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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu diesem Berufe geleitet worden?). Gast ist Gast – das wird jeder Beislwirt sagen, und jeden sein lassen, wie er ist (wenn der nicht geradezu randaliert). Aber im Hotelgewerbe differenziert man doch schon, und ein Großindustrieller aus Wien steht einem Belgrader erstklassigen Hause wohl an. Deshalb wurden der Mama Harbach auch Augen gemacht, und sie hatte darauf freundlich respondiert, wenngleich Milo kein Jüngling mehr war: solche allerdings spannte sie ja am liebsten vor ihren stattlichen Triumphwagen. Vorhin aber, durch den Garten wallend, von den Gymnasiasten unter Hintansetzung der Pipsis umschwirrt, hatte sie schon eher ausgesehen wie ein Flaggschiff, das die Aviso-Boote begleiten.
    Jetzt ging er hier mit Monica. Das war doch ernster. Donald trat hinzu, die Pfeife in der Hand. Er winkte dem Broubek, und dieser kam mit einem Tablett, darauf die Kelche standen. Milohnić hatte immerhin Haare auf den Zähnen, durch Veranlagung oder Ausbildung, durch beides vielleicht. Im selben Augenblicke, da die Gläser klangen – vielleicht aus der Art, wie Monica mit ihrem Glase kaum dem Donald’s entgegen kam und es gleich wieder zurücknahm – spürte er auch schon, daß hier irgendwelche ihm nicht bekannte Voraussetzungen bestanden, daß hier eine jüngste Vergangenheit sich erstreckte, die den beiden zugewachsen war. Als Robert mit einem Kelchglas in der Hand munter über den Rasen auf die kleine Gruppe am Rande der Gebüsche zukam und mit Monica prostete, ahnte Milo in den Grundlinien eigentlich schon alles.
    „Es kommt halt immer was vor“, hat einmal ein Wiener Beisl-Kellner in Ottakring gesagt, als eben einer tot gestochen worden war. Im Grunde dachte Milo nichts anderes. Monica’s Gesicht – jetzt beobachtete er sie bereits unvermerkt – zeigte Spuren von Auflösung und Widerstreit. Chwostik ging vorbei. „Herr Direktor!“ rief Monica. „Kommen Sie doch zu uns!“ Diesmal winkte Robert dem Broubek. Und die Art, wie Old-Pēpi mit Clayton bros. anstieß, ließ unzweideutig erkennen, daß hier die Uhr richtig ging.
    H in und her gerissen, wie sie jetzt war, und plötzlich tief mißtrauend – so schlug sich ihre eigene Unsicherheit wie ein trübender Hauch auf die Ausblicksfenster des Gemütes! – erschien ihr Chwostik wie ein Ausweg. Den ganzen Nachmittag stützte sie sich auf ihn weit mehr als sie wußte – ein wenig wußte sie’s aber doch – und als man aufbrach, empfand sie’s als eigentlich unmöglich, ihn jetzt gleich zu verlieren. Solche Sachen nun, denen sozusagen die Strecke schon von weiter her gebaut ist als die nun einsteigenden Reisenden ahnen, fügen sich immer. So ging’s auch hier glatt dahin. Chwostik schritt neben Monica durch die Prinzenallee; andere vor und nach ihnen. Die Gymnasiasten waren schon verschwunden. Die Eptingers ebenso. Die anderen Erwachsenen, und Harbachs mit den Pipsis, stiegen in ihre Wagen. Monica hatte den ihren beim Café Zartl stehen. Dort saß auch ihr Chauffeur. Jetzt gingen sie zu zweit dorthin. Von der Gesellschaft waren sie bereits abgelöst. Angelangt, meinte Monica, sie würde in der schönen frischen Luft gern noch ein paar Schritte tun, gegen den Prater zu. Sie betrat das Café – Chwostik wartete draußen – und sagte ihrem Fahrer, er möge im gegenüber liegenden sehr guten Wirtshaus (Urschütz hieß es, aus Chwostik’s Biographie ist’s uns bekannt!) zu Abend essen, und sich dann hier im Café wieder antreffen lassen. Damit kam sie heraus zu Chwostik, und sie gingen den Weg, welchen sie gekommen waren, in umgekehrter Richtung zurück, gegen den Prater zu.
    Inzwischen wurde es dunkel. Die rasche Ablösung von der Gesellschaft, in welcher sie den Nachmittag über geweilt, dies Gehen jetzt in der Gegenrichtung von vorher, als er sie zu ihrem Wagen hatte bringen wollen, es gab ihrem Beisammensein etwas gewissermaßen Selbständiges, das nicht mehr abhängig war von jenem eben vergangenen gesellschaftlichen Anlasse. Vielmehr war es so, als hätten sie miteinander sich verabredet gehabt, um abends spazieren zu gehen. Auf der Brücke sah Chwostik stromaufwärts, zwischen den Gitterträgern hindurch – sie schritten auf der rechten Seite dahin – ungefähr in die Richtung, wo der Doctor Eptinger wohnte (der nun wohl längst wieder zuhause war) und blickte in ein großes noch offenstehendes blaues Fenster des Himmels, der doch allmählich im Schwarz sich verschloß. Sie folgten der breiten Straße jenseits der Brücke, überschritten die

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