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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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ich fest zu.
    Kaukets Mundwinkel zuckte leicht und für einen Augenblick legte sich seine Stirn in Falten.
    Das gestaute Licht floss ab und das unnatürliche Rot verwandelte sich wieder in ein klares Blau.
    Langsam verringerte ich den Druck und ließ meine Hand schließlich sinken.
    »Gut«, sagte Kauket. »Den Kopfschmerz für dich aufzusparen, war anscheinend eine gute Idee.«
    Ich hörte kaum, was er sagte. Als ich meinen Arm sinken gelassen hatte, hatte etwas anderes meine Aufmerksamkeit erregt: Über meine Haut zogen sich die gleichen leuchtenden Bahnen wie über Kaukets. Und das Geistzeichen des Streuners auf meinem Handgelenk war nicht mehr schwarz, sondern leuchtete im selben blauen Licht wie die Bahnen auf meinem Körper.
    Mein Blick wanderte ein Stück nach oben, dorthin, wo das Zeichen meines Seelengeists lag. Ich riss überrascht die Augen auf.
    Nichts! Ich konnte nichts sehen, nicht einmal die schwarzen Linien, die sich normalerweise unter meinem Handgelenk befanden. Nichts! Als wenn mein Seelengeist gar nicht existieren würde. Was konnte das bloß bedeuten? War es möglich, dass …?
    »Wenn du bereit dazu bist, sieh dir dein Elchenband an«, unterbrach Kauket meine Gedanken.
    Ich blickte auf, dankbar für einen Vorwand, nicht mehr auf die gähnende Leere auf meinem Handgelenk starren zu müssen. Wusste Kauket, was ich gesehen hatte? Hatte auch er das Nichts gesehen, wo mein Geistzeichen leuchten sollte?
    Ich betrachtete mein Elchenband. Die Narben auf meinem Arm leuchteten, als wären auch sie natürlicher Teil der Lichtbahnen auf meinem Körper, aber das war nicht alles. Da war noch etwas anderes oder sollte ich besser sagen, jemand? Das Licht, das durch das Elchenband floss, war zweifarbig, blau, wie auf dem Rest meines Körpers und blutrot. Das blutrote Licht floss nur durch das Elchenband und verließ das verschlungene Muster nicht, das ich mir in die Haut geritzt hatte. Dort, wo das blaue Licht mühelos in eine der natürlichen Bahnen meines Körpers einmündete, stieß das rote Licht gegen eine unsichtbare Barriere, wo es sich kurz staute und wieder zurück in die Bahnen des Elchenbands floss.
    Ich wusste, dass sich an dieser Stelle ein hauchdünner Kratzer befand, von dem ich mich nicht erinnern konnte, wie ich ihn mir eingehandelt hatte. Plötzlich dämmerte es mir.
    Ein heiseres Krächzen kam über meine Lippen und ich zeigte auf Kauket.
    Der Uruku beobachtete mich mit ernster Miene.
    »Ja, ich habe es getan, als ich dich im Wald gefunden habe. Mir blieb nicht viel Zeit. Er war dir schon sehr nahe.« Kauket zeigte auf meinen Arm. »Es hält ihn im Zaum. Schwächt die Verbindung zwischen euch. Nicht für immer allerdings.«
    Ich strich gedankenverloren über das leuchtende Elchenband auf meinem Arm. Ein Teil von Gorman, ein Teil von dem Gorman, der noch nicht das Blut des Kelpis in seinen Adern trug.
    »Jetzt kannst du mit eigenen Augen sehen, was für einen mächtigen Zauber ihr gewirkt habt. Die Verbindung wird stärker mit der Zeit und sie wird erst verschwinden, wenn einer von euch stirbt. Entweder er oder du, Ainwa.«
    In seinen Worten lag eine Endgültigkeit, die mir nicht gefiel. Als könnte es nur auf diese eine Weise enden.
    »Der Trank ist ein sehr wirksamer Heilverstärker. Er wirkt wie zehn Kraftplätze auf einmal, aber er muss sehr, sehr sparsam eingesetzt werden. Du hattest übrigens recht, er ist giftig und dein Körper wird lange brauchen, um das Gift abzubauen. Frühestens nächsten Sommer darfst du wieder davon trinken.«
    Ich warf Kauket einen vorwurfsvollen Blick zu.
    »Du wirst nichts spüren, keine Sorge.«
    Ich schnaubte missbilligend.
    Er streckte seine Glieder und stand auf. Ein Möchtegernlächeln huschte über seine Miene. »Es wird Zeit, deine normale Wahrnehmung zurückzubringen, obwohl ich mich an das Schweigen durchaus gewöhnen könnte …«
    Ich tat so, als wäre ich über diesen Seitenhieb erhaben und erhob mich ebenfalls.
    Kauket schlug das Wisentfell beiseite, das den Hütteneingang verdeckte. Sofort drangen die dichten Dampfschwaden nach draußen und ich spürte einen kühlen Lufthauch auf meiner Haut. Das matte Tageslicht, das hereinfiel, ließ die leuchtenden Bahnen auf seiner Haut blasser erscheinen.
    »Wenn du zögerst«, erklärte er todernst. »Lässt du die nächsten fünf Tage das Essen für uns wachsen.«
    Er rannte in den strömenden Regen hinaus und katapultierte sich mit einem eleganten Kopfsprung in den See. Es fiel mir schwer zu sagen, ob er

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