Die Washington-Akte
wartete ab.
»Ja, das habe ich.«
Malone ging hinter seinem parkenden Wagen in Deckung und griff nach der Pistole, mit der der Secret Service ihn ausgestattet hatte. Er hatte mit einem Angriff gerechnet, aber nicht unbedingt so schnell. Der auf ihn zurasende Wagen verlangsamte seine Fahrt; drei Schüsse fielen. Die Waffe, die aus dem offenen Fenster ragte, trug einen Schalldämpfer und knallte daher eher wie eine Spielzeugpistole als wie ein großes Kaliber.
Der Wagen kam fünfzig Meter entfernt zum Stehen.
Zwei Männer stiegen aus, der eine auf der Beifahrerseite, der andere hinten. Beide waren bewaffnet. Malone beschloss, niemandem Zeit zum Nachdenken zu geben, und schoss dem Mann, der ihm am nächsten war, in den Oberschenkel. Sein Opfer fiel zu Boden und schrie vor Schmerz. Der andere Mann reagierte und ging hinter dem Fahrzeug in Deckung.
Der Regen wurde stärker und prasselte Malone ins Gesicht.
Er blickte sich nach weiteren Bedrohungen um, sah aber keine.
Daher zielte er nicht auf den Mann mit der Pistole, sondern richtete die Waffe auf die Fahrerseite, wo die Tür offen stand, und schoss in den Wagen.
Hale legte auf. Natürlich glaubte er kein Wort von dem, was Andrea Carbonell gesagt hatte. Sie spielte auf Zeit.
Aber das tat er auch.
Die Tatsache, dass sie über den Mord auf dem Meer Bescheid wusste, beunruhigte ihn. Es befand sich tatsächlich ein Spion unter ihnen.
Und mit dem musste er sich befassen.
In Gedanken ging er die Crew der Adventure durch. Viele dieser Leute erfüllten auch noch andere Aufgaben auf dem Anwesen, manche in der Metallwerkstatt, in der Knox gewiss seine funkgesteuerten Waffen angefertigt hatte. Jeder Mann erhielt jährlich einen festgesetzten Anteil an der Beute des Commonwealth, und der Gedanke, dass einer von ihnen die Firma betrogen hatte, schmerzte ihn.
Dieser Mann musste bestraft werden.
Die Artikel sahen vor, dass ein Angeklagter vor ein Piratengericht gestellt wurde; der Quartermeister war der Vorsitzende, und die Crewmitglieder, darunter auch die Kapitäne, dienten als Geschworene. Eine einfache Mehrheit genügte, um über sein Schicksal zu entscheiden, und wenn man ihn für schuldig befand, stand die Strafe schon fest.
Der Tod.
Langsam und schmerzhaft.
Er rief sich in Erinnerung, was sein Vater ihm über einen Verräter erzählt hatte, dem man vor Jahrzehnten auf die Schliche gekommen war. Man hatte auf die alten Methoden zurückgegriffen. An die hundert Mitglieder der Crew hatten sich versammelt, um dem Übeltäter einen Schlag mit einer neunschwänzigen Katze zu verpassen. Aber nur die Hälfte der Versammelten war dazu gekommen, die Strafe auch wirklich auszuteilen, bevor der Mann gestorben war.
Er beschloss, nicht auf den Quartermeister zu warten.
Es ging zwar auf Mitternacht zu, aber er wusste, dass sein Sekretär noch im Zimmer nebenan war. Er würde sich niemals vor Hale für die Nacht zurückziehen.
Er rief nach ihm, und kurz drauf öffnete sich die Tür.
»Ich möchte, dass die Crew der Slup sich sofort versammelt.«
Cassiopeia blieb ruhig. Anscheinend hatte Danny Daniels sein Instinkt nicht getrogen.
»Sind Sie verheiratet?«, fragte die First Lady.
Sie schüttelte den Kopf.
»Gibt es jemand Besonderen in Ihrem Leben?«
Sie nickte, auch wenn es ein eigenartiges Gefühl war, diese Tatsache wirklich zuzugeben.
»Lieben Sie ihn?«
»Das habe ich ihm gesagt.«
»War es Ihnen ernst damit?«
»Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
Ein pfiffiges Lächeln spielte um die schmalen Lippen der älteren Dame. »Ich wünschte, es wäre so einfach. Liebt er sie? «
Sie nickte.
»Ich habe Danny kennengelernt, als ich siebzehn war. Ein Jahr später haben wir geheiratet. Bei unserem zweiten Date sagte ich ihm, dass ich ihn liebte. Er sagte es mir bei unserem dritten Date. Er war schon immer ein bisschen langsam. Ich habe seinen Aufstieg auf der politischen Karriereleiter beobachtet. Er hat als Stadtrat angefangen und es schließlich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gebracht. Wenn er unser kleines Mädchen nicht getötet hätte, würde ich ihn wahrscheinlich anhimmeln.«
»Er hat es nicht getötet.«
»O doch. Ich habe ihn gebeten, nicht im Haus zu rauchen und mit der Asche aufzupassen. Damals waren die Gefahren des Kaltrauchens noch nicht bekannt; ich wusste nur, wie sehr ich dagegen war, dass er rauchte.« Die Worte sprudelten heraus, als müssten sie endlich einmal gesagt werden. »Ich durchlebe diese Nacht immer wieder aufs Neue. Als ich
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