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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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ging) konnte man dem entfliehen. Und hier wird eine merkwürdige Eigentümlichkeit der trojanischen Pferdchen sichtbar: diese waren nämlich Wasser-Ratten.
    τό ὕ δορ ἄ ριστον – das Wasser ist das Beste, sagte der griechische Odendichter Pindar, und vielleicht war wirklich gleich das Blauen dieses edelsten Stoffes erforderlich, um auszugleichen, was Feverl und Finy Unbehagen bereitete (womit sie für uns in den Verdacht des Dilettantismus beim erwählten Berufe geraten). Genug, sie schwammen und badeten wie und wo sie Gelegenheit dazu fanden und sobald es nur warm genug war, teils am ,Gänsehäufel‘, einem einstmaligen Donau-Arm, teils auch im Donaukanal, garnicht weit von der Adams-Gasse, obwohl die Polizei hier das Schwimmen nicht gerne sah. Schon die Kaiserin Maria Theresia hat dortselbst jedes Baden ,unverschambter Weis” strenge verbieten lassen.
    So auch, als der Frühling kam, empfanden sie ihn nicht poetisch – das kann man in Ansehung ihrer Branche nicht von ihnen erwarten, die übrigens auch in diesen Wochen immer eine vorübergehend steigende Tendenz zeigte – sondern er war ihnen einfach ein Bote des Badens, das nun wieder näher rückte. Freilich, jenen Mahnungen des Frühjahrs, das ja, um’s kurz zu machen, jeden peinlich und eigentlich taktlos anrempelt mit der stummen und penetranten Aufforderung, es möge aus ihm was werden, weil rund um ihn was wird, und das möge er ja nicht versäumen – jenen hautnahen Mahnungen erlagen Feverl und Finy auch; jedoch mit Geduld und ohne Gezappel. Sie ertrugen gehorsam und ohne zu fragen alle ihre Zustände, oder ,Gustos‘, wie sie es nannten. Im Frühling war das eben immer so, und bald würde man dann wieder schwimmen können.
    Als es endlich so weit war, tauchten sie in der großen Militärschwimmschule im Prater, die neuestens an gewissen Wochentagen dem zivilen Publikum offenstand, immer wieder bis auf den Grund des überaus geräumigen Bassins, und leiteten diesen Akt jedesmal mit derartigem Impetus ein, daß sie dabei stets durch einen Augenblick dem Himmel ihre dicken nassen Badekostüm-Popos zeigten (man hatte damals im Wasser noch sehr viel an), welches entenhafte Pürzel-Gehaben einigen älteren Mannsbildern, die am Geländer lehnten, zum gutmütigen Gaudium gereichte. Finy und Feverl war’s wurst, und auf Anknüpfungs-Gelegenheiten legten sie hier schon gar keinen Wert. Nach einigem Tauchen und Springen vom Trampolin meldete sich heißer Appetit; sie gingen zu einem Buffet, das sich hier aufgetan hatte. Dort verzehrte jede eine Knackwurst.
    Durch die Militärschwimmschule kam bei den beiden das Baden im Donaukanal (welches ohnehin verboten war) gänzlich in Abnahme; zudem, man trieb in der starken Strömung schnell dahin, kam weit weg, weshalb immer eine bei den Kleidern bleiben mußte; die nasse Schwimmerin aber konnte am Rückweg leicht von einem Sicherheitswachmann gesehen werden, der sie dann aufschrieb. Das rasche Wasser des Donaukanales war übrigens schmutzig-trüb. Man hat später hier Städtische Strombäder gehabt, die auf einer Art schwimmendem Prahm kleine Bassins boten, durch welche die Strömung floß; doch waren da kaum ein paar Tempos möglich.
    Die Pferdchen weideten jetzt lieber, besonders bei weniger warmem Wetter, an der grünen Uferböschung, wo das niedergedrückte Gras lang und tief war bis zum untersten Rande, der etwa einen Meter über dem quirlenden Wasser senkrecht pilotiert in dieses abbrach. Sie sahen über die eilig schlierende Wasserfläche zum anderen Ufer hinüber, wo nur einzelne Häuser standen, und mit dem grünen Gekuppel der Baumkronen und dem dunstigen Sommerhimmel über ihnen der Prater mit seinen Auen begann. So ließen Feverl und Finy die Zeit bis zum Abend vergehen, nachdem sie ausgeschlafen hatten, und hielten dabei mit Vergnügen ihre bloßen Füße in die linden Lüfte; Schuhe und Strümpfe lagen daneben im Gras.
    M ünsterer, des Knollengewächses Wewerka Stiefsohn, war ein wohlgewachsener schlanker junger Mann und lebte mit seinem Vater (eigentlich der Hausmeister) und dessen zweiter Frau (horribile dictu – schrecklich, es zu sagen!) in drangvoller troglodytischer Enge. Der Vater und Hausmeister trat kaum in Erscheinung. Er war um einige Jahre älter als horribile dictu und lehnte irgendwo versoffen herum. Nur dann und wann zeigte er Spuren einstmaligen Lebens und schimpfte etwa im Flur hinter Hausparteien her, die ihn garnicht kannten, denn die Wewerka hielt ihn meist unter

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