Die Wasserfälle von Slunj
längerer Wartezeit, und der beflissene Ober hier um-mauerte sie von allen Seiten mit Zeitungen. Jetzt erschien Donald rechts drüben, wo die breite Marxergasse in die Razumovskygasse mündet. Monica erkannte ihn sofort, als er sichtbar wurde, obwohl es draußen schon dunkelte. Nun, seine Länge wirkte wirklich wie ein Signal. Im Café war das Licht aufgeflammt in vielen Milchglas-Monden. Der Ober ging an den Fenstern entlang mit einem Stabe in der Hand und schob überall die Vorhänge zusammen. Die Metallringe glitten glatt auf den Messingstangen und es rauschte ein wenig. Monica wollte auch nicht mehr hinausblicken. Die Drehtür geriet in Bewegung, Donald war da.
S eit vielen Jahren schon, seit der alte Schiffskapitän seiner Draga nachgefolgt war, verbrachte Milohnić die Urlaube nur zum Teil mehr in jenem kleinen Haus an der steinigen Küste der Insel Krk, zumeist aber in Wien und in österreichischen Sommerfrischen. Diesmal schrieb ihm Chwostik von der beabsichtigten Reise, deren letzter Teil ihn freilich auch nach Belgrad führen mußte. Deshalb beschloß Andreas, seinen Urlaub schon zeitlicher zu nehmen, im Frühjahr, und wenn Pēpi noch in Wien sein würde.
Er nahm den Urlaub ja gewissermaßen bei sich selbst. Milo war längst Eigentümer des großen Hotels in der Kralja Milana geworden, als dessen Direktor er einst nach Belgrad gekommen war. Zehn Jahre danach hatte ihn sein Chef bereits als Teilhaber in’s Geschäft genommen, und schließlich war er obendrein von dem alleinstehenden Manne zum Erben eingesetzt worden. Es gehört unser Milohnić zu jenen, die sich in der Kategorie der Beliebtheit bewegen. Diese ist angeboren. Sie wirkt bis in die kleinsten Verästelungen und Einzelheiten des Lebens. Sie durchsetzt alles mit Wohlgefallen. Nur wer ihr nicht angehört vermag ihre fortwährend wirkende Macht staunend zu erkennen, die der Tüchtigkeit erst die glatten Gleise vorlegt.
Vielleicht bestand in solcher Schicksalsbeschaffenheit und Verwandtschaft der eigentliche Grund von Chwostik’s und des Andreas fester und dauernder Beziehung. Aus den Fenstern eines solchen Lebens gesehen erscheint manch ein anderes als töricht und unvernünftigen Hemmungen unterliegend. Die Glücklichen halten ihre Kunst und die Gunst, unter welcher sie leben, für lehrbar. Sie setzen beides damit herab.
Chwostik nahm nie regelmäßige Urlaube, obwohl er sie ohneweiteres hätte haben können. Er hätte überhaupt bei Robert Clayton sozusagen alles haben können. Doch reiste er selten zu seinem Vergnügen und nur, wenn der Geschäftsgang es bequem gestattete und beide Chefs in Wien waren. Einmal begleitete er Robert nach England, um das Werk in Chifflington zu sehen, und lernte seinen dortigen Kollegen, den commerciellen Director kennen, einen Mr. Cyrus Smith, der übrigens Chwostik nicht so ganz unähnlich war (obwohl ihn doch nicht Milohnić ausgesucht hatte!). Es verhielt sich da merkwürdig, es gab hier eine entfernt verwandte Parallele zu den beiden Hausmeistern, dem mit der Cricket-Mütze in Pompe-House, und Herrn Broubek in Wien. Robert stellte es in aller Stille fest, als er in Brindley-Hall nach einem Dinner, zu welchem Mr. Smith geladen war, mit beiden Herren am Kamine saß. Sie schienen einander auch gleich sympathisch zu sein.
Einmal war Chwostik vierzehn Tage bei Milo in Dalmatien gewesen, in jenem Sommer, der auf das Ableben des alten Kapitäns folgte. Andreas zeigte ihm den steinigen Weg, den sie als Buben über dem Strande gegangen waren und die Plätze in den Klippen, wo der Alte gefischt hatte. Sie fingen auch eine Languste zwischen den Blöcken. Das Boot war noch gut im Stande. Bei heißer blauer Spiegelglätte und leichtem Windhauch saß Milohnić am Klüver und am Steuer, sie zogen einen langen Bogen von der Küste hinaus und wieder zurück. Abends kam der Nachbar, der Sohn jenes Italieners, der für den alten Kapitän einst das Boot kalfatert hatte (jetzt besorgte er dasselbe für Milo). Er brachte die zubereitete Languste und sie tranken roten Lissa-Wein.
Nun also sollte Milo nach Wien kommen. (Er wohnte dann immer in jenem Hotel auf der Josefstadt, wo er einst den Empfang besorgt hatte.) Wenn sich was anbahnt, sickern die Menschen schon vorher zusammen. Das kann immer beobachtet werden. Man kam aus Zürich (Ing. Monica Bachler); aus Montreal (ein fettes Bürschl); man sollte aus Belgrad kommen. Es kann hier garnicht fehlen, daß schließlich auch der M.C. hineingezogen wurde, hinein nämlich in den
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