Die Wasserfälle von Slunj
(von ihren Besuchen im Museum der Altertümer wußte er ja nichts). Aber was ihm bekannt war, durch László, das war dem Engländer ja unbekannt. Donald abzubremsen mußte für Margot fast unmöglich sein, und das Entstehen einer kompromittierenden Situation, in welche sie geraten konnte, blieb nicht ausgeschlossen.
Es erscheint bemerkenswert, daß, gerade als der Unglückselige ihr zunehmend und heftig den Hof zu machen begann, sich in Margot ein furchtbarer Haß gegen alle Mannsbilder überhaupt erhob, mit der einzigen Ausnahme jenes recht ansehnlichen, aber unterwürfigen Wesens im Museum.
D ennoch erlag sie, und es ist nicht zu leugnen, daß László sie dabei indirekt leitete. Bei dem Souper im Hause Russow hatte er die Ehre gehabt, neben der alten Dame zu sitzen und sie nach Kräften unterhalten, während sie dann und wann einen wohlgelaunten Seitenblick zu ihrer Tochter und Doctor Harbach hinüber entließ. Und nach Tische, im großen Salon, war Margot – und damit Donald Clayton, der sich fast den ganzen Abend an ihrer Seite hielt – von ihm vermieden worden, wohl auch deshalb, weil er sich der hübschen Gaudinger widmen wollte, die oftmals seine Tennispartnerin zu sein pflegte. Am Platze fiel Nicolette insofern auf, als sie ihre weißen Röcke (für die Begriffe von damals) sehr kurz trug. Warf sie das Bein, dann konnte man es oft bis weit über’s Knie hinauf sehen. László wartete schon immer darauf, ja, er versuchte sogar, das durch entsprechendes Placieren der Bälle zu erreichen. Im Salon bei Russows war ihm übrigens der dumme Radinger aus Wien im Wege gewesen.
Es scheint, im ganzen, daß er die Spannung zwischen dem, was seine Ehe – die man jetzt für eine gerettete, wenn nicht schon consolidierte zu halten begann – vor der Welt darstellte, und der Nicht-Existenz dieser Ehe in der Realität, immer schwerer ertrug; und so dürften sich seine Gedanken wieder häufiger nach Bukarest und zum Onkel Putnik gewendet haben, dem er um diese Zeit sogar einen Brief geschrieben hat. Allerdings ohne Vertraulichkeiten. Einen Brief, nur um dieses Eisen im Feuer zu halten. Eben beim Schreiben des Briefes aber dachte er daran, sich später einmal in Bucuresti dem Oheim gänzlich zu eröffnen, um der Rechtfertigung willen. Und mit solchen Gedanken waren doch die Sachen schon erheblich weit gediehen. Wie immer in derartigen Lagen, kam Äußeres noch hinzu. László’s Chef, der alte Meszaros, lag ihm fast täglich in den Ohren, er möge doch das und jenes hier und jetzt vorläufig einmal erledigen, um für ein paar Tage nach Bucuresti zu seinem Onkel fahren zu können. Aber freilich hatte Meszaros dabei nicht László’s Privatangelegenheiten im Auge (von denen er kaum was wußte), sondern die Ausnützung einer verwandtschaftlichen Beziehung für’s Geschäft. Es sollte mit Gollwitzer & Putnik ein Arrangement zustande gebracht werden, durch eine Art von Spezialisierung beider Häuser, damit man mit dem Vertrieb gewisser kleinerer Maschinensätze sich gegenseitig nicht im Wege wäre. Wenn das Leben so will, erhält alles eine Art Ziehung irgendwohin, in diesem Falle nach Bukarest.
Margot aber erlag insoweit, als sie bereit war, Donald zum Tee zu erwarten. Dies mit Wissen László’s und Bestärkung durch Gergelffi, der solche anmutige gesellschaftliche Wattierung geschäftlicher Beziehungen als überaus vorteilhaft erklärte. Morgens entschuldigte sich Putnik dann bei Donald – den er zu diesem Zwecke im ,Britannia‘ telephonisch anrief – weil er am Nachmittage durch Eintreffen einer Großkundschaft vom Lande draußen leider unumgänglich abgehalten sei. Dies traf sogar zu, wenn auch nicht unumgänglich. Aber vielleicht begriff er Tibor bereits, ohne Worte, versteht sich.
Kurz nach fünf Uhr hatte Putnik seine Sachen abgemacht und traf sich mit Gergelffi in jenem Café an der Andrassy-ut, wo Tibor vor nicht langer Zeit, vom Denkmal des unbekannten Chronisten kommend, mit einem ,Schwarzen‘ die Geister des Weines vertrieben hatte.
Sie gehörten verschiedenen Handelsgesellschaften an, der Tibor und der László, das muß hier nachgetragen werden, wenngleich ,de la même branche‘ (beide von Clayton & Powers beliefert). Doch hielten sie ja ständig Kontakt, nicht zu ihrem Nachteile, versteht sich, und nicht einmal zum Nachteile ihrer beiden Firmen. Man blieb auf dem Laufenden, ja, man verteilte die Geschäfte. So etwa war der Firma Gergelffi’s Moson überlassen worden, nicht ohne Gegenleistung in
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