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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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auch nichts von der Welt gesehen, da mag er nach Beirut, nach Spanien oder zu den dreizehn Wasserfällen von Slunj in Kroatien gekommen sein. Denn diese Welt ist in ihrer holden Oberfläche ganz enthalten und mit allen ,Tiefen‘ (mit denen schon ganz und gar), und wer’s nicht glauben will, der frage, wenn’s gefällig, einen Maler.
    Hierin war Robert Clayton mangelhaft. Er hätte sonst den Flieder ebenso wohl bemerken müssen, wie sein Hausmeister Broubek. Aber er wollte garnichts bemerken, sondern sich der Sachen versichern, und womöglich noch vor Donald’s Rückkehr.
    Hier geraten wir denn an Monica. Die Heirat mit Robert lag für sie auf der Hand. Aber vielleicht allzusehr. Es war eine allzugute Heirat. Es überschritt sozusagen die Grenzen des Decorums. Die Weiber werden bis in ihre Leidenschaften hinein von reputativen Bestrebungen verfolgt, und wenn sie schon nichts sind, so wollen sie sich erst recht nichts vergeben. Sie bockte ein wenig. Es war da für Robert nicht recht voran zu kommen, und er, ein Mann von nördlichem Typus eben, den Weibern gegenüber nicht von Natur aus abgefeimt wie der Südländer, und daher leicht lächerlich werdend, nahm alle diese Sacherln viel zu gewichtig.
    Denn seit neuestem legte sie noch weit größeren Wert auf’s Geschäft als bisher, und Robert mußte da oft zurückstehen. Es ist übrigens bei alledem eine Beratung von Seite der Frau Henriette Frehlinger anzunehmen. Solche Ratschläge sind oft böse, überklug, stören den Instinkt, etwa den einer erotisch-reputativen Schlafwandlerin auf dem steilen Dachfirst ihres Hochhinauswollens (man steigt dann schon rechtzeitig in’s Kammerfenster). Die Ratgeberin ist in solchen Fällen meist besoffen vom gesunden Menschenverstande und fühlt sich obendrein als Anwältin und Verteidigerin ihres ganzen Geschlechts, beheizt etwa noch von eigenen versäumten reputativen Möglichkeiten.
    Bei alledem war die Monica doch glücklich und sie ist, von allen derzeit hier beteiligten und beschäftigten Personen, im Anschaun des Flieders dem Hausmeister Broubek sicher am nächsten gekommen. Zeitweise reichte ihre wachsende Stille und Sammlung schon an jene der Gewächse heran, die in Töpfen und Kübeln auf dem gepflasterten Hofe des Pförtnerhauses in einer Wasserlache standen, welche, so klein sie war, es vermochte, den Himmel zu spiegeln. Ähnliches könnte man von Monica in ihrem bunten Strecksessel auf der Terrasse sagen. Die Tennisbälle erzeugten auf den gespannten Saiten der Rackets einen runden, vollen, kräftigen Ton. Jetzt hörte sie Robert als Schiedsrichter den Stand des Spiels ansagen: „Thirty all.“
    A ber so stand nicht das eigentliche Spiel, welches unsere Teilnahme hat, nicht gleich und gleich; es stand überhaupt nicht, es fiel. Die Entscheidung war ja gefallen. Doch nach ihr, die wir so nennen, weiter zu existieren ist das eigentlich Entscheidende, und hier erst sitzt totaler Gewinn und Verlust auf einer Karte, die schon am Tische liegt. Es ist nur die Naivität dramatischer Autoren, die da glaubt, hinter ihrem gefallenen Vorhang gehe nichts mehr vor. Einem einigermaßen gerissenen Verfasser besserer Romane kann man solchen Schmarrn nicht weismachen.
    Denn inzwischen pflügte nicht nur der Dampfer ,Cobra‘ seine Furche in die glatte See, sondern die ebenso unablässig vordringende Zeit hatte nebenhin zahllose Einzelheiten ausgeworfen, und so war man etwa mit einer ganzen Menge von Menschen bekannt geworden, nicht nur mit dem Doctor Harbach aus München, oder aber man fühlte eines Tages unter leichtem Erstaunen, daß die gefälligen Innenräume des Schiffes nun doch ganz anders sich darboten, als kurz nachdem man eingestiegen war und das Gepäck in die elegante Kabine hatte bringen lassen. Jetzt aber spazierte jeder schon in bekannten Räumen umher, ja, wie in der eigenen Wohnung. Es gab darin sogar, gleich hinter dem Café, eine ,American Bar‘, was Donald lächerlich fand, die hohen Hocker besonders.
    So breitete sich an Bord ein offen zur Schau getragenes Behagen aus, in welches Donald gleichsam von außen hinein sah, ohne daß es ihm gelang, sich darin mit einschließen zu lassen.
    Dem Doctor Harbach hatte Donald übrigens zu erkennen gegeben, daß sein Vater und er in der Reichsrathstraße verkehrten. Doch hatte Doctor Paul die Namen der beiden Engländer im Elternhause nicht gehört. Vielleicht erwähnte man dort einem Außenstehenden gegenüber derartige gesellschaftliche Verbindungen garnicht. Während der

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