Die Wassermuehle
dir die Pest an den Hals, Klaus Winterfeldt!“, sagte sie und legte auf.
Eine knappe Stunde später stand er vor der Tür. Er sah blass und müde aus. „Ich war zufällig in der Gegend und wollte mal kurz vorbeischauen“, sagte er mit einem verlegenen Grinsen.
Hedi bemühte sich, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen. „Wie geht’s Sascha und Dominique?“
„Sascha hat bei Sabine übernachtet.“
„Wer ist Sabine?“
„Seine neue Freundin. Sie lernen Mathe zusammen.“
„Und warum sagt mir das keiner?“
„Ich hab’s dir gerade gesagt, oder?“ Er deutete auf den VW-Bus neben dem Hühnerstall. „Dein Auto harmoniert mit dem Haus.“
„Ich bin beim Waffeln backen“, sagte Hedi. „Willst du reinkommen und einen Kaffee trinken? Oder lieber draußen bleiben und ein Gutachten über Haus und Hof abgeben?“
„Das Dach müsste erneuert werden.“
„Das Dach ist völlig in Ordnung.“
Klaus ging an Hedi vorbei ins Wohnzimmer und schaute sich um. „Ihr hättet neu tapezieren sollen, bevor ihr Bilder aufhängt und Möbel reinstellt.“
„Du kannst gern damit anfangen!“, sagte Hedi gereizt.
Er deutete grinsend auf Viviennes Untergang . „Leidet deine Künstlerfreundin an epileptischen Anfällen?“
Hedi drehte sich wortlos um und ging in die Küche. Klaus kam ihr nach. „Über dem Wohnzimmerschrank sind Stockflecken.“
Hedi holte eine Tasse aus dem Schrank und schenkte ihm Kaffee ein. „Setz dich. Willst du Zucker?“
„An der Decke sind auch welche.“
„Na und?“
„Das ist ungesund.“
„Bestimmt nicht ungesünder als die Luft in Offenbach.“
„Die Fensterrahmen müssten gestrichen werden.“
„Ich fragte, ob du Zucker willst!“
„Ja. Die Haustür klemmt.“
Hedi gab Klaus die Zuckerdose und verteilte eine Portion Teig in Juliettes altersschwachem Waffeleisen.
„Hast du schon mal nach der Heizungsanlage geschaut?“
„Du nervst.“
„Was habt ihr seit eurem Einzug eigentlich gemacht? Blümchen gepflückt? Bildchen gemalt?“
„Es ist ja wohl kaum zu übersehen, dass die Scheune umgebaut wird.“
„Die Fenster vergammeln, die Tapeten schimmeln, die Heizung rostet. Und ihr baut die Scheune um?“
„Damit Vivienne arbeiten kann.“
„Kannst du mir erklären, warum sie eine ganze Scheune braucht, um eine Leinwand mit Farbe zu bekleckern?“
„Das verstehst du nicht.“
„Allerdings.“
Hedi nahm die fertige Waffel aus dem Eisen und legte sie auf einen Teller. Sie füllte neuen Teig ein. Klaus rollte die Waffel und biss hinein. „Mhm. Lecker. Und was ist mit der Mühle?“
„Was soll bitte mit der Mühle sein?“
„Du sagtest, dass du die Bruchbude bis September bewohnbar machen willst.“
Hedi warf ihm einen wütenden Blick zu. „Wie du siehst, wird sie bereits bewohnt.“
„Im Ernst, Hedi: Mit ein bisschen Fassadenkosmetik ist es bei diesem Haus nicht getan. Meiner Meinung nach ist da eine Komplettsanierung fällig. Vor allem müsste mal das ganze Gestrüpp von den Mauern runter.“
Eine erste Objektbesichtigung hat leider einige grundlegende Mängel ergeben, Frau Winterfeldt.
„Vivienne und ich haben beschlossen, mit der Außenrenovierung noch zu warten.“
„Ach? Und worauf, bitte? Bis es im Winter reinschneit?“
„Spar dir deinen Zynismus.“
Feuchte Kellerumfassungswände durch fehlende Absperrung gegen aufsteigende Nässe, noch näher zu verifizierende Schäden in den Gefachen durch mangelhafte Pflege und zu starken Grünbewuchs sowie deutlich sichtbaren Coniophorenbefall im Bereich der unteren Ständerkonstruktion infolge andauernder Durchfeuchtung des Holzes.
„Juliettes Geld reicht nicht, stimmt’s?“
Hedi nahm die Waffel aus dem Eisen und knallte sie auf den Teller. „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig!“
„Ich habe keine verlangt.“
Als Primärmaßnahmen wären vorzusehen: Trockenlegung der Grundmauern durch Anbringen von Sperren, Wiederherstellung des Fachwerks mittels Auskernung des gesamten Gefüges, Fungizidbehandlung der Moderfäule, Sanierung beziehungsweise Austausch zerstörter Konstruktionsbalken und Auflagerköpfe.
Klaus machte eine Kopfbewegung in Richtung Scheune. „Wieviel kostet euch der Spaß?“
„Das organisiert Vivienne. Der Entwurf ihres Architekten hat sogar den Denkmalschützer überzeugt.“
„Ich wette, es ist der teuerste Architekt von ganz Deutschland.“
„Das ist allein Viviennes Sache.“
„Wieviel hast du von ihrem Vermögen schon gesehen?“
Hedi gab wieder Teig in das
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