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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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Verschluß und er hatte, nach solchen seltenen Auflehnungen, sehr unter giftigen Verätzungen durch das Knollengewächs zu leiden, welche im Zornesfall von äußerster Bösartigkeit sein konnten. Auch entzog ihm die Wewerka dann stets den Wein, und er wurde in eine Kammer gesperrt, die an den Lichthof grenzte. Dort hielt sie ihn oft mehrere Tage.
    Münsterer verteidigte den Vater nicht. Der Unsegen, welchen dieser durch das Knollengewächs in des Sohnes Jugend hereingebracht hatte – einen Hausmeisterposten, eine dementsprechende Wohnung und einiges Weintrinken erheiratend – schien dem Sohne so fluchwürdig, daß er dafür dem Alten jedwede Huntzung von Herzen gönnte.
    Nun war dieser Münsterer neunzehn Jahre alt geworden und hatte seine Praktikantenzeit bei der Post hinter sich gebracht; nunmehr Manipulant, war er’s doch bei so geringen Bezügen, daß sie ihm ein selbständiges Existieren außerhalb der troglodytischer Höhle und Hölle nicht ermöglichten. Er verdiente noch weit weniger als einst Chwostik bei Debrössy zu jener Zeit, als seine Eltern starben: aber dieser war im Besitz einer eigenen Wohnung gewesen, und war es noch.
    Damit erscheint Münsterers Verhältnis zu Chwostik fixiert. Dieser wohnte. Jener hauste, hatte nicht mehr als ein Bett (wir kannten es, teilen aber keine Einzelheiten darüber mit).
    Es war des jungen Münsterer Antlitz derart, als hätte die Natur, plötzlich wütend geworden, da hinein gegriffen; oder aber, als sei eine alte, aus vielerlei kleinen Grauslichkeiten durch lange Zeit zusammengeronnene Schande plötzlich an Tag gekommen. Derartige Leute laufen allezeit viele herum. Jedoch, während die meisten Menschen, welche wir kennen, mit den Jahren immer ordinärer aussehen, verhielt es sich mit Münsterer ganz gegenteilig. Das durch den Zornesgriff verunstaltete Antlitz heilte, es fügte sich gleichsam neu zusammen.
    Er mied die elterliche Höhle so viel er’s nur vermochte. Da er vom schmalen Gehalt sein Wirtschaftsgeld erlegte und nur wenige Gulden und Kreuzer im Monat für sich behielt, war er ein gewissermaßen selbständiger Mensch und das Knollengewächs konnte eine disponierende Autorität über ihn nicht mehr in Anspruch nehmen (sollte mann glauben!).
    Nun gut; aber inzwischen hat sich bereits die Frage erhoben, wie denn der Wewerka Gatte, horribile dictu, Münsterer heißen konnte und warum sie nicht auch so hieß. Ja, doch, sie hieß. Aber nur auf dem Papier. Sie war nun seit bald dreißig Jahren hier die Hausmeisterin; sie war die Wewerka; und sie blieb’s. Münsterer hingegen, soweit man ihn überhaupt kannte, erschien als späterer Zuzügling. Es gab Leute, die ihn den Herrn Wewerka nannten; und das verdiente er auch: ein gehausmeistertes und somit entehrtes Individuum, das sozusagen unter der dicken Schlamm-Schichte seiner Schmach ganz versunken war und nur mehr knapp mit den Nasenlöchern daraus hervorsah, so daß es eben noch atmen konnte. Der Sohn indessen wurde Herr Münsterer genannt; noch war er ja nicht mit solcher Schmach bedeckt.
    Dieser also hauste. Jener (Chwostik) wohnte. Es gehört aber zu den Eigenheiten unserer Composition hier, daß die Sachen alle doch irgendwann einmal so weit kommen: Münsterer hat späterhin, wenn auch nur durch eine kurze Zeit, in Chwostiks Wohnung gehaust (weiter brachte er es damals, selbst unter einst so ersehnten Umständen, nicht), in Chwostik’s Bett geschlafen, ja, auf dessen Matratzen, flankiert mehrmals von Feverl und Finy samt diesbezüglichen Partnern; und freilich in unbeschreiblichen Gefühlen.
    Diese bezogen sich jedoch nicht auf die amtierenden Weiber nebenan, sondern noch immer auf den zur Zeit garnicht mehr vorhandenen Chwostik.
    Nun, jetzt war er noch da. Münsterer grüßte ihn respektvoll, wenn sie einander im Hausflure begegneten, und stets ward ihm freundlich und zeremoniös gedankt.
    Und jener entschwand nach oben, wo er wohnte, Münsterer aber versank nach unten und saß auf seiner von uns geflissentlich nicht beschriebenen Lagerstätte nieder (die Decke war ein grauer Kotzen, genug, es könnte einem das Kotzen kommen). Heute Stille, wohl auch Enge, jedoch sie war nicht drangvoll. Die Höhle leer. Vorne beim Abgang eine Lampe. Hier, im hintersten Auslaufe des Bockshorns, wohinein Münsterer gejagt worden war durch des Vaters Verhausmeisterung (conciergificatio), war’s fast dunkel. Horribile dictu und ihr mit Schmach bedeckter Torkel waren heute zu zweit im Beisl (dort, wo Chwostik’s Vater einst

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