Die Wasserfälle von Slunj
Prinzenallee (links lag die Villa Clayton, und damit wurde jetzt die Unabhängigkeit ihres Unternehmens hier erst ganz evident) und folgten der Straßenbahn, die sich in’s Grüne fortsetzte, auf einem selbständigen Bahnkörper, und also keine Straßenbahn mehr war. Sie lief links vom Wege und hinter einem Gitter.
Es war nicht einsam hier. Den schönen Abend benützten viele, sie strömten in den Prater oder von dort zurück. Monica bedauerte es, daß heute ein Samstag sei, und die da und dort schon geöffneten Praterlokale sicher alle voll wären (Chwostik hatte vorgeschlagen, irgendwo zu essen). Sie sagte, das wäre sehr schön, aber sie fürchte die Gegenwart von vielen Menschen. Wenn man allein sitzen könnte! In Abgeschlossenheit. Die suche sie jetzt. Es sei ihr heute nachmittags schon fast zu viel gewesen‘ Er brachte auf die harmloseste Art heraus – und nur, weil er ihr in jeder Weise gefällig sein wollte ! – wenn sie beliebe, bei ihm einen kleinen Imbiß zu nehmen, nach diesem Spaziergang, es wäre ihm die größte Ehre! Er wohne ja in der Nähe. „Das machen wir, Herr Direktor!“ sagte sie sogleich. „Haben Sie was zu Hause?“ „O ja“, sagte er, „alles Nötige“ (die Wenidoppler, älter und ordinärer geworden, so weit letzteres noch möglich war, pflegte für ihn einzukaufen).
Noch war der Prater nicht sommerlich-wimmelnd ganz erwacht wie in der heißen Zeit, wenn in den großen Caféhausgärten an der Hauptallee die Militärkapellen konzertierten, über eine Mauer von Zaungästen hinweg vernehmbar, und am Fahrdamm ein Corso von Fiakern und Equipagen dahinzog. Automobile waren vor fünfzig Jahren dort noch garnicht zugelassen. Spaziergänger gab es jetzt wohl mehr und mehr, und vom Wurstelprater hörte man bereits vereinzelte Orgeltöne der Carrousels; und über den Baumkuppeln stand schon etwas von jenem milchigen Lichtnebel, der bei vollem Gange der Sachen dort hoch hinauf scheint und die Sterne vertreibt.
Sie gingen die Allee entlang und verließen sie wieder bei jenem seltsam künstlich anmutenden Berg, den man ,Konstantinshügel‘ nennt. Oben war es dunkel, das Restaurant noch geschlossen. Nun führte Chwostik, denn die Einzelheiten dieser Gegend schienen Monica fremd, und sie gelangten zurück zwischen die Häuser und zum Donaukanal, weit oberhalb der Brücke, etwa dort schon, wo Monica’s Onkel, der Doctor Eptinger, wohnte.
Hier gab es eine Seilfähre über den Fluß, und sie war noch in Betrieb, trotz der eingebrochenen Dunkelheit. Ein einsames Licht strahlte. Sie schritten die Treppen zum Wasser hinab.
Mit diesem Hinuntergehen schied man aus den Zusammenhängen der Straße und des festen Landes aus, ja, damit allein schon, daß man nun gewillt war, über den ziehenden Fluß zu fahren, daß man die Schritte auf die Uferböschung zu lenkte. Chwostik, der diese Fähre durch viele Jahre und oft benützt hatte, wenn er hinüber in den Prater wollte, empfand das jedesmal noch so, wenn auch in abgekürzter Weise, durch die Wiederholung.
Es standen schon Wartende unten auf der kleinen Landungsbrücke, als welche eine Art verankerter Ponton diente. Hier spaltete der Fluß die Stadtlandschaft auf, und mit ihm drang die Ferne ein, aus welcher er kam, und eröffnete einen Bogen von vereinzelten Lichtern in der Dunkelheit. Als der Kahn herüber geglitten war und seine wenigen Fahrgäste entlassen hatte, schritt man drei Stufen in’s Schiff hinab und bezahlte zehn Heller. Schon hatte sich das Fahrzeug abgelöst, der Spalt wurde breit, rückwärts stand der Fährmann und regulierte den Gang der Sache ein wenig mit dem Steuer. Die Seilrolle, die auf einer über den Fluß gespannten Trosse lief, vermochte man jetzt im Dunklen garnicht zu sehen. Das Wasser war nah, und rasch ziehend. Schon legte man drüben an.
Sie stiegen die Ufertreppen, querten die Lände und gingen durch eine Gasse, die senkrecht auf den Fluß heraus führte. Hier war nun alles verbaut. Auch gegenüber dem Eckhaus, wo Chwostik wohnte, lief eine Zeile neuer Gebäude (mit seiner Aussicht auf den Prater hinüber war’s dahin). Das Haustor stand noch offen. Wir ignorieren die Wenidoppler. Vielleicht hat sie durch’s Guckloch geäugt, nach hausmeist’rischem Brauche. Sei’s.
Monica fühlte sich leicht und angenehm gesammelt. Dieser Abend hob sie aus sich selbst. Sie begriff nicht, aus welchem Wasser sie da gezogen worden war (diesmal war’s ein stehendes gewesen, es hieß Donald). Immer wieder stand wohl das Bild
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