Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wasserfälle von Slunj

Die Wasserfälle von Slunj

Titel: Die Wasserfälle von Slunj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
herbeigeführt haben. Genau das, was ich früher meinte. Die Drähte, die in’s Wasser hängen, sind von Kupfer. Bei der Berührung mit dem Salmiaksalz entsteht, wenn der Strom hindurchgeht, Kupfervitriol. Es färbt das Wasser blau. Siehst du die feinen Bläschen, die hier von der kupfernen Elektrode aufsteigen? Wären die Pole von Platin, so gäbe es überhaupt keine Veränderung. Der Strom würde hindurchgehen, und die Salmiaklösung bliebe farblos, wie sie zu Anfang war. So aber kommt es zu einer Elektrolyse des Kupfers.“
    Frehlinger trat zu dem Schaltbrett – es wies auf seiner linken Hälfte auch dicke, rechtwinklig über Porzellanknöpfe geführte schwarze Kabel – und zog rechts den kleinen Hebel, womit der Strom unterbrochen war.
    „Das ist ja ein ganzes System“, sagte Zdenko, die Schalt-Tafel betrachtend, in schon distanzierterer und fast beiläufiger Weise: nach zuerst vollzogener starker Schwankung ließ die Anziehung welche Frehlingers Welthöhle auf ihn gewirkt hatte, nun schon ein wenig nach. Heinrich erklärte ihm die Anlage – es waren eigentlich zwei, nur am gleichen Brette montiert: links der Starkstrom, rechts Frehlingers ,eigener Stromkreis‘, wie er lachend sagte, von den Leclanché-Elementen. Er lachte immer harmlos und freundlich, seltsam professoral für einen so jungen Burschen, auch in seinen Scherzen: so etwa, als er, gleich zu Anfang, Zdenko aufgefordert hatte, sich in die Retorte hinein zu setzen. Durch einen halben Augenblick war dem jungen Herrn von Chlamtatsch dieses Gehaben jetzt fast unheimlich – als fehle bei Frehlinger irgendetwas, als sei sein Mitschüler nur eine Art Automat! – aber das verging gleich wieder.
    Zdenko betrachtete die Meß-Instrumente auf dem Schaltbrette, deren Zeiger jetzt ruhten. Die erste Dämmerung breitete sich im Zimmer aus, sie floß herein aus dem Geschachtei und Getürm der Gebäude draußen, aus der Ferne, die keine war, und sammelte sich hier. Frehlinger hatte eben die beiden Rheostaten gezeigt, die unterhalb des Schaltbrettes angebracht waren, der größere für den Starkstrom: ein – und ausschaltbare abgestufte Widerstände, man konnte jede beliebige Spannung wählen mit dem über einem Dreiviertelkreis beweglichen Hebel. Die Nadel des Voltmeters schwankte, fiel wieder, ruhte. Frehlinger entfernte dann das ledergesäumte grüne Segeltuch von dem umfänglichen Ding, das neben den beiden Retorten auf dem niedrigen Schrank stand. Es war ein starker Elektromotor. Heinrich zog zwei Kabel herbei und führte den hervorstehenden Kupferdraht in die Klemmen. Dann legte er am Schaltbrette linker Hand den größten Hebel um, der einen Griff von schwarzem Hartgummi zeigte. Mit einer Gewalt, die – so empfand es Zdenko – garnicht in ein Zimmer paßte, sprang die Maschine an und jaulte alsbald hinauf zu ihrer höchsten Umdrehungszahl. Der Schrank zitterte. Frehlinger schaltete den Strom wieder aus. Als er den Hebel zog und damit den Kontakt trennte gab es am Schaltbrette ein scharfes blaues Aufleuchten, das die Dämmerung im Zimmer jetzt sichtbar machte. „Blau ist die Farbe dieses Nachmittages“, dachte Zdenko mit einem Blick zu dem Glasgefäße auf dem Werktisch. Frehlinger hatte Licht gemacht. „Dieser Motor soll ja eigentlich eine Drehbank treiben“, sagte er. „Ohne Belastung läuft er natürlich wild. Der Papa hat ihn hereingestellt, weil er ihn mit mir zerlegen will.“ Damit zog er die Kabel wieder aus den Klemmen.
    Es war hier nun licht und draußen schien’s schon dunkel. Zdenko spazierte um das Zimmer, warf einen Seitenblick auf die kristallographischen Modelle beim Fernrohr, fragte beiläufig, ob Heinrich auch Astronomie betreibe? (was dieser bejahte) und blieb vor dem verglasten Schrank mit den elektrischen Geräten stehen. „Du mußt ja weit mehr in Physik und Chemie wissen, als wir im Gymnasium überhaupt lernen.“
    „Das schon“, sagte Frehlinger, „bissel mehr schon. Auch in Mathematik.“
    In diesem Augenblicke ward deutlich zweimal an die Tür geklopft und der Fabriksdirektor Dr. Heinrich Frehlinger senior trat ein. „Guten Abend, meine Herren“, sagte er und lachte, aber in etwas anderer Art als sein Sohn, man möchte sagen, nicht professoral, sondern gewandt und leichthin. Ein hochgewachsener, sehr schlanker, spitzbärtiger Mann, noch größer als Heinrich jun. (der ja noch im Wachsen war), mit Bewegungen, die etwas gleitendes hatten und zu seiner Schlankheit paßten, eine glitt immer aus der anderen mühelos

Weitere Kostenlose Bücher