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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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beschloss die Zofe, selbst zum Münchstein zu gehen.
    Der Hof war voll von Menschen und vom Geruch schweißnasser Pferde, denen man den Hafersack vor die Mäuler gebunden hatte. Annelies’ Herz klopfte schneller. Der Geruch der Tiere erinnerte sie an den Knecht und ließ sie nach einem roten Haarschopf Ausschau halten. Einmal entdeckte sie einen, doch er gehörte nicht Matthias. Enttäuscht eilte Annelies weiter, wobei sie den umtriebigen Stallburschen ständig ausweichen musste und wie von unsichtbarer Hand gelenkt immer näher zum Pferdestall gelangte. Die Tür stand weit offen. Ein Pferd kreischte schrill, und der Stallmeister brüllte: »Verdammt, nun schaff den Hengst in den Stall, Bursche! Oder willst du den Ochsenziemer selbst fühlen?«
    Das Wiehern ging in ein wütendes Schnauben und Stampfen über. Eine Tür schlug zu, ein Huf knallte dagegen. Annelies drehte sich um und wollte davonhuschen. Prompt prallte sie gegen einen Harnisch. Sie murmelte eine Entschuldigung und wollte sich vorbeidrücken, wurde jedoch von harter Hand am Arm gepackt. Sie sah auf und blickte direkt in die funkelnden Augen des jungen Truchsess.
    »Pass doch auf, du Trampel!«, fauchte der und stieß sie grob beiseite. Die Zofe schwankte und rettete den wertvollen irdenen Krug nur, indem sie ihn fest an sich drückte. Der junge Ritter musterte sie.
    »Sieh an …«, brummte er spöttisch, »die freie Bürgerin Regensburgs. Warst du auf der Suche nach mir, kleines Luder?«
    »Nein, hoher Herr«, stammelte Annelies, »verzeiht, ich wollte bloß Wasser holen.«
    »Wasser, ach ja? Im Pferdestall?«
    Das Mädchen senkte den Kopf. Ihr Herz pochte wild. Die Röte stieg ihr purpurn ins Gesicht. Ihre Lüge war so offensichtlich, doch was hätte sie sonst hier wollen können? Wirthos Blick veränderte sich. Ein böses Glitzern trat in seine Augen. Geschickt trieb er sie vor sich her, bis sie in einer Ecke stand und nicht mehr entkommen konnte. Drohend trat er dichter an sie heran.
    »Was treibst du dich hier herum?«, grollte er. »Spionierst du für deine Herrin, oder verführst du mir meine Knechte?«
    Trotz des Dämmerlichtes erkannte der junge Ritter, wie das Mädchen noch röter anlief. Er lag also mit seiner Vermutung richtig. Drohend hob Wirtho die behandschuhte Rechte und schlug zu. Das Mädchen duckte sich geschickt unter seiner Hand weg und entging der Züchtigung. Nun wurden auch andere auf die beiden aufmerksam. Wirtho musste handeln, um nicht das Gesicht zu verlieren. Er packte die Zofe bei den Haaren und zerrte sie zu dem nächsten Zuber. Mit einem Griff hatte er ihn hochgehoben und über Annelies ausgekippt. Das kalte Wasser drang in ihre Nase. Sie begann zu husten. Ein paar Knechte in der Nähe lachten. Wirtho drückte das Mädchen zu Boden und zischte: »Richte deiner Herrin aus, sie soll sich von meinen Pferden fernhalten. Was die Maultiere angeht, so soll sie sich gefälligst mit dem bescheiden, was ihr zuteil wurde! Und du, kleines Miststück, wenn’s dich gar so unter dem Rock juckt, will ich mich gern um dich kümmern – sobald ich Zeit dafür finde.«
    Wirtho trat einen Schritt zurück, musterte sie mit einem eindeutigen Blick. Dann drehte er sich abrupt herum, kickte einen weiteren Wassereimer um, sodass dieser mehrere Fuß weit flog, und verschwand im Stall. Hastig sprang Annelies auf. Die Tränen standen ihr im Gesicht. Sie zog den Kopf ein und rannte los.
    »Annelies, warte!«, hallte Matthias’ Stimme hinter ihr her. Sie aber blieb nicht stehen. Erst kurz vor dem Eingang zum Palas gelang es ihm, sie einzuholen. Er hielt eines ihrer blauen Bänder in der Hand, klitschnass und triefend vor Schmutz.
    »So halt doch an, Liebes.« Sanft nahm er sie am Arm. Die Tränen rannen ihr jetzt in Strömen übers Gesicht.
    »Lass mich«, schluchzte sie, »ich muss mich umziehen.«
    Seine raue Hand wischte ihr die Wange trocken und strich eine Strähne ihres strohblonden Haares aus ihrer Stirn. Dann küsste er einen letzten Wassertropfen von ihrer Nase.
    »Annelies, bist du wegen mir zum Stall gekommen?«
    Das Mädchen antwortete nicht. Matthias nahm das als Bestätigung.
    »Ich habe auch Sehnsucht nach dir und hab die ganze Zeit an dich denken müssen, aber höre zu, zum Pferdestall darfst du nicht kommen! Da herrscht der Herr Wirtho, und dem geh besser aus dem Weg.«
    Annelies nickte mechanisch.
    »Es ist besser für uns beide, weißt du«, setzte der Rotschopf noch nach. Dann schenkte er ihr einen liebevollen Blick. »Aber ich

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