Die Wassermuehle
nötig ist.“
„Wenn man denen nicht alles haarklein vorkaut, bauen sie die Fenster garantiert verkehrt herum ein.“
„Ich nehme an, du würdest es nicht merken.“
„Handwerkern muss man permanent auf die Finger klopfen! Sonst produzieren sie nur Murks oder machen Mittagspause.“
Hedi verzichtete darauf zu fragen, woher Vivienne ihre Kenntnisse über Handwerker hatte. Sie ging ins Esszimmer – und schüttelte den Kopf: Der Tisch sah aus, als ob Klaus und die Kinder zu Besuch gewesen wären. Wütend räumte sie das Geschirr zusammen, stellte es in die Spüle zu den schmutzigen Töpfen vom Vortag und setzte Juliettes alten Wasserkessel auf. Es ärgerte sie, dass Vivienne ihre Bitten um Hilfe einfach ignorierte. Und dass sich Klaus nicht meldete! Hatte er sie etwa schon abgehakt? Trotzig wischte sie sich über die Augen. Wenn er meinte, auf stur schalten zu müssen, sollte er doch. Sie dachte nicht daran, zuerst anzurufen!
Als das Geschirr und die Töpfe gespült im Schrank standen, war Hedis schlechte Laune verflogen. Sie zog einen von Juliettes Kitteln an und ging nach draußen, um sich den Hühnerstall vorzunehmen. Die Sonne brannte vom Himmel; es war windstill und drückend heiß. Drei Arbeiter schaufelten schwitzend Schutt in einen Container. Vivienne gab Anweisungen, wo welche Fenster hinkommen sollten.
Einer der Männer winkte Hedi zu sich. „Könnten Sie uns einen Gefallen tun und diesen plappernden Papagei woanders beschäftigen?“
Hedi schlug Vivienne vor, Umzugskisten auszuräumen, aber sie lehnte ab. Als sie die letzte Fuhre Hühnermist auskippte, kam Vivienne aus der Scheune zu ihr herüber. Ihre Wangen waren rot vor Zorn. „Die sind doof! Die kapieren gar nichts.“
Hedi stellte die Schubkarre ab. „Du hast gesagt, es sei eine renommierte Firma. Vielleicht solltest du sie einfach machen lassen.“
„Trau, schau, wem!“
Hedi drückte ihr die Mistgabel in die Hand. „Wenn du ohnehin wieder rübergehst, nimm die bitte mit in den Geräteraum.“
„Man sollte das Ding dem Vorarbeiter in den Arsch rammen!“
„Ziemlich vulgäre Vokabeln für eine sensible Künstlerin, oder?“
„Ich bin lernfähig.“ Sie stellte die schmutzige Gabel an den Zaun des Hühnergeheges. „Aber nicht unbegrenzt. Und jetzt muss ich meditieren.“
Kaum fünf Minuten später gellte ein Schrei über den Hof. Die Handwerker hörten auf zu arbeiten und sahen zum Haus.
„Haben die heute Schlachttag?“, fragte einer.
„Papageienschlachttag“, sagte ein zweiter. Die ganze Truppe grölte.
Hedi rannte ins Haus. Vivienne stand zitternd vor ihrem Bett.
„Ich wollte die Kissen aufschütteln, und da-da ...“
„Wo ist sie diesmal?“, fragte Hedi genervt.
„Keine Spinne! Eine Maus! In der Tagesdecke!“
Hedi nahm die Decke, hielt sie aus dem Fenster, schüttelte kräftig und warf sie Vivienne wieder zu. „Du kannst weitermachen.“
Als Vivienne die Decke auf dem Bett ausbreitete, huschte die Maus unters Kopfkissen.
„Donnerwetter! Hat die sich festgekrallt“, sagte Hedi.
Vivienne sah aus, als fiele sie gleich in Ohnmacht. „Was machen wir denn jetzt?“
„Eine Falle aufstellen.“
„Untersteh dich, in meinem teuren Seidenbett eine eklige Mausefalle aufzustellen!“
„Ich hab’s.“ Hedi ging aus dem Zimmer und kam mit dem graugetigerten Kater Tom zurück. Sie setzte ihn aufs Kopfkissen. „Los, Tommilein: Fresschen! Im Bettchen. Such!“
„Spinnst du? Der hat bestimmt dreckige Pfoten!“, schrie Vivienne.
Tom verschwand unter der Federdecke und tauchte am anderen Ende des Betts wieder auf. Die Maus war schneller. Ihre Flucht endete vor dem Nachttisch. Vivienne presste die Hände vor den Mund. „Mir wird schlecht.“
Hedi zuckte mit den Schultern. „Du wolltest ja unbedingt aufs Land ziehen. Wenn du mich suchst: Ich bin in der Küche.“
Im Flur blieb sie vor Juliettes altertümlichem Telefon stehen. Warum rief Klaus nicht an? Stimmte vielleicht mit dem Apparat etwas nicht? Sie nahm den Hörer ab und hörte sich das Freizeichen an. Null-sechs-neun ... Die Wählscheibe klackerte beim Zurücklaufen. Wann hatte sie zuletzt auf diese Weise telefoniert? Wenigstens nach den Kindern musste sie sich schließlich erkundigen. Auch wenn die Kinder ihre Mutter anscheinend überhaupt nicht vermissten. Sie spürte ihr Herz klopfen, als der Ruf durchging, und ließ es läuten, bis das Besetztzeichen kam. Danach probierte sie es auf Klaus’ Handy. Es war mal wieder ausgeschaltet.
„Ich wünsche
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