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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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gehört. Dabei sollte es bleiben. Ob er wohl auch ungarisch verstand? Bei einem Engländer doch unwahrscheinlich. In diesem Punkte aber hieß es jedenfalls vorsichtig sein, schon des Wiener Prokuristen wegen. Bei Tische sitzend beschloß Tibor, noch heute nacht einen Eilbrief an seinen Vater nach Moson zu schreiben. Auf den Alten konnte er sich verlassen. Der besaß Charme, Chic, ja sogar Eleganz, und würde sicher alles auf’s beste vorbereiten und arrangieren. Kutschierwagen, Reitpferde, hübsche Mädeln zur Bedienung, und dort, wo’s verläßlich sein mußte, beim Stiefel-und Kleiderputzen und dergleichen, die beiden Alten. ,Waren Huren in Wien‘. Tibor lächelte, nahm Urlaub von seinen Denk-Akten, und wandte sich dem Geplauder eines Herrn Ingenieur Radinger aus Wien (dort wurde er ,der Schlafwagen-Gent‘ genannt !) mit einer Nichte der Frau Russow zu, einer jungen Dame von beachtlicher Hübschheit, aber nicht nach Gergelffi’s Geschmack (den würden wir schon gerne einmal kennen lernen – vielleicht ,hübsche Mädeln‘ in Moson?). Das Gespräch zwischen Radinger und seiner Tischdame wurde in deutscher Sprache geführt.
    E ine polyglotte Abendtafel, möchte man sagen. Der Doctor Harbach sprach bei Tische anhaltend mit Irma Russow, doch war der Gegenstand ihrer Unterhaltung für andere nicht feststellbar, sie blieb tief unter dem herrschenden Stimmengewirre, schien sich aber dort weitläufig zu verzweigen. Dieses Gespräch hatte also einen Gegenstand, was ja sonst in Gesellschaft kaum der Fall zu sein pflegt. Nicolette Gaudinger, die Nichte der Hausfrau, vom ,Schlafwagen-Gent‘ auf’s äußerste gelangweilt, der das seinerseits in keiner Weise zu bemerken schien, versuchte wiederholt, zu Harbach und seiner Tischdame hinüber zu lauschen, vielleicht sogar in der Hoffnung, sich als Dritte an deren Gespräch gleichsam anhängen zu können, aber vergebens. Die beiden murmelten rasch und beachteten niemand.
    Die Mama Russow war damals sehr zufrieden. Oft fühlte sie mit Schmerz, wie wenig das Elternhaus, bei allem Reichtum, diesem lieben und begabten Kinde zu bieten hatte, dem leider jene bunten Aushänge-Wimpel fehlten, die gemeiniglich ein Frauenzimmer unter die Leute bringen. Dabei war Irma Russow, recht besehen, keineswegs als unhübsch zu bezeichnen. Ihr eignete eine gute Gestalt, größer als Vater und Mutter, und ihr Antlitz unter dem aschblonden Haar war erleuchtet und verschönt durch ein tiefes und sensibles Wohlwollen. In Deutschland hätte das Mädchen vielleicht sein Glück gemacht. Für hier aber, und wohl auch für Wien oder Paris, fehlte ihr allzusehr jede Brillanz.
    Eben das dachte jetzt Frau Russow und war glücklich, daß ein so intelligenter und gut aussehender Mann, wie der Doctor Paul, dessen großes Elternhaus zu Wien sie ja kannte, seine Aufmerksamkeit ausschließlich und eifrig ihrer Tochter widmete.
    Es blieb den ganzen Abend so. Auch als man nach Tische den Speisesaal verließ und in einen anderen, weit geräumigeren Salon trat als jener, in welchem empfangen worden war. Sie verstanden es, nebeneinander zu kommen, nebeneinander Platz zu nehmen.
    Dem Gergelffi gelang bald sein Plan, den er ganz beiläufig und harmlos einkleidete, wie einen unerfüllbaren Wunsch bedauernd vorbrachte, von Moson erzählend, vom ungarischen Landleben. Ganz zuletzt und im Hintergrunde marschierten erst die Maschinensätze in langen Reihen auf. Wenn das möglich wäre, wenn sie seinem alten Onkel (Globusz war es garnicht) entgegenkommen könnten! Nun, ein glattes Kassa-Geschäft. So kriegte er Chwostik. Das werde sich schon finden, meinte dieser. Donald, wieder neben Margot sitzend, war während dieses ganz beiläufigen, die Sache nur streifenden Gesprächs, voll in seiner Funktion als Briefbeschwerer.
    Der Brief an den Alten hat jetzt schon Hand und Fuß gekriegt, dachte Tibor.
    H ier war ein Glücklicher, der Doctor Harbach, und einer, der es fast schon werden wollte, weil er Erleichterung empfand, Donald.
    Im ersteren Falle ging alles glatt. Im zweiten war Donald entschlossen – und zwar sofort, ohne jede Überlegung – die Margot Putnik einzunehmen wie ein Kopfwehpulver, überzeugt von der Wirksamkeit dieses Medikamentes. Es half daher jetzt schon. Fest entschlossen auch war er diesmal, nichts zu versäumen, bereit zu jeder Aktivität.
    Heute nennt man das ,Flucht nach vorne‘. Solche fesche Ausdrücke waren damals noch unbekannt.
    Dem Leser und dem Autor wird angst und bang. Der Lulatsch ist also

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