Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
man Raubkopien von DVD s und Computer-Software kaufen kann?«
»Das ist das Pantip Plaza, etwas weiter die Straße runter.«
»Okay, da kenne ich mich aus. Wie sieht Antonellis tägliche Routine aus?«
»Unseren Quellen zufolge setzt er sich an Wochentagen morgens gegen halb acht in die Lobby, trinkt Kaffee und isst Brötchen oder Toast. Dann arbeitet er an seinem Laptop, manchmal hat er eine Besprechung. Gegen halb neun fährt sein Chauffeur den Wagen vor und bringt ihn nach Mahachai – das liegt knapp sechzig Kilometer von hier im Nordwesten von Bangkok. Dort arbeitet er bis drei oder vier in seinem Büro in einer Meeresfrüchte-Verarbeitungsanlage, anschließend lässt er sich zurück nach Bangkok fahren, um der Rush Hour zu entgehen. Gegen fünf ist er zurück im Hotel, genau zur Happy Hour in der Barry Bean’s Bar, die eine Etage unter der Lobby liegt. Dort trinkt er etwa sieben Margaritas und isst danach oben im italienischen Restaurant zu Abend.«
»Ich kann mich also darauf verlassen, ihn in der Lobby anzutreffen?«
»Soweit wir informiert sind, ist er jeden Morgen dort.«
»Sie haben ihn ein Schwein genannt. Warum?«
»Haben Sie die Akte noch nicht gelesen?«
»Nein.«
Er warf ihr einen Seitenblick zu, als versuche er einzuschätzen, wie viel er ihr zumuten konnte. »Ein kleiner, fetter, hässlicher Amerikaner kommt nach Thailand und entdeckt, dass er sich mit genug Geld in den Taschen wie George Clooney aufführen kann – ein perverser George Clooney. Mit Barmädchen hat es angefangen, und manche Nächte nahmen ein hässliches Ende, denn nach dem Sex hat er sie zusammengeschlagen. Zwei Anzeigen gegen ihn sind wieder zurückgezogen worden, nachdem die Mama-Sans genug Geld kassiert hatten. Später verlegte sich der Dickwanst eine Weile auf Jungs, und es wurde noch schlimmer. Einer wäre fast draufgegangen, so übel hat er ihn zugerichtet. Muss ihn eine hübsche Stange Geld gekostet haben, dass die Anzeige fallengelassen wurde.«
Das Grand Hyatt kam in Sicht. Arthon schaltete den Blinker ein. »Lesen Sie den Bericht – da steht alles drin«, sagte er.
Eine Rampe führte zum Eingang des Hyatt. Arthon musste sich in eine Warteschlange einreihen. Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng. Sämtliche Wagen wurden durchsucht und die Unterseiten mithilfe von Spiegeln an langen Stangen überprüft.
»Wir hatten letzte Woche ein paar Terrordrohungen«, erklärte er. »Meist passiert so was nur im Süden, aber es gab Gerüchte, die Terroristen hätten Bangkok im Visier. Fünfsternehotels sind beliebte Angriffsziele.«
Als sie sich der Sicherheitskontrolle näherten, kurbelte Arthon die Scheibe herunter und rief einem Mann im schwarzen Anzug etwas auf Thai zu. Man winkte sie durch. Er parkte vor dem Hotel und machte Anstalten auszusteigen.
»Nein, danke, nicht nötig«, sagte Ava. »Ich checke nur noch ein und gehe ins Bett.«
Er zuckte die Achseln. »Und morgen?«
»Lassen Sie uns das spontan regeln. Ich muss erst herausfinden, wie ich mit Antonelli umgehen muss. Für den Anfang gehe ich wahrscheinlich morgen früh zum Water Hotel. Wie wärs, wenn ich Sie einfach anrufe, falls ich Sie brauche?«
»Ich wohne mehr als eine Stunde entfernt von hier«, sagte er.
»Ich werde es berücksichtigen.«
Er reichte ihr seine Visitenkarte. »Meine Büronummer finden Sie auf der Vorderseite, meine Handynummer auf der Rückseite. Am besten erreicht man mich auf dem Handy.«
Ava warf einen flüchtigen Blick auf die Karte. Er war Lieutenant. Sie war beeindruckt.
10
A vas Zimmer war im üblichen asiatischen Fünfsterne-Schick eingerichtet: Teakholzböden, schwarze chinesische Lack-Konsole und Toilettentisch, stilvoll-moderne beigefarbene Ledersessel mit riesigen Fußhockern, ein Schreibtisch mit lederbezogenem Kapitänsstuhl und ein breites Doppelbett mit strahlend weißen Federbetten, in denen man versinken konnte. Das Badezimmer bestand fast völlig aus Spiegeln, Glas und Marmor, die begehbare Dusche schien groß genug für sechs Personen. Einzig die stille Erhabenheit des Mandarin Hotels fehlte.
Sie duschte und schlüpfte in T-Shirt und Höschen unter die Bettdecke und rief Frank Seto an. In London war es später Nachmittag.
»Seto«, meldete er sich nach dem zweiten Klingeln.
»Ava Lee.«
»Ich habe Ihren Anruf schon erwartet.«
»Danke, dass Sie sich zu einem Gespräch bereit erklären.«
»Mein Schwiegervater und Ihr Vater sind seit vielen Jahren befreundet.«
»Ich weiß. Ich rufe wegen Ihres
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