Die Wassermuehle
mal stehen. „Danke, Papa.“
„Mhm.“
„Grüß Mama von mir.“
„Mach ich.“
„Ich finde ihr Verhalten dir gegenüber übrigens scheiße.“
„Viel Spaß am Bodensee.“
„Werd ich haben. Tschüss.“
Klaus hörte die Wohnungstür ins Schloss fallen und betrachtete gedankenverloren seine Kaffeetasse. Eine Stunde später wachte er mit schmerzenden Gliedern und steifem Nacken auf. Er trank den kalten Kaffee aus und aß Saschas Ei. Den Rest ließ er stehen.
* * *
„Du siehst nicht besonders taufrisch aus“, sagte Klaus grinsend, als Hedi ihm die Tür öffnete.
„Du auch nicht“, gab sie gereizt zurück.
„Darf ich reinkommen?“
Sie rieb ihre Stirn. „Nur, wenn du keine Moralpredigten hältst.“
Klaus ging an ihr vorbei ins Wohnzimmer. Vivienne saß auf dem Biedermeiersofa und blätterte in einem Bildband. Auf dem Tisch standen zwei Keramikbecher und eine Teekanne. Es roch nach Kräutern.
„Ciao, Klaus“, sagte Vivienne lächelnd.
„Tag“, sagte Klaus und ließ sich in Juliettes abgewetztem Fernsehsessel nieder.
„Hast du schon gefrühstückt?“, fragte Hedi.
„Bäckerfrische Brötchen und butterweiche Eier. Mit Sascha zusammen.“
„Wie geht es ihm?“
„Ich soll dich grüßen.“
„Warum ist er nicht mitgekommen?“
„Er findet dein Verhalten mir gegenüber scheiße.“
Vivienne kicherte.
„Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt!“, sagte Hedi ungehalten.
„Ich könnte einen Kaffee vertragen“, sagte Klaus. „Mit mindestens drei Würfeln Zucker drin.“
Hedi ging in die Küche. Vivienne sah von ihrem Buch auf. „Du solltest sie nett behandeln. Sie hat die halbe Nacht auf der Toilette verbracht.“
Klaus’ Miene verdüsterte sich. Hedi kam mit einer dampfenden Tasse und der Zuckerdose herein. Sie stellte beides kommentarlos vor Klaus auf den Tisch und setzte sich zu Vivienne aufs Sofa.
„Und? War’s schön?“, fragte er.
„Was?“
„Dein Ferrariausflug.“
„Woher weißt du ...?“
„Ich habe gestern Abend mit deiner Freundin telefoniert.“
Hedi warf Vivienne einen ärgerlichen Blick zu. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich sah keinen Grund, ein Staatsgeheimnis daraus zu machen.“
„Als zweite Vorspeise hatten wir Leberbällchen mit Spinat. Reicht das?“
„Wieviel Pfeffer war am Hauptgericht?“
„Das geht dich nichts an. Warum bist du hier?“
Klaus trank zu hastig und verbrannte sich die Zunge. Fluchend stellte er die Tasse zurück. „Ich bin zufällig mit dir verheiratet!“
„Schön, dass du dich daran erinnerst.“
„Was wollte dieser Kunstfuzzi von dir?“
Vivienne schlug das Buch zu und legte es beiseite. „Du solltest lieber fragen, was Hedi von ihm wollte.“
„Es ging um nichts weiter als den Ankauf deiner dämlichen Schinken“, sagte Hedi verägert.
„Du sollst meine Arbeiten nicht Schinken nennen!“
„Apropos ...“ Klaus sah Vivienne an. „Wo befindet sich eigentlich das Büro deiner ach so rührigen Agentin?“
„Warum?“
„Wo?“
Vivienne schaute zur Uhr. „Liebe Güte! Ich bin eine halbe Stunde über meine Meditierzeit!“ Sie sprang auf und lief aus dem Zimmer.
„Ist sie jetzt vollkommen übergeschnappt?“, fragte Klaus.
Hedi trank einen Schluck Tee. Hinter ihrer Stirn surrte es wie in einem Bienenkorb. Sie schwor sich, nie wieder französischen Rotwein anzurühren. „Wozu brauchst du Antoinette von Eschenbergs Büroadresse?“
„Hast du was mit dem Kerl?“
„Entweder wechselst du das Thema, oder du gehst!“
„An deiner Künstlerfreundin ist was oberfaul.“
Hedi schenkte sich Tee nach. „Wolfgang sagt, sie hat Talent.“
„Ach, sieh an: Der charmante Kunstexperte aus München und die Odenwälder Mühlenerbin sind per Du?“
„Hör auf, dich lächerlich zu machen.“
„Wenn sich hier jemand lächerlich macht, dann du.“
Hedi stellte den Teebecher hart auf den Tisch. „Ich habe dir gesagt, dass ich heute nicht in der Stimmung bin, deine Predigten zu ertragen!“
„Ich wollte lediglich ...“
Dominique kam herein. Sie trug ein knallrotes Minikleid und ebensolche Schuhe. Ihre Lippen und Fingernägel leuchteten passend zur Garderobe. „Hallo, Paps!“ Ehe es sich Klaus versah, prangte ein roter Kussmund auf seiner Wange. „Schön, dass du uns besuchst.“
Missbilligend betrachtete er ihr Kleid. „Bisschen kurz, oder?“
Dominique verzog spöttisch das Gesicht. „Paps, du hast keine Ahnung.“ Sie sah Hedi an. „Ich geh dann mal. Uwe wartet bestimmt
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