Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
ihn erreichen kann?« Er zog einen kleinen Notizblock und einen Kugelschreiber aus der Innentasche seines Jacketts und notierte zwei Telefonnummern. »Und, Carter, kannst du Frank persönlich fragen, ob er bereit ist, mit ihr zu sprechen? Wenn sie ihn direkt anruft, na ja, du weißt schon … Danke!« »Frank ist in Großbritannien«, erklärte er Ava. »Das ist seine Hongkonger Handynummer, unter der er gewöhnlich erreichbar sei. Das andere ist die Nummer seines Hotels. Carter sorgt dafür, dass jemand Frank bittet, mit dir zusammenzuarbeiten. Deshalb solltest du noch einen Moment warten.« Er sah auf die Uhr. »In Großbritannien ist es etwa sechs Uhr morgens. Gib ihnen ein paar Stunden.«
Er begleitete sie nach draußen zum Taxistand. Als sie sich umarmten, war sie von seiner Herzlichkeit überrascht. »Wie schön, dass du angerufen hast«, sagte er. »Weißt du, ich hab dich lieb und bin sehr stolz auf dich. Gib auf dich acht, ja?«
»Danke für deine Hilfe. Ich hab dich auch lieb.«
»Es wäre schön, wenn du im Mai mit von der Partie bist.«
»Ich versuchs.«
8
Z urück im Mandarin rief Ava Onkel an und erzählte ihm alle Neuigkeiten. »Ich reise noch heute Abend nach Bangkok ab«, sagte sie. »Um sechs mit Thai Air. Ich folge deinem Rat und treffe mich nicht mit Andrew Tam.«
»Das ist wohl das Beste. Ich hole dich um halb vier am Hotel ab.«
»Perfekt. Bis später.«
Sie schaute auf die Uhr. Keine Zeit, sich umzuziehen und joggen zu gehen. Im Internet suchte sie nach Informationen über Frank Seto. In neunzig Prozent der Verweise ging es um seine Beziehung zum Chan-Clan, bei den übrigen um die Geschäfte von Admiralty Property. Außerhalb des Chan-Clans schien Frank Seto nicht zu existieren. Es gab diverse Fotos von seiner Hochzeit. Er war ebenso dürr wie Jackson, die Braut war doppelt so breit. Einige Männer lieben fette Frauen, aber alle Männer lieben Geld , dachte Ava, und fragte sich, ob Frank Seto die perfekte Kombination gefunden hatte.
Der Mercedes stand pünktlich vor dem Hoteleingang. Sonny hielt ihr die Tür auf, und Ava nahm neben Onkel auf dem Rücksitz Platz. Er hatte einen Aktenordner auf dem Schoß. Als sie den Highway erreichten, übergab er ihn Ava.
»Das ist heute Nachmittag gekommen. Unsere Freunde haben ganze Arbeit geleistet. Es dürfte leicht sein, mit Antonelli in Kontakt zu kommen. Er ist ein Gewohnheitstier, wohnt im Water Hotel. Ich weiß, dir ist das Mandarin lieber, aber es ist zu weit weg vom Water Hotel. Unsere Freunde haben das Grand Hyatt Erawan vorgeschlagen. Von da aus kannst du zum Water Hotel laufen.«
Sie kannte das Hyatt beziehungsweise das Spasso, den hoteleigenen Nachtclub – einer der exklusivsten Abschleppläden in Bangkok.
Ava schlug den Ordner auf. Vorn war ein Foto von Antonelli eingeheftet. Er war klein, fett, hatte eine Glatze und ein schwarzes Muttermal auf der rechten Wange. »Nicht gerade eine Schönheit, hm?«, sagte sie.
Auf dem Foto stand er neben einem bildhübschen thailändischen Mädchen. »Das ist Thailand. Da ist gutes Aussehen Nebensache«, erwiderte Onkel.
Sie überflog die Akte. »Amerikaner, geboren und aufgewachsen in Atlanta und anscheinend immer noch verheiratet. Drei Söhne im Teenageralter. Die Familie wohnt in Georgia. Er überweist ihnen monatlich Unterhalt und besucht sie drei, vier Mal im Jahr.«
»Er und Seto sind schon fast zehn Jahre Geschäftspartner«, bemerkte Onkel.
»Und nicht zum ersten Mal in Schwierigkeiten.«
»Anscheinend wiederholt sich das alle zwei Jahre.«
»Sie kommen damit durch.«
»Schon, aber die Leute, die sie bisher übers Ohr gehauen haben, stammen hauptsächlich aus Indien und Indonesien. Ein paar haben ihr Geld zurückzuholen versucht, aber auf dem Rechtsweg ist das fast unmöglich, weil so viele Gerichtsbarkeiten involviert sind.«
»Um wie viel Geld geht es?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie haben klein angefangen und sich hochgearbeitet. Andrew Tam ist der bisher größte Coup.«
Ava klappte den Ordner zu. Den Rest würde sie im Flugzeug lesen.
»Du wirst am Flughafen abgeholt.«
»Ich nehme lieber ein Taxi«, sagte sie.
Onkel wusste, dass sie es bevorzugte, allein zu arbeiten, es sei denn, sie brauchte spezielle Hilfe. »Die Vorkehrungen sind getroffen«, antwortete er.
»Mach sie bitte rückgängig. Ich muss mir noch überlegen, wie ich vorgehe, und will mir keine Gedanken darüber machen müssen, ob jemand auf mich wartet. Gib mir einfach den Namen und die
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