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Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
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eines Rhumkorff‘schen Funkeninduktors, und die eben so glänzend schwarzen kreisförmigen Scheiben einer Whimshurst’schen Influenzmaschine mit den silbernen Akzenten der Lamellen rundum).
    Es war ein Laboratorium, wirklich.
    In der Mitte ein großer, brauner, spiegelnder, leerer Tisch.
    Bett sah Zdenko keines. Nur ein Diwan stand an der Rückwand, mit Fauteuils.
    Er wird doch nicht hier im Laboratorium schlafen, dachte Zdenko, wo er vielleicht alle möglichen Dämpfe erzeugt.
    Später stellte sich heraus, daß Heinrich nebenan in einem hübschen Kabinett wohnte. Zdenko war zunächst so erstaunt, als hätte er mitten in Wien einen neuen Erdteil entdeckt (und es verhielt sich ja wirklich fast so ähnlich). Heinrich ließ ihn ruhig alles besichtigen und stand lang und schlank und immer unverbindlich-liebenswürdig dabei und antwortete auf alle Fragen. Für Zdenko ging der stärkste Eindruck von den kristallographischen Modellen beim Block-Tischlein neben dem Fernrohr aus: die reinen, glatten, glänzenden Formen. Aber hier fragte er nicht. Nur zwischendurch sah er mehrmals dort hinüber.
    Freilich, es ging dem jungen Herrn von Chlamtatsch schon durch den Kopf, daß Frehlingers Vater ein sehr reicher Mann sein mußte, wenn er das Studierzimmer seines Sohnes derart auszustatten vermochte. Daß dies hier, dieser kleine Physik-Saal, könnte man sagen, den Liebhabereien und Spielereien des Dr. phil. Heinrich Frehlinger sen. verdankt wurde, erfuhr Zdenko erst ein Weilchen später, indirekt und zwischendurch, aus Bemerkungen Heinrichs. Interessen, Talente und Veranlagungen des Jungen kamen dem Vater glücklich entgegen, und fest stand es bereits, daß Heinrich entweder Mathematik und Physik oder Chemie studieren würde, wie sein Vater, oder auch alle drei Wissenschaften. Wenn aber Heinrich zu Weihnachten einen Rhumkorff‘schen Funkeninduktor geschenkt bekam, so hatte sich doch der Doctor Frehlinger damit auch selbst ein neues Spielzeug angeschafft. Chemische Analysen führten sie hier oft gemeinsam durch, ja, dann und wann einmal, wenn es um kleine Dinge ging, auch solche für das Werk, obwohl es ja dort ein richtiges und großes Laboratorium gab. Es läßt sich leicht denken, daß der Gymnasiast schon jetzt bei seinem Vater vieles für’s spätere Studium lernte.
    Das wär’ was für Augustus! dachte Zdenko. Nun, der wollte aber Maschinen-Ingenieur werden.
    Es gab links an der Seitenwand neben der Laboratoriums-Ecke noch einen niedrigen Schrank, eine Art Kommode, jedoch mit Türen, nicht mit Schubladen. Die Platte war mit dem gleichen silbergrauen Material bedeckt, das in der Ecke die Wände bekleidete („säurefest“, sagte Frehlinger, leicht mit der Hand darauf schlagend). Hier standen, neben einem umfänglichen, mit ledergesäumtem grünem Segeltuch verhüllten Gegenstand (ein Elektromotor, wie sich später zeigte) zwei große glasglänzende Retorten in eisernen Haltern. Sie erschienen Zdenko wie der Gegenpol zu den blinkenden kristallographischen Modellen auf dem Blocktischlein neben dem Fernrohr, und doch mit ihnen verwandt.
    Er sprach in bezug auf beides keine Fragen aus. Wir sehen seine Unsachlichkeit in einer sachlichen Welt, innerhalb deren er Beziehungen herstellte, die es da garnicht gab. In einem neuen Erdteil fällt Unwesentliches auf, das die Eingeborenen kaum beachten. Frehlinger hatte eine große Glaswanne, wie ein Aquarium für Goldfische, auf den Werktisch des Laboratoriums gestellt, schüttete ein weißes Salz hinein und füllte das Gefäß zu zwei Dritteln mit Wasser. „Es kommt darauf an, daß man beobachten lernt“, sagte er zwischendurch. „Wenn man die Bedingungen und Umstände, die man beim Experimentieren geschaffen hat, vollzählig im Auge behält, springt immer die richtige Erklärung von selbst heraus. Aber man darf auf nichts vergessen. Es können Nebenumstände wirksam sein, die man garnicht haben wollte, und die man doch herbeigeführt hat.“ Er lachte. „Ich werde dir ein einfaches Beispiel zeigen. Du mußt es selbst lösen.“ Dieser Frehlinger war eigentlich recht gut angezogen, aber nicht eigentlich elegant. Eher gelehrtenhaft. Die dicke Uhrkette, zum Beispiel, an der Weste. Und hohe Schnürschuhe. Zdenko trug schon Halbschuhe.
    Zdenko warf einen Blick auf die Retorten.
    „Die haben wir erst vorgestern gekauft“, sagte Frehlinger und zog den einen Ständer heran. Er lachte. „Setz dich hinein“, fügte er mit einladender Handbewegung hinzu. „Als Homunculus“, sagte

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