrich. Das wird sicher noch geschehen, sobald unser König Ottokar es befiehlt. Nehmt so lange mit dieser bescheidenen Bleibe vorlieb.«
    Pavel wies mit dem Kinn auf einen jungen Mann, der hinter ihnen erschienen war.
    »Nicolaus ist angewiesen, Euch jeden Wunsch von den Augen abzulesen.«
    Heinrich deutete eine Verbeugung an, lächelte und meinte höflich: »Bitte richtet dem König aus, dass ich mich sehr glücklich schätze, seine Gastfreundschaft genießen zu dürfen.«
    Pavel strahlte und antwortete ebenfalls mit einer Verbeugung: »Erlaubt, dass ich mich nun zurückziehe. Mich rufen die Pflichten, aber ich hoffe, Euch zum Nachtmahl an meiner Seite zu sehen.«
    Kaum hatte Pavel den Raum verlassen, als Nicolaus auch schon begann, seinem neuen Herrn aus Mantel und Stiefel zu helfen. Die Sachen waren von

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