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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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keine Kranken mehr berühren oder für jemanden Medizin mischen.«
    Ainwa biss sich fest auf die Lippen. »Ich werde niemanden behandeln, der es nicht will«, erklärte sie mit vorgerecktem Kinn.
    Alfanger antwortete nicht, sondern streute neue Beeren auf die Rinde.
    »Was hat … Was hat Gorman gesagt, als er es erfahren hat?«
    »Das spielt keine Rolle.« Alfanger erhob sich langsam und stellte den leeren Tontopf zu den anderen Behältern in der Ecke der Hütte.
    Ainwa ballte die Fäuste.
    »Es ist ein ungerechter Beschluss«, rief sie. »Der Beschluss engstirniger, alter Männer. Wie können sie mich dafür bestrafen, dass ich ihn gerettet habe? Wie können sie mich für etwas bestrafen, woran ich mich nicht einmal …«
    Alfanger schlug ihr ins Gesicht.
    Ainwa taumelte zurück. Sie stolperte über ihr Felllager und brach in die Knie.
    »Sprich nie wieder davon!«
    Ainwa kauerte auf dem Hüttenboden und hielt sich ihre schmerzende Wange. Ein Blutstropfen fiel von ihrer Nase und zwischen den Balken hindurch in das grünliche Wasser des Sees.
    Alfanger hatte sie nie zuvor geschlagen und die Tatsache, dass er es jetzt getan hatte, schmerzte sie mehr, als der Schlag es je gekonnt hätte.
    »Ich verbiete dir, jemals wieder davon zu sprechen«, meinte Alfanger, nur mühsam beherrscht. »Ich habe es dir schon einmal gesagt, aber du wolltest nicht hören. Von nun an besteht deine Welt nur noch aus dem, was das Auge sehen und die Hand berühren kann, hast du verstanden, nur, was das Auge sehen und die Hand berühren kann!«
    Ainwa antwortete nicht.
    »Alles andere«, flüsterte er, »führt dich an einen Ort, an den du niemals gehen darfst …«
     
    Kauket starrte mich aus großen Augen an. Der Trank brodelte vor sich hin. Der Uruku hatte, während ich erzählt hatte, mehrmals kleinere Wassermengen über den großen Gluthaufen in der Mitte der Hütte geschüttet, bis der ganze Raum von warmem Dampf erfüllt war.
    »Du glaubst mir nicht«, stellte ich leise fest.
    »Hm«, brummte Kauket in sich gekehrt, »und du sagst, du erinnerst dich nicht, was du getan hast?«
    Ich nickte.
    »Wie lange hat es danach gedauert, bis wieder Dinge passiert sind, die du dir nicht erklären konntest?«
    Ich wich seinem Blick aus. »Bis zum Blutmond.«
    Kauket runzelte die Stirn.
    »Willst du damit sagen, all das Unerklärbare, das du erlebt hast, das instinktive Wissen, wie du einen kranken Menschen heilen kannst …«
    Ich presste die Lippen zusammen.
    »Es war fort«, erwiderte ich schnell. »Und ich war froh darüber.«
    »Bist du sicher?«, fragte Kauket eindringlich.
    Ich nickte erneut.
    Kauket maß mich forschend.
    »Nun«, meinte er schließlich und tauchte eine Tonschale in den brodelnden Trank. »Es wird Zeit, es zurückzugewinnen.«
    »Es zurückgewinnen?«
    Kauket streckte mir die dampfende Schale hin.
    »Trink!«
    Ich starrte Kauket an, als hätte er den Verstand verloren.
    »Der Trank ist giftig! Kahlköpfe und Fliegenpilze sind …«
    Kauket hob die Hand und brachte mich damit zum Schweigen.
    »Hör auf, mich zu bekämpfen, Ainwa. Es wird Zeit, mir zu vertrauen.«
    Es war einfach, so etwas zu fordern, wenn man nicht derjenige war, der den giftigen Sud trinken sollte. Ich wusste genau, was diese Pilze anrichten konnten. Zu viel vom Fliegenpilz konnte einen umbringen. Die Kahlköpfe ließen einen wenigstens nur halluzinieren, aber auch darauf konnte ich verzichten.
    Auf der anderen Seite … vielleicht würde ich dieses Gebräu trinken – aber vorher musste noch etwas anderes passieren.
    »Was bedeuten die Zeichen auf meinem Arm?«
    Ich wusste nicht, zum wievielten Mal ich diese Frage stellte. Das war meine Art, Kauket einen giftigen Trank zu überreichen.
    Ich war mir sicher, er würde nicht antworten, ich war mir sicher, er würde seine Geheimnisse für sich behalten, vielleicht sogar zu meinem Besten, das gestand ich ihm durchaus zu.
    Kauket stellte die dampfende Schale vorsichtig auf den Boden. Auf seiner sonnengebräunten Stirn bildete sich eine steile Falte, wie immer, wenn er sich auf etwas konzentrierte.
    »Das Zeichen unter deinem Handgelenk ist die Quelle deiner Fähigkeiten. Das, was einen Wanifen zu einem Wesen zweier Welten macht.«
    Ich nickte. So viel hatte Kauket mir bereits erzählt, aber ich zwang mich, geduldig zu bleiben. Wenn ich eines über ihn gelernt hatte, dann, dass ich nichts von ihm erfahren würde, wenn ich ihn drängte.
    »Es ist dieses Zeichen, das uns mit der Geisterwelt verbindet und all

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