Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
nach rückwärts davonrückte, und verschwang wie ein Vorhang, durch den man getreten war, und dessen beruhigte Falten nun wieder senkrecht und reglos hingen.
    A uf der anderen Seite solchen Vorhanges, der nun Clayton bros. schon dicht von einander schied, setzte sich bei Robert die Vorstellung fest, daß vor Donald‘s Rückkehr ein Stand der Sachen erreicht werden müsse, der diesen eine Form verlieh und sie außer Zweifel setzte. Hiezu schien ihm des Sohnes Reise eine ausgemachte, ja, sich aufdrängende Gelegenheit zu bieten. Anders: wenn man schon nicht innerhalb der nächsten vierzehn Tage heiraten konnte, so mußte man sich doch ganz offensichtlich, ja, öffentlich anschicken, es zu tun (,vor allem Volk‘, wie das ein berühmter Mann einmal genannt hat – denn sogar solchen Leuten passiert es mitunter, daß sie ihr Privatleben pathetisieren).
    Nun, Pathos wollt‘ er keines, Clayton sen., aber er jagte dem Gespenst der Ordnung und Sicherung aller Angelegenheiten nach, das ständig vor uns herflieht, eine davoneilende Zielsäule, meta fugiens. Solide Kaufleute importieren besonders gern diese für sie notwendige Form des Verhaltens in ein Hoheitsgebiet, wo sie unzuständig wird.
    Monica wußte das wahrscheinlich besser, ohne doch dabei das Reputative aus den Augen zu lassen, so daß in diesem Betracht beider Zielsäule (meta) die gleiche blieb. Aber es mag für die Ingenieurin, das muß man ihr zubilligen, immerhin kein ganz leichter Entschluß gewesen sein, alles Erreichte liegen und stehen zu lassen. Denn sie hatte es weit gebracht, das war nicht zu leugnen. Anderseits ließ Clayton keinen Zweifel darüber, daß sie, einschlagenden Falles, das Geschäft am Graben dahingehen lassen müsse, und es wäre auch im Falle einer Heirat wirklich nicht gut anders möglich gewesen, schon aus reputativen Gründen, das sah sie selbst ein. Am Rande versteht sich, daß ihre Eltern überhaupt nicht gefragt wurden. Frau Rita und der fesche Doctor Bachler wären auch sicher mit jeder Alternative einverstanden gewesen. Die Vorstellung, Robert könnte in Döbling um ihre Hand anhalten – es schien, daß er so etwas im Sinne gehabt hatte – erzeugte bei ihr ein schallendes Gelächter, und das in ihrem Bureau am Graben.
    So zogen und schoben manche Kräfte an dem eigentlich wesentlichen Vorgange, dessen sich Clayton sen. weniger bewußt war, oder doch nur ganz beiläufig: die Aufsprengung einer zweisamen Lebensform mit Donald, welche seit Harriet’s Tode den Boden fest durchwachsen hatte, ja, überhaupt den Grund bildete auf welchem sie beide standen. Ihn zu verlassen, schien Robert Clayton jetzt ohne weitere Überlegung bereit.
    E s war nicht der Libanon (wie einige Passagiere glaubten), was man vom Vorderschiff jetzt bereits sehen konnte, sondern eine der verhältnismäßig hohen Erhebungen über dem Sund und dem zu Anfang der Neunzigerjahre von den Franzosen ausgebauten Hafen von Beirut. Chwostik fühlte sich durch die Annäherung an dieses Reiseziel zu einer recht popularen Äußerung veranlaßt: er klopfte auf seinen Rock, dort, wo sich das Portefeuille befand, und sagte: „Hier müßt’ man mit einer dicken Brieftaschen ankommen und Seiden einkaufen. Das wär’ so ein Geschäft! Unsere Branche ist hier zweite Klass’.“
    Natürlich wollten sie auch nach Damaskus, das weiter drinnen im Lande liegt. Beim ersten Mal war Chwostik noch mit einem pferdebespannten Eilwagen dahingelangt. Jetzt hatte die Anlage des Hafens längst eine Eisenbahn nach sich gezogen. Den Libanon und die großartige Aussicht von dort genossen Chwostik und Donald diesmal nicht, wohl aber taten es viele von den Passagieren der ,Cobra‘, auch der Doctor Harbach, die in angemessener Weise, nämlich auf Eseln, dort hinauf ritten.
    Donald, als er über den Laufsteg geschritten war und den Quai betrat, erlebte ein tiefinneres Entsetzen; kein plötzliches, keinen Schrecken, sondern es war ein zähes und weiches Gefühl, wie ein Einsinken in den Boden.
    War er des Aberglaubens gewesen, das Betreten des festen Landes, eines anderen Landes, würde mit einem Schlage ihn befreien von einem Herzdruck, der auf dem Schiffe oft schon unerträglich gewesen war?
    Es kam ganz anders. Es war jetzt, also stünde sie neben ihm.
    Chwostik, dessen wohlbestalltes Notizbuch planvoll die Zeit einteilte, saß schon neben Donald im Wagen und sprach mit dem Kutscher arabisch, mir nichts, dir nichts.
    U nter der Hitze litten sie wenig, diese war zur Zeit nicht groß, ja, der

Weitere Kostenlose Bücher