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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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versuchte mitunter, jene Tonart nachzumachen): „Ich traget schon meine alten Bana ganz gern wieder einmal dort hinauf.“
    „Bana, Bana . . . was heißt Bana?“ fragte Robert.
    „So viel wie Gebeine“, bemerkte der schädliche Gollwitzer trocken.
    Es ist möglich, daß in Clayton und Chwostik das gleiche Bild stand: wie sie mit Harriet unterhalb der Schrofen gerastet hatten.
    „Aber die Bahn, die Bahn!“ rief Robert. „Man sollte nie mit dem Automobil über den Semmering fahren. Nur mit der Eisenbahn. Es war mein erster starker, großer Eindruck in Österreich.“
    Es fielen einige Bemerkungen über die Semmeringbahn, die Zeit ihrer Entstehung, daß sie nun bald sechzig Jahre alt sein werde, die Dauer des Baues; diese Daten brachte alle Milohnić bei (noch aus der Wiener Hotelpraxis? ein instruierter Empfangs-Chef war er ja gewesen!), was immerhin Erwähnung verdient. Gollwitzer wußte Schädliches: man habe die Kurven der Gebirgs-Strecke zu scharf und steil trassiert, so daß sie mit den damaligen Lokomotiven kaum befahrbar gewesen seien. Selbstverständlich fiel auch der Name des Erbauers Karl Ritter von Ghega. Die Taten der Ingenieurkunst wurden zu jener Zeit noch nicht als ein anonymes Geschehen hingenommen: Semmering und Suez bedeuteten persönlichen Ruhm.
    Hofmock und Wasmut hatten sich mit den Pipsis hier hinzugesellt. Vielleicht hat Heribert bei dieser Gelegenheit noch besser eingesehen, daß auch ein Ingenieur ein Gentleman sein kann. Zdenko, für sein Teil, dachte eben jetzt gerade daran: und keineswegs immer an Henriette. Das glaubte nur Monica. Sie überschätzte die Bedeutung ihrer schönen Freundin für den Gymnasiasten bei weitem. Wenn die Elemente sich auf ein Kind stürzen, bleibt dieses doch ein Kind.
    Aber jetzt sprach Robert Clayton wieder. Er beschrieb die Trasse der Bergbahn:
    „Kaum hat man den Viadukt, dem man sich in einer Kurve nähert, erblickt und als solchen erkannt, so verschwindet schon der Boden neben den Geleisen wie verschluckt: man fährt bereits auf den mächtigen gemauerten Bogen in enormer Höhe dahin und über eine langgestreckte Ortschaft, deren Straße unten durchläuft.“
    „Es ist Payerbach-Reichenau“, sagte Monica, auf Robert blickend. Sie saß etwas vorgebeugt und behielt ihr Kelchglas in der Hand.
    „Ja“, sagte er. „Die Strecke dreht sich, und bald immer wieder. Es ist, als stiege man über eine gewundene Treppe zum Dach eines Gebäudes empor. Man glaubt, schon sehr hoch zu sein, aber es geht noch höher. Man sieht in weitem Bogen die Bahntrasse liegen, über welche man eben vorhin gefahren war. Die Abstürze neben dem Bahnkörper werden steiler und tiefer und schließlich schwindelnd, beim Durchfahren einer Art offener Galerie, deren Pfeiler vorbeizischen.“
    „Die Weinzettelwand“! rief Monica. „Es ist wirklich nicht nur eine Eisenbahnfahrt. Es ist ein schönes Abenteuer. Die Gebirgs-Landschaft wird durch die Eisenbahnstrecke eigentlich erst sichtbar, sie gliedert sich daran entlang. Man kann das bei jedem Feldweg sehen. Aber hier im Großen.“
    „Wahrhaftig, ja!“
    „Und dabei sieht man immer aus den Fenstern in eine vielfältige Ferne“, fuhr sie fort. „Die Sonne lehnt sich an einzelne Felszähne. Die Wälder sind weiter weg wie Moos.“
    „Und am Ende“, sagte Clayton, „verschwindet der ganze Zauber, wenn man, nach der Station ,Semmering‘, in den längsten Tunnel einfährt: Ziehen, Sausen, Dunkelheit, Gasbeleuchtung im Coupé. In einer völlig beruhigten grünen Landschaft mit mäßigen Höhen kommt man wieder an’s Tageslicht.“ Clayton schwieg, nahm sein Glas vom Tischchen, beugte sich vor, und ließ es an ihrem Kelche klingen, den sie ihm sogleich entgegen hob.
    D amit endete dieses kurze Duett. Es hatte die Gesellschaft und ihr Gespräch weitaus überstiegen, vielleicht sogar befremdlich gewirkt. Man schwieg auch durch einige Augenblicke, und nicht einmal der schädliche Gollwitzer fand was zu erinnern. Die Lage zerfiel, nach dieser vorübergehenden Kristallisation, andere traten hinzu, einzelne verließen den kleinen Kreis, und so mischte sich bald alles neu durcheinander. Auch Robert und Monica wurden getrennt.
    Rückwärts, an der Grenze des Grundstücks, lief einer der wenigen Wege hin, die es in diesem Garten gab, nicht gekiest, sondern grün verwachsen, aber breit, mit dichtstehenden jüngeren Bäumen beiderseits, zwischen denen Gebüsch wucherte. Man hatte dies alles gelassen, wie es gewesen war. Ein verwilderter

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