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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Charakterköpfen, nämlich überhaupt nichts.
    Die Tante Ada Vuković verdrängte den Raum, verweigerte jede Apperception, frondierte allezeit, stiefelte einher, sprach laut und viel, hatte eine Überdosis von praktischem Verstand, war aber ganz im Grunde dem Conventionellen gegenüber genau so eine nie an dessen reale Grenzen streifende Leisetreterin wie die Chlamtatschs, ein rusticaler, rotbackiger Apfel, der genau senkrecht und parallel zum Stamme gefallen und garnicht weit von diesem liegen geblieben war.
    Na, man sieht schon. Bereits ward das Tarockspiel zu viert, also das ,Königrufen‘, für den Sommer geprobt – übrigens der einzige und alleinige Grund, warum auch Zdenko nach Vanice eingeladen ward, was der Frau von Vuković bisher nie eingefallen wäre; die Herangewachsenheit des Neffen apperzipierte sie lediglich im Hinblick auf seine Brauchbarkeit als Tarockpartner. Da er nun ein solcher geworden, mochte er mit den Eltern kommen. Für einen herumtollenden Buben hätte sie wenig Toleranz und kein Interesse gehabt.
    Ja, Tante Ada rückte jetzt sogar mit dem Bridge heraus, einem etwas schwierigeren Spielchen, das sich damals auf dem Continent zu verbreiten begann. Im Hause des Sektionschefs hatte man es früher schon versucht gehabt.
    So gab es einen Vorgeschmack für Vanice (dies der Name des Gutes). Zdenko tastete bei solchen Gelegenheiten das Terrain ab, erkundigte sich in harmloser Weise nach den Möglichkeiten, das Land kennen zu lernen, etwa auf längeren Ausflügen (bei dieser Gelegenheit hörte er übrigens, daß die Tante Reitpferde hielt), und baute so bereits vor, um sich dort unten dann und wann einmal drücken zu können.
    Welch eine Zeit, diese Ada Vuković-Zeit! Hatten bisher die Eltern nur sehr diskret am Rande von Zdenko’s Existenz gesiedelt, so ließ ihn das Haus nunmehr ganz los, wenn man vom Kartenspielen absieht. Alles begreiflich. Die Eltern beflissen sich. Der Leser ist schon selbst ordinär genug, um zu wissen, daß Ada die Erbtante ist. Duft und Aura, ja eigentlich doch der ganze vollzählige M.C. hatten sich um den Tennisplatz und die Terrasse der Villa Clayton zusammengezogen; und daß für Zdenko dort Donald’s Schatten umging, verstärkte nur die Trauer, welche ja bei uns allen der Entstehung zarter und duftiger Vergangenheits-Gespinste immer förderlicher gewesen ist als laute Lustigkeit. Die Anwesenheit eines, von da aus gesehen, völlig fremden Geschöpfes wie Augustus wirkte nur konzentrierend auf die ganze Lage, eben dadurch, daß diese hier grenzte, anstieß und noch mehr fühlbar wurde. Fast ein gleiches wirkte Hofmock’s Pipsi-Wesen: nach wie vor brachte er dieses mit. Beim vorliegenden Exemplar erschienen ja übrigens Langbeinigkeit und pferdemäßiger Tritt der älteren Schwestern etwas gemindert und gemildert, es herrschten hier mehr menschliche Maße.
    C hwostik vereinsamte. Man kann Donald, wie er zur Zeit war, nicht als einen Partner, nicht als Gefährten bezeichnen. Zudem hielt er sich merkwürdigerweise sehr an die Frau Pastor Kruhlow (hielt sich an ihr an, könnte man sagen), mit welcher Old-Pēpi beim besten Willen nichts anzufangen wußte.
    Jedoch zu seinem größten Staunen begann die würdige Dame, etwa auf der Höhe von Malta (woher damals immer die guten Frühkartoffel, die ,Heurigen‘ nach Wien zu kommen pflegten!) ein Gespräch mit ihm über Donald, aus welchem klar hervor ging, daß dieser sich ihr in irgendeiner Weise anvertraut hatte. Gleichzeitig war auf solchem indirekten Wege feststellbar, daß der jüngere von Clayton bros. den ganzen Ernst der Lage und deren Definitives (das Fallen des Vorhangs) noch garnicht erfaßt zu haben schien, denn (so sagte die Frau Pastor), er leide offensichtlich unter der quälenden Vorstellung „sehr zur Unzeit abgereist zu sein, als sich alles noch zu seinem Glücke hätte wenden können.“
    Eine erstaunliche Frau, die da den Donald aufgeknöpft hatte, zugleich die großen Mängel von dessen Situationsbewußtsein an Tag bringend! Das letztere erschien wohl als noch erstaunlicher. Nun, Chwostik wäre im Besitze eines genügenden Wissens-Fundus gewesen, um hier eine sogenannte Roßkur vorzunehmen. Aber die Vertrauenslast, von Robert Clayton auf ihn gewälzt, verbot ihm das; und wohl auch die Klugheit.
    Erst mit diesen letzten Vorkommnissen befand man sich auch innerlich in einer neuen Lage, und also gleichsam ganz in diese Reise eingeschlossen, deren Beginn, mit dem Abschiede von Wien und auch von Triest, nun

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