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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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bitte!“
    „Für dich gibt es nur einen Grund, hier aufzukreuzen: Vivienne in die Pfanne zu hauen!“
    „Du kannst die Wahrheit nicht vertragen. Das ist alles.“
    „So? Und was ist die Wahrheit, Herr Polizist?“
    „Du hättest mal in den Spiegel schauen sollen, als du mit deinem Ferrarikutscher telefoniert hast.“
    „Mit ihm kann ich mich wenigstens wie mit einem vernünftigen Menschen unterhalten!“
    Er ließ sie los. „Entschuldige, dass ich dich belästigt habe. Es wird nicht wieder vorkommen.“
    „Spielst du jetzt die beleidigte Leberwurst?“
    Er ging, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    „Das war echt voll daneben, Mama!“, sagte Dominique von der Wohnzimmertür her.
    „Ich wüsste nicht, dass ich nach deiner Meinung gefragt hätte!“, entgegnete Hedi gereizt.
    „Favitta putzt wirklich bei uns.“
    „Und was ist mit dieser Dagmar?“
    „Die kenn ich nicht.“
    „Aha!“
    „Wenn du so weitermachst, kriegst du Paps nie zurück.“
    „Wer sagt denn, dass ich das überhaupt will?“
    Bevor ihre Tochter etwas erwidern konnte, lief Hedi die Treppe hinauf und verschwand in ihrem Zimmer.
    Es dämmerte schon, als es klopfte. „Hedi? Ich bin’s“, drang Viviennes Stimme durch die Tür.
    „Komm rein.“
    Hedi lehnte am Fenster. Vivienne schloss die Tür und ging zu ihr. „Ich würde dir gern erklären ...“
    „Ich werde die Mühle verkaufen.“
    „Aber Hedi! Das schöne Haus!“
    „Ich habe keinen Cent mehr, das schöne Haus zu unterhalten, Herrgott noch mal!“
    Vivienne wich erschrocken zurück. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ich hätte nicht einziehen dürfen.“
    „Das fällt dir reichlich spät ein. Wen wolltest du mit deiner bescheuerten Maskerade eigentlich beeindrucken?“
    „Bitte ... Das verstehst du nicht.“
    „Ich verstehe sehr wohl! Du hast mich nach Strich und Faden betrogen! Nur weil du Geld brauchtest, hast du dich überhaupt mit mir abgegeben!“
    Vivienne schluchzte. „Das ist nicht wahr!“
    „Wie hast du das so hübsch formuliert? Der Kosmos des Daseins in seiner Seinsverfallenheit: Sollte das etwa eine Anspielung sein, weil die kleine Müllprinzessin wieder mal zu blöd war, das wahre Leben zu kapieren? Oder wofür hast du all die klugen Sprüche auswendig gelernt? Hast du da oben gehockt und dich kaputtgelacht über mich?“
    „Du glaubst, dass ich diese Bücher gelesen habe, um dich zu betrügen und zu beleidigen?“, rief Vivienne bestürzt.
    „Wozu sonst?“
    „Weil ich versuche, die Orte, an denen ich male, wirklich kennenzulernen“, sagte Vivienne leise. „Sie nicht nur zu sehen, sondern zu fühlen. Schon immer habe ich Freude daran gehabt, den Worten nachzuspüren, die andere über Dinge gesagt haben, die mir wichtig sind. Ist denn das so schwer zu verstehen?“ Sie weinte. „Weißt du, wie demütigend es für eine Künstlerin ist, von einer Galerie zur nächsten zu laufen und überall nur auf Gleichgültigkeit oder Ablehnung zu stoßen? Meine Bilder sind ein Teil meiner Seele!“
    „Ja, ja, die existenzial geprüften Pinselstriche! Hast du vorher Yoga gemacht, damit du Chantal und Pietro besser ertragen konntest? Und mir erzählst du was von Rufruinieren! Bist du deshalb so gern meditieren gegangen, wenn Dominique ihre Stereoanlage aufgedreht hat? Weil du dann nicht mit der Kiste ins Grüne fahren musstest, um deine Telefonate zu erledigen? Risse im Aurafeld schließen! Schon klar.“
    Vivienne berührte Hedi am Arm, aber sie zog ihn weg. „Bitte, Hedi. Ich hatte das so nicht geplant, wirklich nicht. Tag für Tag hoffte ich, endlich Käufer für meine richtigen Bilder zu finden, und dass ich mit diesem demütigenden Spiel endlich aufhören kann. Es ist ja nicht so, dass ich die Bilder da oben ohne Probleme losgeworden wäre.“ Sie seufzte. „Ja, du hast recht. So zu tun, als wäre ich nur die Vermittlerin, hat mir geholfen, das alles überhaupt zu ertragen. Und die Sache mit deiner Schwägerin ... Ich wollte versuchen, es wieder gutzumachen. Dass man da oben telefonieren kann, habe ich nur zufällig entdeckt.“
    „Genauso zufällig, wie du damals meinen Zettel von der Klassenfeier wiedergefunden hast, was? Klaus hat recht. Dir zu vertrauen, war die dämlichste Idee, die ich je hatte.“
    „Er hat unrecht. Du lebst gern hier.“
    „Ach ja? Spätestens im Januar ist das Heizöl alle, wenn der Brenner überhaupt so lange durchhält. Die Wände sind feucht, die Tapeten schimmeln, Fenster und Türen klemmen. Aus den Leitungen kommt Rost

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