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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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einer anderen Sache freilich. Zu dieser nun bedurfte es jetzt des eben fertiggestellten Hauptkataloges von Meszaros & Gaudinger (so hieß das Haus, in welchem László tätig war), und dieses Buch hatte Putnik in seiner Wohnung am Ligeti-fasor liegen lassen.
    Gergelffi, dem die Sache dringend war, schon um sich wegen Moson zu revanchieren, und der heute noch Gelegenheit haben sollte, jenen Katalog weiter zu reichen, sagte: „Ruf an zuhause. Lass den Janos das Buch herbringen.“ Jetzt erfuhr Tibor, daß Diener und Köchin heute beurlaubt seien, das Mädchen aber den Tee servieren müsse. Er bewahrte volle Ruhe, er berührte mit ruhiger Hand eine einmalige Möglichkeit, indem er leichthin sagte: „Nimmst ein Taxi, fahrst heim, setzt dich anstandshalber eine Viertelstunde zum Teetisch und machst Conversation mit dem Engländer, dann schnappst das Büchel und kommst hierher. Ich wart‘. Gleich wieder weg gehen kannst auf garkeinen Fall. Sag’ halt, daß du dich für eine halbe Stund‘ frei gemacht hast, um ihn wenigstens begrüßen zu können.“
    Mehr nicht, und dies wenige im beiläufigsten Ton. Man kann sagen, daß Gergelffi die Situation nicht nur genau erfaßte, sondern sie völlig umfassend überblickte (ein gelernter Appercipierer!). Schon spürte er Putnik’s Zögern, spürte es wie einen langsam sich spannenden Zug, fühlte, wie bei jenem jetzt alles auf der Spitze stand, um sich im nächsten Augenblicke zu neigen, und, nach welcher Seite immer: in eine Entscheidung.
    Mehr nicht, kein Wort mehr. Tibor nahm eine Zeitung vom Tische und verschwand dahinter. Jetzt endlich rief Putnik den vorbeikommenden Ober an, um zu zahlen, der aber eilte davon. „Halt’ dich nicht auf damit, ich mach’s schon“, sagte Gergelffi hinter seinem Zeitungsblatt.
    László erhob sich, nahm seinen Hut und ging ohne ein weiteres Wort. Jetzt ließ Gergelffi den ,Pesti Hirlap‘ sinken und sah ihm nach, wie er sich gegen den Ausgang bewegte. Und in diesen Augenblicken erschien ihm Putnik wie ein Wägelchen, von ihm selbst auf vorher gelegte Schienen gesetzt.
    C hwostik, das muß gesagt werden, und man kann’s ihm in keiner Weise mindernd anrechnen, setzte auf Margot. Was wußte er schon? Nichts. Ihn mußte der Augenschein trügen.
    So auch den Doctor Harbach, der, wenngleich verlobt, als Außenstehender einiges sah. Sie unterhielten sich in Chwostik‘s Zimmer im ,Britannia‘ miteinander und tranken eisgekühlten Sherry-Cobler, ein Getränk, das damals in Mode gekommen war, heute aber auf dem Continent durch stärkere Sachen längst verdrängt ist.
    „Ich habe leider Erfahrung in solchen Lagen, wie die Mr. Donald’s“, sagte Harbach. (Was einem Außenstehenden nicht alles passieren kann!) „Man läuft da mit Zwang in den Schienen. Eine Entgleisung kann herbeigeführt und sie muß riskiert werden. Nur so ist es möglich, einen derartigen Zustand zu coupieren, möchte ich sagen.“
    Man sieht da, sie müssen schon vorher über Donald sich unterhalten haben. Auch hier hatten sich durch die fremde Luft einige Bande der Diskretion gelockert. Wahrscheinlich wußte Harbach nicht nur von Monica, sondern auch von Clayton sen. Anders hätte Chwostik ihm die Sache kaum ganz verständlich machen können.
    „Und Sie, Herr Doctor, ein Glücklicher, denken über einen Unglücklichen nach“, sagte Chwostik, „das imponiert mir.“
    Hier hingegen, aus dem Anfang dieser Äußerung, kann ersehen werden, daß unsere Runzel im Laufe der Jahrzehnte sich einigermaßen entrunzelt, um nicht zu sagen entsäuert hatte. Aus der Adamsgasse kam jener Ton nicht.
    „Ja, ich bin glücklich“, sagte Harbach simpel.
    „Sie haben auch allen Grund dazu. Eine Dame, wie das Fräulein Irma Russow, Ihre Braut, ist sozusagen vom Fleck weg zu heiraten, wenn es die übrigen Umstände erlauben. Und das ist ja bei Ihnen der Fall. Sie werden mit ihr, scheint mir, ein noch viel größeres Glück erleben. Sie wird erst als Ihre Frau eine ganz prachtvolle Entwicklung nehmen. Glauben Sie mir das. Ich fühle es so. Sie haben die Richtige.“
    „Ja“, sagte Harbach, „auch ich erwarte es so, auch ich glaube das.“
    Sie hoben die Gläser und stießen auf Irma an. Vor drei Wochen hatten sie einander noch nicht gekannt, nie von einander gehört. Dem Chwostik ahnte dunkel, daß diese Reise mehr enthielt, mehr eröffnen wollte als er vorausgedacht und geplant hatte. Sie war, die Reise, eine umfangende und befangende Welt, sie hatte sich rundum geschlossen. Einen Blick

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