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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Chwostiks Zimmer – er hatte als Bureauvorstand freilich eines für sich allein – zwischen Robert Clayton und ihm unvermutet ein Gespräch über die Steuer-Sache in Gang kam. Chwostik brauchte sich dabei garnicht anzustrengen; auch lag es nicht in seiner Absicht, und wohl auch nicht in seiner Art, den englischen Chef hier und jetzt und auf der Stelle von irgendetwas überzeugen zu wollen und ihm Argumente aufzudrängen. Er ließ nur beiläufig fallen, daß die Haltung, welche die Behörde hier einnehme, eigentlich eine patriotische sei und also von sittlichen Gründen bestimmt werde; und vielleicht war überhaupt nur der englische Ausdruck entscheidend, den Chwostik jetzt verwendete (,,forethical reasons“). Er hätte es ja schließlich auch anders sagen können. Aber, je ungezielter einer spricht, desto eher trifft er in des anderen Ohr. Clayton schien nun in diesem Punkte zu hören, ja, es ist ihm später sogar gelungen, seinen Vater zu überzeugen; so daß in der Folge die Sachen wirklich auf jene Weise geordnet wurden, die Dr. Eptinger und Chwostik in’s Auge gefaßt hatten während ihres Gespräches.
    E ine Woche danach fand ein solches zwischen Milo und Pēpi im Beisl statt; man könnte diese Unterhaltung jedoch schon eher einen Kriegsrat oder eine Konferenz nennen. Wäre Andreas weniger klug gewesen, er hätte sich fast gekränkt fühlen können darüber, daß einem Wink des Rechtsanwaltes gelungen war, worum er sich so lange Zeit vergebens bemüht hatte. Ja, es war nahe an dem, daß er sich kränkte. Aber er bekämpfte es. Auch ahnte ihm, daß seine Mühe keine vertane gewesen war, sondern den Pēpi für die richtige Stunde vorbereitet hatte.
    Chwostik wandte sich an Milo auch wegen eines guten Schneiders, eines Schusters und einer Hemden-Nähterin, ja, mehr als das: überhaupt um seinen modischen Rat in dieser ganzen Sache. Ihr widmete sich Milohnić in der Folge mit echter Begeisterung. Er lieferte den Entwurf des Bedarfs – eine komplette Herren-Garderobe, da Chwostik rein nichts von seinen alten Sachen zu behalten gedachte! – und in den Entwurf wurde sogar ein Abendanzug aufgenommen, mit entsprechender Wäsche und Beschuhung, sowie eines jener langschößigen Ungetüme, die man damals beliebte und ,Gehrock‘ benannte. Solche Bratenröcke sind später durch den Cutaway verdrängt worden.
    „Mach‘ es nächstes Jahr mit den Möbeln ebenso, wenn du übersiedelst!“ rief Milohnić. „Sie sind scheußlich. Du kannst sie nicht einmal zum Versteigern geben. Der Transport und Lagerzins kostet dich mehr als dabei am Ende herausspringt.“
    „Das kommt mir auch so vor“, sagte Chwostik.
    Merkwürdig und auffallend blieben in der Folge für Milohnić zwei Umstände. Nämlich erstens, daß Chwostik von den nach und nach fertig werdenden Stücken durchaus nichts tragen wollte, weder Kleider, noch Wäsche, noch Schuhe; vielleicht so lange nicht, bis die ganze Kollektion komplett vorlag? Gedachte er sich dann total und plötzlich zu häuten? Ferner zeigte er das größte Interesse für solide und elegante Gepäckstücke, auch Koffer geräumigeren Ausmaßes sowie Coupe-Koffer und Taschen. Hierin bewahrte er manches von seinen neuen Schätzen auf; vor allem wohl die Wäsche, vielleicht auch die Schuhe. Seine neuen Anzüge aber hing er, wie sie vom Schneider kamen einen neben den anderen in den Schrank.
    I n die Zeit, welche damals sehr langsam noch verging, sich da und dort in Teichen sammelte, oder, ihres Fließens ganz vergessend, in Tümpeln stand und den Himmel spiegelte, denn wie Tümpel waren ihre so sehr beruhigten Zustände: in diese Zeit floß jetzt der Herbst ein, und noch lange vor einer Verfärbung der Bäume mit einer Veränderung des Luftgeschmacks, und wieder lange vor dieser mit einem gewandelten Licht, wenn man aus einer schattigen Gasse um die Ecke und damit in die Sonne trat.
    Au und Baum und Wiesenplan begannen an der Grenze ihrer Reife zu hauchen. Den neuen und noch kaum benützten Schulbüchern eignete sauberer Duft, und manchen hat eigentlich nur dieser zum Lernen hingezogen, und so kam er gut in das neue Schuljahr und vermied, daß in dieses frühzeitig schlechte Noten ihm Löcher schossen, durch welche das wenige, was man wußte, dann auch noch hinausrann. Chwostik, ein Schüler in der Klasse ,Ernst des Lebens‘, war jedoch stets gut vorbereitet, auch in den neuen Fächern, welche jetzt hinzugekommen waren (Türkisch, Französisch, auch bissel Leda und solche Sachen, jetzt kannte

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